Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties
durch dieses Fenster«, sagte Subletts Mutter gerade, »und fällt auf einen dieser Zäune, weißt du? Die mit den Spitzen oben drauf.«
»He, Mom«, sagte Sublett, »hör auf, Chevette vollzuquatschen. «
»Ich erzähl ihr doch nur von der Röhre «, verteidigte sich Mrs Sublett unter ihrem Waschlappen heraus.
»1996«, sagte Sublett. »Also, Rydell und ich brauchen sie mal eben.« Sublett winkte ihr, ihm in die Küche zu folgen.
»Ich glaub nicht, dass es eine sonderlich gute Idee ist, wenn sie rausgeht, Berry«, sagte er zu Rydell. »Jedenfalls nicht tagsüber.«
Rydell saß an dem kleinen Plastiktisch, an dem sie gefrühstückt hatten. »Tja, du kannst nicht raus, Sublett, wegen deiner Apostasie. Und ich will da nicht allein drin sitzen – nicht, wenn mein Kopf in einem von diesen Visaphon-Dingern steckt. Seine Eltern könnten reinkommen. Er könnte lauschen.«
»Kannst du sie nicht einfach mit ’nem normalen Telefon anrufen, Berry?« Sublett klang unglücklich.
»Nein«, antwortete Rydell, »kann ich nicht. Das mögen sie nun mal nicht. Er sagt, wenn ich sie über so ’n Visaphonteil anrufe, werden sie wenigstens mit mir sprechen.«
»Wo liegt das Problem?«, fragte Chevette.
»Sublett hat hier ’nen Freund, der ein Visaphon hat.«
»Ja, Buddy«, sagte Sublett. »Aber dieses VR, Visaphone und solches Zeug, das ist von der Kirche verboten. Reverend Fallon hat eine Offenbarung gehabt, dass die virtuelle Realität ein Medium Satans ist, weil man nicht mehr genug fernsieht, wenn man erst mal damit angefangen hat …«
»Das glaubst du doch selbst nicht«, sagte Rydell.
»Buddy auch nicht«, sagte Sublett, »aber sein Alter reißt ihm den Kopf ab, wenn er dieses VR-Zeug unter seinem Bett findet.«
»Ruf ihn einfach mal an«, bat Rydell, »und erzähl ihm, was ich dir gesagt hab. Zweihundert Dollar in bar, plus Zeit und Gebühren.«
»Man wird sie sehen «, sagte Sublett. Sein schüchterner silberner Blick huschte zu Chevette hinüber und sprang dann zurück zu Rydell.
»Was meinst du damit, mich ›sehen‹ ?«
»Na ja, es ist deine Frisur«, erklärte Sublett. »Die ist zu ausgefallen für die, das kann ich dir sagen.«
»Also, Buddy«, sagte Rydell zu dem Jungen, »ich geb dir diese beiden Hundert-Dollar-Scheine hier. Wann, sagst du, kommt dein Vater zurück?«
»Frühestens in zwei Stunden.« Buddys Stimme knisterte vor Nervosität. Er nahm das Geld entgegen, als ob es Bazillen haben könnte. »Er hilft, ’ne neue Bude für die Treibstoffzellen zu bauen, die sie mit dem Kranwagen der Kirche aus Phoenix herbringen.« Buddy schaute immer wieder Chevette an. Sie hatte einen Sonnenhut aus Stroh mit einer großen, weichen Krempe auf, der Subletts Mutter gehörte, und eine dieser wirklich seltsamen Sonnenbrillen alter Damen, mit einem zitronengelben Rahmen und Gläsern, die sich an der Seite nach oben bogen. Chevette versuchte ihn anzulächeln, aber es schien nichts zu nützen.
»Ihr seid Freunde von Joel, stimmt’s?« Buddy hatte eine Frisur, die knapp an einer Glatze vorbeischrammte, ein Ding im Mund, das seine Zähne kräftigen sollte, und einen Adamsapfel, der etwa ein Drittel so groß war wie sein Kopf. Sie beobachtete, wie er auf und ab hüpfte. »Aus L. A.?«
»Ganz recht«, sagte Rydell.
»D-da möcht ich auch mal hin«, sagte Buddy.
»Gut«, sagte Rydell. »Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, glaub mir. Jetzt wartest du draußen, wie ich’s dir gesagt habe, und sagst Chevette hier Bescheid, wenn jemand kommt.«
Buddy verließ sein winziges Schlafzimmer und machte die Tür hinter sich zu. Chevette hatte nicht den Eindruck, dass hier überhaupt ein Junge in Buddys Alter lebte. Zu ordentlich, und dann diese Poster von Jesus und Fallon. Er tat ihr leid. Es war eng und heiß, und sie vermisste die Klimaanlage von Subletts Mutter. Sie nahm den Hut ab.
»Okay.« Rydell nahm den Plastikhelm zur Hand. »Du setzt dich hier aufs Bett und ziehst den Stecker raus, wenn wir gestört werden.« Buddy hatte das Ding schon für sie angeschlossen. Rydell hockte sich auf den Boden und setzte
den Helm auf, so dass sie seine Augen nicht sehen konnte. Dann zog er einen dieser Handschuhe an, mit denen man wählte und Sachen da drin rumbewegte.
Sie sah zu, wie sein Zeigefinger in diesem Handschuh etwas auf eine nicht vorhandene Unterlage tippte. Dann hörte sie zu, wie er mit dem Computer der Telefongesellschaft sprach und Angaben über die Dauer des Gesprächs und die Gebühren verlangte,
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