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Ich weiss, dass du luegst

Ich weiss, dass du luegst

Titel: Ich weiss, dass du luegst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Ekman
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Wahrscheinlichkeit, dass sie es tatsächlich schaffen.| a
    Eine andere Parallele zum Winslow Boy ist der Versuch des Lügendetektorbedieners, ein Geständnis herbeizuführen. So wie der Vater behauptet, besondere Fähigkeiten zum Aufspüren von Lügen zu haben, um seinen Sohn, falls er denn schuldig ist, zu einem entsprechenden Geständnis zu bewegen, so bemühen sich auch manche Lügendetektorbediener, ihren Verdächtigen dadurch ein Geständnis abzutrotzen, dass sie ihnen einreden, sie könnten die Maschine nicht besiegen. Wenn ein Verdächtiger kein Geständnis ablegt, schüchtern ihn manche Beamte ein, indem sie behaupten, die Maschine habe gezeigt, dass er nicht die Wahrheit sage. Dadurch, dass sie seine Furcht vor Entlarvung schüren, hoffen sie, den Schuldigen zum Geständnis zu bewegen. Der Unschuldige muss zwar die falschen Anklagen über sich ergehen lassen, wird aber vermutlich rehabilitiert werden. Unglücklicherweise legt unter diesem Druck der eine oder andere Unschuldige ein Geständnis ab, um sich zu erlösen.
    Bedienern des Lügendetektors steht normalerweise nicht die Option zur Verfügung, die Eltern haben, um ein Geständnis herbeizuführen: Straffreiheit anbieten, wenn das Kind das Vergehen zugibt. Kriminalbeamte können bei ihren Verhören den Effekt annähernd erreichen, indem sie einfließen lassen, dass die Strafe weniger schwer ausfalle, wenn der Verdächtige ein Geständnis ablegt. Obwohl Vernehmer normalerweise keine völlige Straffreiheit anbieten können, bringen sie unter Umständen eine psychologische Amnestie ins Spiel. Sie hoffen, ein Geständnis zu bekommen, wenn sie dem Verdächtigen das Gefühl geben, er müsse sich für sein Vergehen nicht schämen oder er sei dafür gar nicht verantwortlich. Vielleicht erklärt der Vernehmer verständnisvoll, er könne es verstehen und hätte vielleicht genauso gehandelt, wenn er in derselben Situation gewesen wäre. Eine andere Variante besteht darin, dem Verdächtigen eine Erklärung für das Motiv seines Verbrechens anzubieten, bei der er sein Gesicht wahren kann. Das folgende Beispiel ist ein Bandmitschnitt eines Verhörs. Der Ermittlungsbeamte spricht den Mordverdächtigen an, der, nebenbei bemerkt, unschuldig war:
    «Es gibt Zeiten, wo die Menschen aufgrund äußerer Umstände und Krankheit oder aus vielen anderen Gründen nicht dem Pfad der Tugend folgen. Manchmal können wir einfach nicht anders. Manchmal tun wir etwas in einem Augenblick der Leidenschaft oder Wut oder vielleicht, weil irgendetwas hier oben in unseren Köpfen schiefläuft. Normale Menschen wollen die Dinge in Ordnung bringen, wenn sie wissen, dass sie etwas Unrechtes getan haben.»| 5
    Bis jetzt haben wir überlegt, wie der Ruf eines Lügenermittlers die Furcht des Lügners vor Entlarvung und die Angst des Unschuldigen, auf Unglauben zu stoßen, beeinflussen kann. Ein weiterer Faktor, der die Furcht vor Entdeckung beeinflusst, ist die Persönlichkeit des Lügners. Manchen Menschen fällt das Lügen ziemlich schwer, während es anderen mit alarmierender Leichtigkeit gelingt. Über Leute, die mühelos lügen, ist mehr bekannt als über die, die es problematisch finden. Bei meinen Forschungen über die Verheimlichung negativer Emotionen habe ich ein wenig über diese Menschen herausgefunden.
    1970 führte ich eine Reihe von Experimenten durch, um die Täuschungshinweise zu verifizieren, die ich entdeckt hatte, als ich den Film über die Psychiatriepatientin Mary analysierte. Deren Lüge habe ich im ersten Kapitel beschrieben. Sie erinnern sich, dass Mary ihre Qual und Verzweiflung verheimlichte, sodass ihr der Arzt eine Ausgangserlaubnis ausstellte, worauf sie dann, frei von Beaufsichtigung, Selbstmord hätte begehen können. Ich musste ähnliche Lügen anderer Menschen untersuchen, um herauszufinden, ob auch sie die in Marys Film beobachteten Täuschungshinweise zeigten. Ich hatte wenig Hoffnung, genügend klinische Beispiele zu finden. Obwohl man häufig vermutet, dass ein Patient gelogen hat, kann man selten wirklich sicher sein, es sei denn, der Patient gibt es zu, wie es bei Mary der Fall gewesen ist. So blieb mir nur übrig, eine experimentelle Situation zu schaffen, die Marys Lüge nachgebildet war und in der ich die Fehler untersuchen konnte, die Menschen machen, wenn sie lügen.
    Damit es wie bei Marys Lüge war, mussten die Versuchspersonen sehr starke negative Emotionen empfinden und gleichzeitig äußerst motiviert sein, diese zu verbergen. Ich zeigte ihnen

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