1427 - Todesfallen
Der Fahrer schwelgte noch in Erinnerungen. Er war glücklich. Er hatte eine Menge Spaß gehabt.
Erst vor kurzer Zeit hatte er von den Wohnwagen gehört und von den Mädchen oder Frauen darin. Da sollte für jeden etwas dabei sein, auch für sein Alter, und der nächtliche Fahrer hatte tatsächlich etwas für sich gefunden.
Gutes Mittelalter war sie gewesen. Nicht zu dünn, sondern durchwachsen. Wirklich perfekt für ihn. Er hätte nicht geglaubt, dass es so etwas für ihn noch einmal geben würde.
Und das sollte erst der Anfang sein. Man hatte ihn animiert, doch wiederzukommen, und das hatte er auch versprochen. Nur mit dem Geld haperte es. Das musste er erst zusammenklauben, was nicht einfach war, wenn man so wenig verdiente wie er.
Die Nacht war dunkel. Aber sie war auch warm. Der Boden gab die Wärme ab, die er tagsüber gespeichert hatte. Isaak hörte das Summen des Dynamos, er sah den breiten Lichtfächer vor sich und auch die zahlreichen Insekten, die sich darin bewegten.
Das Rad quietschte. Es protestierte bei jedem schnellen Fahren. Die Gangschaltung hatte ihren Geist längst aufgegeben, und wenn der Weg etwas bergauf führte, musste Isaak härter in die Pedalen treten, um im Sattel bleiben zu können.
Er schwitzte. Sein eigener Körpergeruch mischte sich mit dem Duft aus dem Innern des Wohnwagens. Die Frau hatte ein schweres Parfüm benutzt, das Isaak zuerst nicht gefallen hatte. Später hatte er sich daran gewöhnt. Da war es ihm sogar gut gegangen. Er hätte auch die Nacht bei der anderen verbringen können, aber die hatte ihm erklärt, dass er verschwinden sollte.
Jetzt war er unterwegs nach Hause.
Und das Verhängnis ebenfalls!
Es lauerte in seiner Nähe. Es huschte durch die Dunkelheit. Seine Geräusche wurden von denen des Fahrrads übertönt, und so war Isaak völlig ahnungslos. Er wäre nie darauf gekommen, dass man ihn verfolgen würde. Isaak hatte keine Feinde, zumindest keine, die ihm ans Leben wollten.
Es passierte urplötzlich, und in der Dunkelheit war auch nichts zu sehen gewesen.
Woher der Angriff kam, fand Isaak nicht heraus. Ob von hinten oder von der Seite her, letztendlich spielte es für ihn keine Rolle. Er musste ihn hinnehmen und verspürte plötzlich einen so harten Schlag, dass er das Gefühl hatte, zwischen zwei Mauern geraten zu sein. An der rechten und an der linken Kopfseite war erwischt worden. Er fuhr weiter, ohne dass seine Hände den Lenker berührten.
Er hatte die Arme in die Höhe gerissen, saß noch im Sattel, doch dann wurde der Boden holprig.
Das Rad erhielt einen Schlag, und Isaak konnte sich nicht mehr halten. Er wurde aus dem Sattel geschleudert, hielt seine Augen aber noch weit offen und schlug dann hart auf.
Erst jetzt löste sich ein Schrei aus seinem Mund. Er hatte sich den Kopf gestoßen, den Rücken geprellt, und mit dem Knie war auch etwas. Doch von dem Angreifer sah er nichts.
Er war auf den Rücken gerollt und wusste, dass er so leicht nicht mehr hochkommen würde. Weit über sich sah er den dunklen Nachthimmel und einen bleichen Mond, der in einigen Tagen sein volles Rund erreichen würde.
Der Fleck verdunkelte sich.
Etwas flatterte heran.
Isaak spürte einen heftigen Windzug, der gegen ihn fegte und sich in eine andere Zustandsform verwandelte.
Etwas Festes traf ihn, senkte sich auf ihn nieder. Er hatte die Augen so weit wie möglich aufgerissen, weil er seinen Angreifer sehen wollte.
Der ließ ihm nicht die geringste Chance.
Isaak spürte etwas an seiner Kehle. Es war ein nie erlebter Druck.
Er wollte sich dagegen aufbäumen und hatte damit genau das Falsche getan.
Nicht mal eine Sekunde später rann etwas Warmes an seinem Hals entlang. Isaak brauchte nicht lange nachzudenken, was das bedeutete. Die warme Flüssigkeit war Blut, und es war sein Blut!
Diese Tatsache sorgte bei ihm für ein gewaltiges Entsetzen. Er erlebte noch den Anflug von Todesangst, dann war es vorbei.
Ein scharfer Schmerz, ein bösartiges Kreischen, etwas zerriss seinen Hals…
Aus!
Er bewegte sich nicht mehr. Starr blieb er auf dem Boden liegen, und nur der Mond war Zeuge.
Der aber schwieg…
***
»Stehen Sie jetzt auf der Abschussliste, John?«
Ich schaute meinen Chef Sir James eine Weile an, ohne ihm eine Antwort zu geben. Dann sagte ich nur: »Stand ich das nicht schon immer? Seit ich diesen Job mache?«
Sir James räusperte sich. »Machen wir uns nichts vor, John. Wir müssen einfach davon ausgehen, nach dem, was gestern passiert ist. Damit meine ich
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