Illuminatus 2 - Der goldene Apfel
daß die gänzliche Abwesenheit irgendwelchen okkulten Zubehörs, zusammen mit dem Fehlen anderer Farben, weitaus beeindruckender war als schwere Vorhänge, Rollos, schmauchende Kerzen und eine Kristallkugel.
Mama Sutra sah wie Maria Ouspenskaya aus, jene alte Schauspielerin, die häufig im Spätprogramm des Fernsehens auf dem Bildschirm erschien, um über Lon Chaney, jr. zu sprechen, um zu erzählen, er ginge immer « den dornigen Weg » der Lykanthropie, bis « sich alle Tränen ins Meer ergießen ». «Was kann ich für Sie tun ?» fragte sie in knapper, geschäftsmäßiger Manier.
«Ich bin Detektiv in New York», sagte Danny und zeigte ihr seine Dienstmarke. «Ich bin nicht gekommen, um Sie zu belästigen oder Ihnen irgendwelche Schwierigkeiten zu bereiten. Ich benötige Wissen und Rat und ich zahle dafür aus meiner eigenen Tasche.»
Sie lächelte freundlich. « Die anderen Beamten von der Polizei, die mich in der Vergangenheit wegen Betrugsverdachts unter die Lupe nahmen, müssen im Polizeirevier ja ganz schöne Legenden über mich verbreitet haben. Ich verspreche keine Wunder und mein Wissen ist beschränkt. Vielleicht kann ich Ihnen helfen, vielleicht auch nicht. In keinem der Fälle werde ich von Ihnen Gebühren erheben. Da ich einer sensitiven Beschäftigung nachgehe, möchte ich mit der Polizei auf möglichst gutem Fuße stehen.» Danny nickte. «Danke», sagte er. «Und das ist meine Geschichte ...»
«Warten Sie», Mama Sutra legte die Stirn in Falten. «Ich glaube, ich habe da schon eine Spur. Ja. Bezirksstaatsanwalt Wade. Clark. Das Schiff geht unter. 242.2.. Wenn ich nicht so leben kann wie ich will, dann laßt mich sterben wie ich will. Paßt davon irgendwas in Ihre Geschichte ?»
«Nur der erste Teil», sagte Danny perplex. «Ich habe den Verdacht, daß die Angelegenheit, die ich bearbeite, mindestens bis zur Ermordung John F. Kennedys zurückgeht. Der Mann, der die ersten Untersuchungen über diesen Mord in Dallas anstellte, war Bezirksstaatsanwalt Henry Wade. Mit dem Rest kann ich allerdings nichts anfangen. Wo haben Sie das her ?» «Es gibt so etwas ... wie Schwingungen ... und ich kann sie registrieren.» Mama Sutra lächelte. «Das ist die beste Erklärung, die ich geben kann. Es geschieht einfach und ich habe gelernt, es anzuwenden. Ein wenig jedenfalls. Ich hoffe, daß, solange ich noch lebe, ein Psychologe eines Tages soviel herausfindet, daß er mir erklären kann, was ich eigentlich tue. Das sinkende Schiff hat keine Bedeutung? Und das Datum, 15. ]uni 1904 ? Da scheint sich etwas auf derselben Wellenlänge abzuspielen.»
Pricefixer schüttelte den Kopf. «Soweit ich's übersehe, nein.» «Warten Sie mal», sagte Mama Sutra. «Mir sagt es aber was. Es gab da einen irischen Schriftsteller, James Joyce, der die Theosophie der Madame Blavatsky und das Geheimnis um die Golden Dawn-Gesellschaft studierte. Er schrieb einen Roman, dessen gesamte Handlung sich am 16. Juni 1904 ereignet. Der Roman heißt Ulysses und ist auf jeder Seite geradezu übersät von kodierten mystischen Offenbarungen. Und, ja, jetzt erinnere ich mich, ebenda wird noch ein Schiffswrack erwähnt. Joyce arbeitete die Hintergrunddetails sehr akkurat aus, so schloß er also die Nachrichten der Tageszeitungen von Dublin mit ein — die Handlung des Buches spielt sich in Dublin ab, wissen Sie — und ein Zeitungsbericht dieses Tages beschäftigte sich mit einem Schiffsuntergang, mit dem Untergang der General Slocum im Hafen von New York. Passiert am Vortag, dem 15. Juni.»
«Sagten Sie Golden Dawn?» fragte Danny aufgeregt. «Ja. Bringt Sie das weiter ?»
« Es trägt zur bestehenden Verwirrung bei, aber immerhin zeigt es mir, daß Sie sich auf der richtigen Spur befinden. Der Fall, den ich bearbeite, scheint mit dem Verschwinden eines Professors in Massachusetts in Verbindung zu stehen. Das ist nun schon ein paar Jahre her. Jedenfalls hinterließ er ein paar Notizen, die sich mit der Gesellschaft des Golden Dawn befassen, und ... warten Sie mal ... mit einigen der Mitglieder. Ein Name, an den ich mich erinnern kann, ist Aleister Crowley.» «To Mega Therion», sagte Mama Sutra schwerfällig, indem sie sichtlich erblaßte. «Junger Mann, wo Sie sich drauf eingelassen haben, ist sehr, sehr schwerwiegend. Viel schwerwiegender als ein normaler Polizeibeamter begreifen könnte. Aber Sie sind kein normaler Polizeibeamter, sonst wären Sie nicht als erstes zu mir gekommen. Lassen Sie es mich Ihnen ganz unverblümt sagen, daß
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