Illuminatus 1 - Das Auge in der Pyramide
aufdecken kann; so eins müsste es sein», erklärte Carmel.)
Ein ganzer Schwarm von Männern in blauen Hemden und weissen Plastikhelmen rennt die Stufen von der 43.Strasse zur UN-Plaza hinab. Vorbei an der Inschrift: «Aus ihren Schwertern sollen sie Pflugschare schmieden und aus ihren Speerspitzen Sicheln, niemals wieder sollen sie Krieg betreiben.» Schwere hölzerne Kreuze schwingend und wütende Kriegsschreie ausstossend brechen die behelmten Männer in die Menge ein, wie eine Woge, die gegen eine Sandburg brandet. George sieht sie kommen und für einen Augenblick setzt sein Herzschlag aus.
« Und das erste was du siehst, wenn du die Note umdrehst, ist die Pyramide der Illuminaten Du wirst feststellen, dass siebzehnhundertsechsundsiebzig draufsteht, unsere Regierung wurde aber erst 1788 gegründet. Angenommen, die 1776 steht da, weil in jenem Jahr die Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet wurde. Der wahre Grund ist, dass 1776 das Jahr ist, in dem Weishaupt den bayrischen Illuminatenorden begründete. Und
warum denkst du, hat die Pyramide 72 Segmente in dreizehn Schichten?» fragt Simon 1969... Missverständnis...! Ich bin doch nicht blöd! Wenn mir einer so an den Arsch fasst wie der da, dann weiss ich hundertprozentig was er will», schreit Simon 1970... George stösst Peter Jackson an. «Es sind die God's Lightning», sagt er. Die Plastikhelme glänzen im Sonnenlicht, immer mehr von ihnen stürmen die Treppe hinab; oben wird ein Banner entrollt; auf weissem Grund steht mit roten Buchstaben: AMERIKA: LIEBT ES ODER WIR WERDEN EUCH ZERMALMEN... «Christus auf Rollschuhen», sagte Peter. «Achte jetzt mal auf den Zaubertrick der Bullen, wie die sich gleich wie in Luft auflösen werden.»... Dillinger lässt sich mit gekreuzten Beinen in einem fünfeckigen Zimmer unter dem Meditationsraum des UNGebäudes nieder. Mit einer Leichtigkeit, die für einen Amerikaner in den Sechzigern fast unwahrscheinlich ist, nimmt Dillinger den Lotussitz ein.
«Zweiundsiebzig ist die kabbalistische Zahl für den Heiligen, Unaussprechlichen Namen Gottes; sie wird unter anderem in der Schwarzen Magie benutzt, und dreizehn ist die Zahl _ für einen Hexensabbat», erklärt Simon. «Deshalb.» DerVWschnurrt gleichmässig in Richtung San Francisco weiter.
Mit einem Exemplar von J. Edgar Hoovers Masters ofDeceit unter dem Arm, ein erwartungsvolles Lächeln auf dem Gesicht, schreitet Carmel die Stufen der Stadtbibliothek von Las Vegas hinab, und Simon dringt aufeinmal das Sheraton-ChicagoGeschrei voll ins Bewusstsein: «Schwule Säue ! Ich glaube, Ihr seid nichts anderes als ein Pack von schwulen Säuen!»
« Und sieh mal da, über dem Kopfdes Adlers»,, fügt Simon hinzu. «Noch einer ihrer Scherze; erkennst du den Davidsstern? Den einzigen sechseckigen Stern, aus all den kleinen fünfeckigen Sternen zusammengesetzt - nur damit ihn so ein paar rechtsextreme Idioten finden, um zu beweisen, dass die Alten von Zion die Staatskasse und die Bundesreserve kontrollieren.»
Zev Hirsch, New Yorker Stadtkommandant der God's Lightning, überblickt die Menschenmenge an der UN-Plaza, beobachtet seine schultergepolsterten Truppen, wie sie, ihre Holzkreuze wie Tomahawks schwingend, die hasenfüssigen Peaceniks zurücktreiben. Ein Hindernis taucht auf. Eine blaue Kette von Polizisten hat sich zwischen die God's Lightning und ihre Beute postiert. Über die Schultern der Bullen hinweg kreischen die Peaceniks schmutzige Ausdrücke gegen den plastikbehelmten Feind. Zev's Augen tasten die Menge ab. Er fängt den Blick eines rotgesichtigen Bullen mit einer goldbestickten Mütze auf. Zev wirft dem Polizeioffizier einen fragenden Blick zu. Der Polizeioffizier macht ein Zeichen des Verstehens. Eine Minute darauf folgt eine leichte Bewegung mit der linken Hand. Sofort löst sich die Polizeikette in nichts auf, als wäre sie in der stechenden Frühlingssonne, die auf die Plaza brennt, hinweggeschmolzen. Das Batallion der God's Lightning fällt über die verängstigten, wütenden und erstaunten Opfer her. Zev Hirsch lacht. Das hier macht mehr Spass als damals in der jüdischen Verteidigungs-Liga. Alle Diensthabenden sind besoffen. Und es regnet weiter.
Auf der Terrasse eines Strassencafes in Jerusalem sitzen zwei weisshaarige, schwarzgekleidete alte Männer bei einer Tasse Kaffee. Sie versuchen ihre Gefühle vor den anderen Cafegästen zu verbergen, aber ihre Augen blitzen vor Erregung. Sie starren auf die Innenseite einer, jüdischen Tageszeitung und lesen
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