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Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Titel: Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Ohrläppchen. Er stand vor einer Wand voller eselsohriger Poster, die für ausgestorbene Spieleplattformen warben.
    »Das ist dein Schraubenzieher, stimmt’s?«
    »Hat sie’s hingekriegt?« Er machte keine Anstalten, ihn zu nehmen.
    »Glaub nicht«, sagte Chevette, »aber ich glaube, sie hat rausgekriegt, wo das Problem liegt.« Sie hörte ein leises, schnelles Klicken. Senkte den Blick und sah einen fünfzehn Zentimeter großen Roboter auf großen Comicfüßen flott über den Tresen marschieren. Er sah aus wie ein gepanzerter Krieger, segmentierte, glänzende weiße Schalen über blitzblanken Stahlarmaturen. Sie hatte die Dinger schon mal gesehen: Es waren vollständig ferngelenkte Peripheriegeräte,
gesteuert von einem Programm, das fast den ganzen Speicherplatz eines normalen Notebooks belegen würde. Der Roboter blieb stehen, legte die Hände zusammen, vollführte eine perfekte Miniaturverbeugung, richtete sich wieder auf und streckte seine kleinen Greifhände nach dem Schraubenzieher aus. Sie überließ ihm das Werkzeug; die Zugkraft der kleinen Arme war irgendwie furchteinflößend. Er legte sich den Schraubenzieher wie ein Miniaturgewehr über die Schulter und entbot ihr einen militärischen Gruß.
    Sumo Boy wartete auf eine Reaktion von Chevette, aber vergeblich. Sie deutete auf die beigefarbene Hardware. »Wieso hat dieser alte Kram immer die gleiche Farbe?«
    Seine Stirn legte sich in Falten. »Es gibt zwei Theorien. Eine lautet, dass es den Leuten half, sich mit radikal neuen Technologien am Arbeitsplatz wohler zu fühlen, die letztlich zur Veränderung oder zur Vernichtung dieses Arbeitsplatzes führen würden. Deswegen haben sich die Hersteller praktisch weltweit für eine Kunststofffarbe entschieden, die man meist bei billigen Kondomen findet.« Er grinste Chevette anzüglich an.
    »Ja? Und die Zweite?«
    »Dass die Leute, die das Zeug designt haben, unbewusst schreckliche Angst von ihrem eigenen Produkt hatten und — um nicht noch mehr Angst zu bekommen – dafür sorgten, dass es so langweilig wie nur irgend möglich aussah. Eben farblos, im wahrsten Sinne des Wortes. Kannst du mir folgen?«
    Chevette ging mit dem Finger nahe an den Mikroboter heran; er wich der Berührung mit einer ulkigen kleinen Rück- und Seitwärtsbewegung aus. »Und wer steht auf diesen alten Kram? Sammler?«
    »Sollte man meinen, was?«
    »Also?«
    »Programmierer.«

    »Kapier ich nicht«, sagte Chevette.
    »Denk mal nach«, sagte er und streckte die Hand aus, damit der kleine Boter ihm den Schraubenzieher reichen konnte, »als dieses Zeug neu war, als sie Software mit Millionen Zeilen schrieben, gingen sie stillschweigend davon aus, dass diese Software nach zwanzig Jahren komplett von einer besseren, ausgereifteren Version ersetzt werden würde.« Er nahm den Schraubenzieher und zeigte damit auf die Hardware auf den Borden. »Aber die Hersteller haben zu ihrer Überraschung festgestellt, dass es da so einen perversen, wiewohl machtvollen Widerstand dagegen gab, achtstellige Dollarsummen auszugeben, um vorhandene Software und erst recht Hardware durch neue zu ersetzen und obendrein noch womöglich Tausende von Angestellten daran auszubilden. Kannst du mir folgen?« Er hob den Schraubenzieher und visierte sie über seinen Schaft hinweg an.
    »Klar«, sagte Chevette.
    »Also, wenn du das Zeug brauchst, um neue Sachen zu machen oder um alte Sachen auf bessere Art und Weise zu machen, schreibst du dann von Grund auf neuen Kram oder flickst du den alten?«
    »Ich flick den alten?«
    »Du hast’s erfasst. Man legt neue Routinen drüber. Die Maschinen sind immer schneller geworden, da war’s dann egal, ob eine Routine dreihundert Schritte durchlief, obwohl sie eigentlich in dreien hätte ablaufen können. Passiert sowieso alles im Bruchteil einer Sekunde, also wen interessiert’s?«
    »Okay«, sagte Chevette, »und wen interessiert es?«
    »Clevere Burschen«, sagte er und kratzte sich mit der Spitze des Schraubenziehers an seinem DJ-Bärtchen. »Die haben nämlich geschnallt, dass heutzutage nichts anderes läuft, als dass alte Software permanent mit Überlagerungen verkrustet wird, bis irgendwann kein Programmierer mehr
richtig durchblickt, wie eine bestimmte Lösung erreicht worden ist.«
    »Ich versteh immer noch nicht, wieso dieses Zeug dabei hilfreich sein sollte.«
    »Na ja«, sagte er, »im Grunde hast du Recht.« Er zwinkerte ihr zu. »Du hast’s kapiert, Mädchen. Aber es ist nach wie vor Tatsache, dass es einige

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