Ich will doch nur küssen
nach Serendipity?«, erkundigte er sich stattdessen bei Kelly.
Sie antwortete nicht gleich, sondern rutschte etwas auf dem Sofa hin und her.
»Das ist einfach erklärt«, kam Ethan ihr zu Hilfe. »Ich wollte nicht, dass Tess wieder nach New York zurückgeht, und Kelly hielt es für eine vernünftige Idee, hierher zu ziehen.«
»Genau«, pflichtete Kelly ihm bei, doch ihre Miene wirkte plötzlich verschlossen.
Sie war offenbar nicht gewillt, mit der Wahrheit herauszurücken.
Ob Ethan Näheres wusste, würde sich noch zeigen, aber Nash war überzeugt, dass Kellys Umzug nach Serendipity nicht nur mit Tess zu tun hatte.
Doch warum zerbrach er sich darüber überhaupt den Kopf? Warum, fragte er sich, brachte sie ihn schon durch ihre reine Anwesenheit so aus dem Konzept?
Kellys Mutter hatte eine Affäre mit Nashs Vater gehabt, der geschäftlich dauernd unterwegs gewesen war. Schon deshalb erschien ihm sein Interesse an Kelly unpassend. Außerdem war sie Tess’ Halbschwester, was an sich kein Problem darstellte, aber es kam ihm einfach falsch vor, dass er sich sexuell zu ihr hingezogen fühlte. Trotzdem konnte er nicht leugnen, dass sie ihn magisch anzog.
Da sich Kellys Mutter auf eine Beziehung mit Nashs Vater eingelassen hatte, der aus der Arbeiterklasse stammte, ging Nash davon aus, dass Kelly ebenfalls aus dem Arbeitermilieu kam. Somit hatten sie beide in etwa denselben sozialen Hintergrund – zumindest, was sein Leben bis zum Tod seiner Eltern anging. Danach hatte er in einem Haus gewohnt, das eher der Villa ähnelte, in der Ethan jetzt lebte. Nash hatte sich im Haus seiner Adoptiveltern nie so richtig wohlgefühlt, aber er hatte sich stets bemüht, ihre Erwartungen zu erfüllen. Dieses Ziel hatte er erreicht, indem er eine Ausbildung zum Rechtsanwalt absolviert hatte, aber er zweifelte häufig daran, dass er wirklich dafür geschaffen war, stets in Anzug und Krawatte herumzulaufen.
Kelly hingegen wirkte entspannt und mit sich und der Welt im Einklang – einmal abgesehen von ihrer Verwirrung ob des unerklärlichen Knisterns zwischen ihnen. Nash wünschte, er könnte etwas mehr er selbst sein, wer auch immer das war. Das wusste er schon lange nicht mehr. Und das war nur einer von vielen Gründen, warum er sich so zu Kelly Moss hingezogen fühlte.
»Nash! Träumst du?«, fragte Tess, die sich vor ihm aufgebaut hatte. »Ethan und Faith werden nächsten Monat heiraten!«
Er war so in seine Gedanken vertieft gewesen, dass er die Ankündigung gar nicht gehört hatte. »Herzlichen Glückwunsch.«
»Danke«, sagten die beiden.
»Wir hoffen, dass ihr alle zur Hochzeit kommen werdet.« Ethan legte seiner Verlobten einen Arm um die Schultern und sah etwas skeptisch zu Nash.
Dieser rutschte im Sessel hin und her, gab aber keine Antwort. Er musste diese Neuigkeit erst einmal verdauen.
»Und dann fahren sie in die Flitterwochen«, verkündete Tess aufgeregt. Sie freute sich sichtlich auf das bevorstehende Ereignis. »Und Kelly wird auf mich aufpassen, solange sie weg sind«, fügte sie glücklich hinzu.
»Ich hätte das auch gern übernommen, Kleines, aber bei meinen unregelmäßigen Schichten ist das schier unmöglich«, meinte Dare.
Kelly schüttelte den Kopf. »Ich hätte es ohnehin nicht zugelassen, nachdem Tess und ich so lange getrennt waren.«
Tess lachte. »Och, du hast mich vermisst!«, stellte sie erfreut fest.
Kellys Augen bekamen einen warmen Glanz.
Nash wiederum wurde ganz heiß, wenn er Kelly ansah.
»Kelly wird solange hier wohnen, damit Tess nicht aus ihrem gewohnten Alltag gerissen wird. Das ist für alle die komfortabelste Lösung.«
Komfortabel , dachte Nash. Das perfekte Wort, um die Stimmung zwischen ihnen zu beschreiben. Nur er fühlte sich unwohl in seiner Haut.
Sie hatten das alles ganz ohne ihn eingefädelt. Das einzig Gute daran war, dass er die Gelegenheit hatte, Tess näherzukommen, während Ethan und Faith weg waren. Allerdings bedeutete das, dass er unweigerlich auch des Öfteren mit Kelly zu tun haben würde. Und dieser Umstand barg so einige Risiken, denn sie weckte Gefühle in ihm, die noch keine Frau vor ihr geweckt hatte.
Während Ethan seine Flitterwochen genoss, würde sich Nashs Leben in Serendipity zweifellos genauso unvergesslich gestalten – dank einer Frau namens Kelly Moss.
Weitere Kostenlose Bücher