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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Christopher
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sie bei mir angekommen war. Es war ein kleiner Ventilator, der am Strom hing und dessen Metallblätter schwirrten. Das Kabel lief straff gespannt über meine Arme. Im Zweifelsfall würde ich auch den werfen.
    »Was ist los?« Ihre Augen blickten direkt in meine.
    Ich schüttelte den Kopf. Tränen liefen mir übers Gesicht. »Antworte mir«, flüsterte ich. »Habt ihr vorgehabt, nächstes Jahr wegzuziehen, ohne mich? Hast du jemals mit Dad über so was geredet?«
    »Was?« Mums Augenbrauen schossen in die Höhe. »Nein, was für ein Blödsinn! Wer hat dir das erzählt?«
    Sie machte einen Schritt auf mich zu, aber ich hielt den Ventilator zwischen uns und war bereit, ihn in ihr Gesicht zu schleudern. Der Stecker rüttelte an der Steckdose. Mum sah in meinen Augen, dass es wohl besser war, jetzt nicht näher auf mich zuzukommen. Ich zitterte am ganzen Körper und war dabei, komplett auszurasten.
    »Ich hasse das, ich hasse alles«, brüllte ich mit brechender Stimme. »Ich hasse sogar ihn, sogar ihn.« Ein tiefer Schluchzer stieg in meiner Brust hoch.
    Und es stimmte. In diesem Moment hasste ich dich wirklich. Ich hasste dich für alles: dafür, dass ich mich wegen dir überall komplett hilflos fühlte und die Kontrolle verlor. Ich hasste dich für die ganzen Gefühle in mir, für meine Verwirrung … und dafür, dass ich plötzlich alles anzweifelte. Ich hasste dich dafür, dass du mein Leben erst komplett auf den Kopf gestellt und dann in tausend Scherben zerbrochen hattest. Ich hasste dich dafür, dass ich jetzt mit einem surrenden Ventilator in der Hand dastand und meine Mutter anbrüllte.
    Aber ich hasste dich auch wegen etwas anderem. In diesem Augenblick und in jeder Sekunde, seit du mich verlassen hattest, konnte ich nur noch an dich denken. Ich wollte, dass du hier in diesem Apartment wärst. Ich wollte deine Arme um mich spüren, dein Gesicht nah an meinem. Ich wollte dich riechen. Und ich wusste genau, dass ich das nicht haben konnte – nicht haben sollte . Das hasste ich am meisten. Das Ungewisse an dir. Du hattest mich entführt, mein Leben in Gefahr gebracht … aber ich liebte dich auch. Oder glaubte zumindest, dich zu lieben. Das ergab alles überhaupt keinen Sinn.
    Ein Knurren stieg aus meiner Kehle vor lauter Frust über mich selbst. Vorsichtig machte Mum einen Schritt auf mich zu.
    »Es ist okay, wenn du verwirrt bist«, flüsterte sie. »Die Leute, die … an denen uns was liegt … das sind eben nicht immer die, an denen uns etwas liegen sollte …« Sie runzelte unsicher die Stirn und fragte sich wohl, ob sie richtiglag.
    Da drang ein Geräusch durch meine Zähne, das von tief unten in meiner Brust kam.
    »Erzähl mir nichts«, fauchte ich. »Kein Wort mehr!«
    Mit einem Ruck riss ich den Ventilator aus der Steckdose und reckte ihn hoch, um sie abzuwehren. Als ich ihn wild herumfuchtelnd in ihre Richtung hielt, sprang sie weg und stolperte dabei über den Couchtisch.
    »Aber Gemma!«, flüsterte sie. »Ich liebe dich doch.«
    Und da schmetterte ich den Ventilator in die gleiche Richtung wie die Lampe. Seine Blätter schwirrten noch immer leise, als er gegen die Wand knallte.
     
     
    Wir sind in Perth geblieben. Obwohl ich die halbe Einrichtung zertrümmert habe, durften wir weiter dort wohnen. Die Leute von dem Apartmenthaus haben sich von Dads Geld überzeugen lassen. Es dauert noch über einen Monat bis zum Prozess, obwohl das Gericht bereit ist, deinen Fall vorzuziehen.
    Meine Gefühle springen hin und her. An manchen Tagen tut es gut zu wissen, dass du hier bist, in der gleichen Stadt, ganz in meiner Nähe. An anderen Tagen macht mir der gleiche Gedanke Angst. So oder so, ich denke jeden Abend an dich und stelle mir vor, wie du in deiner Zelle sitzt. Mein Magen rebelliert immer noch, wenn Mum das Fenster aufmacht und der Eukalyptusgeruch von draußen ins Zimmer zieht.
    Das Apartment fühlt sich ein bisschen wie ein Gefängnis an – das viele Grau und die Sauberkeit; und nicht rauszukönnen, ohne dass irgendwer Fotos von mir macht. Durch die Fenster starre ich hinaus in die Stadt … sehe den Beton und die Häuser, die Autos und Anzüge. An manchen Tagen stelle ich mir das Land vor, das unter alldem liegt, rot und ruhig; das Land, das du liebst. Ich male mir aus, wie es eines Tages wieder lebendig wird. Dann driften meine Gedanken weg in die Wüste; in diese weite, offene Gegend voller Farben und Muster.
    Der Typ von der Polizei, der für den Fall zuständig ist, war schon zweimal

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