Gefärhlich tiefe Sehnsucht (German Edition)
1. KAPITEL
Genug war genug! Auf die eine oder andere Weise würde diese Angelegenheit heute ein Ende finden.
Rosalyn Oakley näherte sich der hohen holzgeschnitzten Flügeltür, die zu Joc Arnauds Allerheiligstem führte, und blieb kurz davor stehen, um sich zu sammeln. Sie atmete tief durch. Ganz ruhig bleiben, sagte sie sich. Sie würde es schon schaffen! Sie brauchte sich nur daran zu erinnern, wie viel auf dem Spiel stand. Außerdem hätten die Sicherheitsleute sie bestimmt nicht bis hierher gelassen, wenn Arnaud nicht damit einverstanden wäre. Obwohl ihr gar nicht danach zumute war, lächelte sie. Vielleicht war er genauso neugierig wie sie, vielleicht wollte er endlich der Frau begegnen, die nicht nachgab. Genau wie sie neugierig auf den Mann war, der niemals aufgab.
Dieser Gedanke machte ihr Mut, und sie stieß die Türen auf. Als sie über die Schwelle zu Arnauds Konferenzraum schritt, betrat sie gleichzeitig eine andere Welt. Lange getönte Glasscheiben umgaben sie, die einen verwirrenden Blick auf die City von Dallas boten. Die Luft hinter den Fenstern flimmerte in der Hitze, während im Büro alles kühl, klar und ausgeglichen wirkte.
Die Möbel und die Ausstattung waren vom Feinsten, und eine Menge Leute hatten sich eingefunden.
Vor Rosalyn erstreckte sich ein langer Konferenztisch mit einer Einlegearbeit, dessen Oberfläche aus verschiedenen Holzarten bestand und die in allen möglichen Farbtönen schimmerte. Der Schreiner hatte die verschiedensten Holzarten kombiniert, angefangen von dunklem Mahagoni über rötliche Eiche bis zu getönter Kirsche. Rosalyn erkannte kein Muster, doch sie hatte keine Gelegenheit, das zu überprüfen. Schließlich saßen mehrere Dutzend Leute um den Tisch herum, und jede Menge Papiere lagen darauf verstreut.
Bei ihrem Erscheinen richteten sich alle Blicke auf sie. Rosalyn musterte jeden der Anwesenden, um herauszufinden, wer von ihnen wohl Arnaud war. Einen Augenblick lang betrachtete sie die Person am Kopfende genauer, bevor sie den Blick weiterschweifen ließ. Dann entdeckte sie den Mann, der neben dem Tisch stand, und konzentrierte sich auf ihn. Er lehnte sich gegen ein Sideboard und hielt eine Tasse mit dampfendem Kaffee in der Hand.
Dieser Mann sah einfach aus wie ein Geschäftsführer, angefangen von den teuren Schuhen bis zu dem schwarzen maßgeschneiderten Anzug, der seine beeindruckend breiten Schultern betonte. Er war mindestens zwanzig Zentimeter größer als Rosalyn und sehr muskulös. Sie hob den Kopf und betrachtete ihn unter dem Rand ihres Stetsons hervor. Wegen seiner Größe war sie gezwungen, zu ihm aufzusehen, was ihr das Gefühl gab, leicht im Nachteil zu sein.
Der Blick dunkler Augen war auf sie gerichtet. Sein Gesicht beeindruckte sie sehr. Hohe Wangenknochen und ein bronzefarbener Teint verrieten deutlich, dass seine Vorfahren amerikanische Ureinwohner gewesen sein mussten. Sein Haar war schwarz und etwas länger als üblich. Seiner Ausstrahlung nach zu urteilen, musste dieser Mann einfach Joc Arnaud, der Oberboss, sein.
Offen erwiderte er ihren Blick und musterte sie dabei abschätzend, was aber in keiner Weise wertend wirkte. Dann hob er eine Augenbraue. „Haben Sie sich verlaufen?“
„Im Gegenteil. Ich bin vollkommen richtig.“ Sie ging auf ihn zu. „Wissen Sie, wer ich bin?“
„Rosalyn Oakley“, antwortete er sofort. „Achtundzwanzig Jahre alt. Geboren am fünften April. Alleinerbin der Longhorn-Ranch.“ Ein kühles Lächeln erschien auf seinen Lippen. „Womit wohl ich ins Spiel komme. Sie besitzen die Ranch. Ich will sie haben.“
Diese rasche Zusammenfassung der Tatsachen brachte sie aus dem Konzept, was er zweifellos damit bezweckte. Doch Rosalyn erholte sich rasch und machte ebenfalls einen Vorstoß. „Ihre beiden Handlanger haben mir gerade mal wieder einen Besuch abgestattet. Nun, diesmal erweise ich Ihnen die Ehre.“ Sie warf einen Blick auf die Herren in Anzug und Krawatte, die am Konferenztisch saßen und mit lebhaftem Interesse zuhörten. Rosalyn wies mit dem Kopf in ihre Richtung. „Wollen Sie das in der Öffentlichkeit bereden? Oder würden Sie unsere Differenzen lieber unter vier Augen klären?“
Ohne den Blick von ihr zu wenden, sagte er nur ein Wort: „Raus.“
Das unvermittelte Rascheln von Papieren und die allgemeine Aufbruchsstimmung, die daraufhin sofort einsetzte, hätte Rosalyn unter anderen Umständen vielleicht zum Lachen gereizt. So würdevoll wie nur möglich verließen Arnauds Untergebene
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