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Ich war Jack Falcone

Ich war Jack Falcone

Titel: Ich war Jack Falcone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joaquinn Garcia
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ich will?«, schrie der Alte, als hätte man ihm eben die dümmste Frage aller Zeiten gestellt. »Ich will, dass du anfängst, Bericht zu erstatten, so wie es deine Pflicht ist!«
    Jetzt wurde das Gespräch noch lebhafter. Es spielte sich nicht in einer dunklen Gasse ab. Wir standen am Nationalfeiertag um 18.15 Uhr in der Haushaltswarenabteilung von Bloomingdale’s in White Plains. Überall ­waren Leute, die einkauften, herumliefen, was auch immer. Ich tappte im Dunkeln – ich wusste, dass dieser Kerl sich respektlos benahm; aber ich ahnte immer noch nicht, wo das alles hinführen würde.
    »Ich möchte dir jemanden vorstellen«, sagte DePalma und drehte sich zu Vaccaro um, dem neuen stellvertretenden Capo unserer Gruppe. Er war der »Straßencapo«, der die Interessen seines Chefs in der Öffentlichkeit wahrnahm, damit dieser sich nicht der Gefahr aussetzen musste, von der Polizei erkannt zu werden. Viele Bosse der Familie waren nur gegen Kaution auf freiem Fuß und konnten jederzeit in den Knast wandern, wenn man sie in Gesellschaft eines bekannten Kriminellen sah.
    »Ich will niemanden treffen«, protestierte Petey. Aber der Alte kümmerte sich nicht darum. Ich lauschte aufmerksam, denn mir war klar, dass die Lage sich jeden Moment zuspitzen konnte.
    »Du wirst ihn treffen«, beharrte DePalma. »Das ist Robert. Er ist ein Freund von uns. « Der Ausdruck »ein Freund von uns« wird verwendet, wenn man einen Mafioso einem anderen vorstellt.
    »Er ist mit dem Boss befreundet«, fügte Greg hinzu, um Roberts Rang im Gambino-Clan hervorzuheben.
    »Es ist mir scheißegal, wer er ist oder was er macht oder wen er kennt«, erwiderte Petey. »Ich tanze nicht bei dir an. Das ist Schwachsinn.«
    Robert schäumte vor Wut.
    Ich schaute argwöhnisch zu und rückte näher, um alles zu hören, was sie sagten.
    »He, du Angeber«, mischte der verärgerte Robert sich ein. »Mach mal halblang!«
    »Ach, leckt mich doch!«
    Ich war überrascht. Niemand sprach so mit einem Capo wie Petey.
    Robert drehte durch. Er griff in die nächste Auslage, packte einen schweren gläsernen Kosta-Boda-Kerzenhalter, etwa 30 Zentimeter lang 1 , und haute ihn Petey auf den Schädel. Ich hörte ein Knacken wie von einer berstenden Melone. Einige Zuschauer keuchten. Petey Chops fiel bewusstlos zu Boden. Blut strömte aus seiner Kopfwunde.
    Plötzlich änderten sich meine Gefühle. Aus »Der Kerl ist ein Arsch und braucht eine Abreibung« wurde »Verdammter Mist, ich bin Polizist und habe eben gesehen, wie jemand niedergeschlagen wurde. Ich muss verhindern, dass man ihn umbringt«.
    Hätte Robert ihn nur am Kragen gepackt und angeschrien, okay. Aber dies war Körperverletzung, offenbar mit Tötungsvorsatz. Von mir aus durfte man ihn anschnauzen, aber nicht totschlagen. Allein dieser Schlag hätte ihn umbringen können.
    Robert wollte noch einmal zuschlagen, während Petey auf dem Boden lag. Also riss ich ihm den Kerzenhalter aus der Hand und warf ihn weg.
    »Steh auf, du Scheißkerl!«, schrie Robert. »Steh auf, du Angeber! Was ist los? Hast du keinen Mumm mehr? Komm schon! Sag was, du Drecksack!«
    Greg mischte sich ein. »Ja, du Wichser!«, schrie er.
    Das war Wahnsinn. Ich musste die beiden von Petey Chops abbringen, sonst würden sie ihn hier in der Haushaltswarenabteilung von Blooming­dale’s ermorden.
    »Hört auf!«, schrie ich Robert und Greg an. »Wir müssen raus hier, sonst sind wir geliefert!«
    Aber sie rührten sich nicht. Mafiosi fürchten sich nicht vor einer Festnahme. Stattdessen redete Robert wieder auf den halb bewusstlosen Petey Chops ein.
    »Jetzt hat der Schneid dich verlassen, was?«, höhnte er. »Sag was, harter Bursche. Komm schon!«
    »Warum hast du das getan?«, fragte Petey Chops, der langsam zu sich kam. Er war total benebelt und blutete immer noch stark aus dem Kopf.
    »Du wirst ausgestoßen!«, knurrte Greg ihn an.
    Das hieß, der Gambino-Clan würde ihm jeglichen Schutz bei seinen kriminellen Aktivitäten entziehen. Ein anderer Gambino würde sein Geschäft übernehmen. Die Strafe war nicht unbedingt von Dauer; aber eine Be­gnadigung hing davon ab, ob Petey aktive Reue demonstrierte. Abgesehen von einem Todesurteil ist dies eine der schlimmsten Strafen für einen ­Mafioso.
    Plötzlich erkannte ich, dass Robert und Greg überrascht und enttäuscht sein würden, weil ich mich an der Prügelei nicht beteiligt hatte. Aber DePalma sah auch besorgt aus. Petey war initiiert, und Robert hatte kein Recht, ihn

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