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Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Titel: Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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tieferen Regionen der Daten verbracht hatte, die den Medienwelten zugrunde lagen, wirkte es nur hoffnungslos. Und dazu noch ermüdend, obwohl er vermutete, dass die Langeweile hier irgendwie nutzbar gemacht werden sollte – eine andere Form des Kampfes.
    Warum hätte jemand sonst all diese Schnipsel von Lo und Rez auswählen und zusammenschneiden sollen, dem
chinesischen Gitarristen und dem halbirischen Sänger, die in Dutzenden verschiedener Fernsehspots, die wahrscheinlich größtenteils zur Übersetzung gedacht waren, dummes Zeug redeten? Begrüßungen schienen ein Leitmotiv zu sein. »Wir freuen uns, hier in Wladiwostok zu sein. Wie wir hören, habt ihr hier ein großes neues Aquarium!« – »Wir beglückwünschen euch zu euren freien Wahlen und eurer erfolgreichen Kampagne zur Bekämpfung des Denguefiebers! « — »Wir haben London schon immer geliebt! « — »New York, ihr seid … pragmatisch !«
    Laney durchforstete die Reste seines Frühstücks und fand eine halbgegessene Scheibe kalten braunen Toasts unter einer Abdeckhaube aus Stahl. In der Kanne waren noch ein paar Zentimeter Kaffee. Er wollte nicht über Rydells Anruf nachdenken, auch nicht darüber, was dieser möglicherweise bedeutete. Er hatte geglaubt, mit Slitscan, mit den Anwälten fertig zu sein …
    »Singapur, ihr seid wunderbar!«, sagte Rez, und Lo fiel ein: »Hal-lo, Lion City!«
    Er nahm die Fernbedienung zur Hand und probierte hoffnungsvoll den Schnellvorlauf. Nein. Stummschaltung? Nein. Yamasaki sorgte dafür, dass dieses Zeug für ihn eingespeist wurde. Er erwog, den Stecker rauszuziehen, aber er befürchtete, dass sie es merken könnten.
    Das Tempo zog jetzt an; immer häufigere Schnitte, immer weniger Inhalt, ein betäubendes Durcheinander. Rez’ Grinsen wurde zunehmend finster, etwas mit einem eigenen Programm, das unverändert von einer Szene zur nächsten sprang.
    Plötzlich ging alles in ein Handkamera-Halbdunkel über. Glanzlichter auf Rokoko-Blattgold. Gläser klirrten. Das Bild wirkte eigenartig flach, wie er es von Slitscan her kannte: ein Produkt der winzigen Revers-Kameras, die sich als Fussel tarnten.
    Ein Restaurant? Ein Club? Jemand nahm der Kamera gegenüber Platz, hinter einer Phalanx grüner Flaschen. Die
Dunkelheit und die Bandbreite der winzigen Kamera machten das Gesicht unidentifizierbar. Dann beugte Rez sich vor; im neuen Schärfebereich war er deutlich zu erkennen. Er gestikulierte mit einem Glas Rotwein zur Kamera hin.
    »Wenn wir bloß einmal aufhören könnten, über die Musik zu reden, über die Industrie und die ganze Politik dabei, dann würde ich dir wahrscheinlich erzählen, dass es einfacher ist, sich die Aufmerksamkeit von x Millionen völlig Fremder zu wünschen und zu erkämpfen, als die Liebe und die Loyalität der Leute zu akzeptieren, die uns am nächsten sind.«
    Jemand – eine Frau – sagte etwas auf Französisch. Laney vermutete, dass sie diejenige war, die die Kamera trug.
    »Immer mit der Ruhe, Rozzer. Sie versteht nicht mal die Hälfte von dem, was du sagst.« Laney beugte sich vor. Das war Blackwells Stimme gewesen.
    »Ach nein?« Rez lehnte sich zurück und wurde wieder unscharf. »Sonst würde ich ihr nämlich, glaube ich, von der Einsamkeit erzählen, die man verspürt, wenn man missverstanden wird. Oder ist es die Einsamkeit der Angst davor, dass wir verstanden werden könnten?«
    Und das Bild gefror auf dem verschwommenen Gesicht des Sängers. Eine Datums – und Zeitangabe. Zwei Jahre vorher. Das Wort »missverstanden« erschien.
    Das Telefon klingelte.
    »Ja?«
    »Blackwell sagt, es gibt da ein Gelegenheitsfenster. Der Plan ist beschleunigt worden. Sie haben jetzt Zugang.« Es war Yamasaki.
    »Gut«, sagte Laney, »ich glaube nicht, dass ich mit diesem ersten Film sehr viel weiterkomme.«
    »Rez’ Streben nach neuer künstlerischer Bedeutung? Keine Sorge; wir spielen Ihnen den Film später noch einmal ein.«

    »Da bin ich aber erleichtert«, sagte Laney. »Ist der zweite genauso gut?«
    »Zweites Doku ist konventioneller strukturiert. Ausführliche Interviews, biografische Einzelheiten, BBC, drei Jahre alt.«
    »Na prima.«
    »Blackwell ist unterwegs zum Hotel. Auf Wiederhören.«

14 ORTSGRUPPE TOKIO
    Die Site, die Mitsukos Ortsgruppe für das Treffen angelegt hatte, erinnerte Chia an japanische Drucke, die sie auf einem Schulausflug ins Museum in Seattle gesehen hatte; ein bräunliches Licht schien durch Schichten uralten Lacks hereinzudringen. In der Ferne waren Hügel mit

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