Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties
irgendwie die DNA der Straße geprägt hatte, weshalb man dort zur Weihnachtszeit beispielsweise immer noch Nutten mit Elfenhüten antraf.
Aber vielleicht wusste man bei Lucky Dragon etwas, was die Leute nicht wussten, dachte er. Die Dinge konnten sich ändern. Sein Vater zum Beispiel hatte immer geschworen, der Times Square sei mal ein richtig gefährlicher Ort gewesen.
Rydell bahnte sich einen Weg durch die Menge, die in beiden Richtungen an der Global Interactive Video-Säule vorbeiströmte, und malte sich dabei aus, dass er den Blick heben und die Filiale auf dem Sunset sehen, dass Praisegod dort vor der Tür stehen und ihn sonnig anstrahlen würde.
Stattdessen fiel sein Blick auf einen jungen Skater in Seoul, der seine Eier in die Kamera schüttelte.
Als er den Laden betrat, wurde er sofort von einem wahren Schrank mit enorm breiter Stirn und hellen, beinahe unsichtbaren Augenbrauen gestoppt. »Ihren Beutel«, sagte der Wachmann, dessen pinkfarbene Lucky-Dragon-Hüfttasche genauso aussah wie jene, die Rydell in L. A. getragen hatte und die sich nun in dem Matchbeutel befand, den der Bursche haben wollte.
»Bitte«, sagte Rydell und übergab ihm den Beutel. Lucky-Dragon-Wachleute sollten immer »bitte« sagen. So stand es in Mr Parks Notebook, und überhaupt, wenn man jemanden um seinen Beutel bat, gab man zu, dass man dachte, er könnte was klauen, also konnte man dabei zumindest höflich sein.
Der Wachmann kniff die Augen zusammen. Er stellte den Beutel in ein nummeriertes Fach hinter seinem Standplatz und gab Rydell eine Marke mit Lucky-Dragon-Logo, die wie ein überdimensionaler Untersetzer aussah, mit der Nummer 5 hinten drauf. Rydell wusste, dass die Dinger so groß waren, weil man festgestellt hatte, dass sie dadurch nur in die wenigsten Taschen passten, so dass die Leute sie nicht einsteckten, vergaßen und damit weggingen. Senkte die Kosten. Bei Lucky Dragon war alles so ausgeklügelt. Schon irgendwie bewundernswert.
»Gern geschehen«, sagte Rydell. Er ging zum Automaten der Lucky Dragon International Bank im hinteren Teil des Ladens. Ihm war klar, dass dieser ihn beobachtete, als er auf ihn zutrat und seine Brieftasche aus der Gesäßtasche zog.
»Ich möchte mir einen Chip holen«, sagte er.
»Identifizieren Sie sich bitte.« Die Lucky-Dragon-Bankautomaten hatten alle dieselbe Stimme, eine seltsam gepresste, erstickte kleine Kastratenstimme, und er fragte sich, warum das so sein musste. Aber man konnte sicher sein, dass die Konstrukteure sich auch dabei was gedacht hatten: Wahrscheinlich hielt sie die Leute davon ab, lange herumzustehen und Unfug mit dem Apparat zu treiben.
Was man ohnehin besser nicht tat, weil die Scheißdinger einen dann mit Pfefferspray besprühten, wie Rydell wusste. Sie waren auch mit entsprechenden Warnungen gepflastert, obwohl er bezweifelte, dass die irgendwer las. Was in den Warnungen nicht stand und worüber Lucky Dragon sich ausschwieg, war, dass die Dinger einen und sich selbst mit Wasser einnebelten und dann unter Strom setzten, wenn man ihnen ernsthaft zu Leibe rückte, zum Beispiel, indem man eine Brechstange in den Geldschlitz rammte.
»Berry Rydell.« Er nahm seinen Führerschein aus Tennessee aus der Brieftasche und steckte ihn mit der richtigen Seite voran in die Lesevorrichtung des Automaten.
»Handflächenkontakt.«
Rydell drückte seine Hand in den Umriss einer Hand. Es war ein ekelhaftes Gefühl. Hohes Filzlauspotenzial bei diesen Handflächenscannern. Handfett.
Er wischte sich die Handfläche an der Hose ab.
»Bitte geben Sie Ihren persönlichen Identifizierungscode ein.«
Rydell gehorchte und arbeitete seine Eselsbrücke bis zu den beiden 7-Up-Dosen durch.
»Kreditanforderung wird bearbeitet«, sagte das Ding. Es klang, als würde ihm jemand die Eier quetschen.
Rydell schaute sich um und sah, dass er so ziemlich der einzige Kunde war, abgesehen von einer Frau mit grauen Haaren und Lederhose, die in einer Sprache, die für Rydell wie Deutsch klang, auf die Kassiererin einquasselte.
»Transaktion beendet«, sagte der Bankautomat. Rydell drehte sich um und sah, wie ein Lucky-Dragon-Kreditchip aus dem Chipschlitz kam. Er steckte ihn wieder ein Stück weit hinein und überprüfte das verfügbare Guthaben auf dem Monitor. Nicht schlecht. Wahrhaftig nicht schlecht. Er schob den Chip ein, packte seine Brieftasche weg und trat an die GlobEx-Niederlassung, die auch als lokales Postamt fungierte. Sie war auch so ein speziell konstruierter Knubbel
oder
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