Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties
eingeschlafen und erst aufgewacht, als Eddie in eine Garageneinfahrt und dann in etwas hineinfuhr, das andeutungsweise einem Riesenrad oder der Trommel eines altmodischen Revolvers mit Autos statt Kugeln in den Kammern ähnelte. Sie schaute aus den Fenstern, als es sie in weitem Bogen nach oben transportierte und oben stehen blieb, wo Eddie vorwärts in eine Parkgarage fuhr, die überall hätte sein können, nur dass die Wagen alle groß und schwarz waren, wenn auch keiner so groß war wie der Graceland.
»Komm mit rauf und mach dich frisch, Schätzchen«, sagte Maryalice. »Du siehst kaputt aus.«
»Ich muss an einen Port ran«, sagte Chia, »und meine Freundin suchen, bei der ich wohne …«
»Kein Problem«, gab Maryalice zurück, rutschte über das Velours und machte die Tür auf. Eddie stieg auf der Fahrerseite aus und nahm den Koffer mit dem Nissan-County-Aufkleber mit. Er sah noch immer nicht sehr fröhlich aus. Chia nahm ihre Tasche mit und folgte Maryalice. Sie stiegen alle in einen Fahrstuhl. Eddie drückte die flache Hand auf einen handförmigen Umriss an der Wand und sagte etwas auf Japanisch. Der Fahrstuhl erwiderte etwas, dann schloss sich die Tür, und sie fuhren nach oben. Schnell, ihrem Gefühl nach, aber es ging eine ganze Weile aufwärts.
Der Aufenthalt im Fahrstuhl schien Eddies Stimmung nicht zu verbessern. Er musste dicht neben Maryalice stehen, und Chia sah, dass ein kleiner Muskel an seinem Kiefergelenk zuckte, als er sie ansah. Maryalice erwiderte seinen Blick gelassen.
»Nun komm mal wieder runter«, sagte sie. »Ist doch alles klar.«
Der kleine Muskel wechselte in den Schnellgang. »So war das nicht abgemacht«, sagte er schließlich. »Wir hatten das anders besprochen.«
Maryalice zog eine Augenbraue hoch. »Früher hast du für kleine Neuerungen noch was übriggehabt.«
Eddie schaute von Maryalice zu Chia und dann rasch wieder zu Maryalice zurück. »Das nennst du eine Neuerung? «
»Und du hattest auch mal Sinn für Humor«, sagte Maryalice, als der Fahrstuhl hielt und die Tür aufglitt. Eddie funkelte sie zornig an, dann ging er hinaus. Chia und Maryalice folgten ihm. »Mach dir nichts draus«, sagte Maryalice. »So ist er manchmal.«
Chia wusste nicht genau, was sie erwartet hatte, aber das war es eindeutig nicht. Ein unordentlicher Raum voller Versandkartons mit einer Reihe Überwachungsmonitore. Die niedrige Decke bestand aus den Faserplatten, die an kleinen Metallschienen aufgehängt wurden; ungefähr die Hälfte fehlte, und aus den staubig wirkenden Schatten hingen Drähte und Kabel herab. Es gab ein paar kleine Schreibtischlampen; eine davon beleuchtete einen Stapel benutzter Behälter für Nudel-Fertiggerichte und einen schwarzen Kaffeebecher mit weißen Plastiklöffeln drin. Ein Japaner mit einer schwarzen Baseballkappe, deren hinterer Teil aus einem Plastiknetz bestand und die vorne den Schriftzug »Whiskey Clone« trug, saß auf einem Drehstuhl vor den Monitoren und schenkte sich aus einer großen Thermoskanne mit pinkfarbenen Blumen was Heißes ein.
»Yo, Calvin«, sagte Maryalice, oder zumindest hörte es sich so an.
»Hey«, sagte der Mann.
»Calvin ist aus Tacoma«, erklärte Maryalice, während Chia Eddie nachblickte, der — noch immer den Koffer in der Hand – schnurstracks den Raum durchquerte und durch eine Tür verschwand.
»Boss ist ja echt toll drauf«, sagte der Mann. Er klang nicht japanischer als Maryalice. Er trank einen Schluck aus seinem Thermosbecher.
»Ja«, sagte Maryalice, »er ist so froh, mich zu sehen, dass er sich gar nicht mehr einkriegt.«
»Das geht auch vorbei.« Noch ein Schluck. Er sah Chia unter dem Schirm der Netzkappe hervor an. Den Schrifttyp von »Whiskey Clone« benutzten sie in Einkaufszentren, wenn sie einem suggerieren wollten, ein Laden sei alteingesessen.
»Das ist Chia«, sagte Maryalice. »Hab ich auf SeaTac kennengelernt«, und Chia fiel auf, dass sie nicht »im Flugzeug« gesagt hatte. Was sie an diese Sache mit der DNA-Probe und den Haarteilen erinnerte.
»Freut mich zu hören, dass es den noch gibt«, sagte der Mann. »Es gibt also noch ’nen Weg aus diesem verrückten Drecksloch.«
»Na hör mal, Calvin«, sagte Maryalice, »du liebst doch Tokio.«
»Klar. Ich hatte mal ’ne Wohnung in Redmond, da war das Badezimmer so groß wie das ganze Apartment, das ich hier habe, und es war nicht mal ’n großes Badezimmer. Soll heißen, es hatte ’ne Dusche. Keine Badewanne oder so.«
Chia schaute auf die
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