Illuminatus 2 - Der goldene Apfel
und wurde sich bewußt, daß er Mühe hatte, ihr in die Augen zu blicken. «Hagbard hat mich gerade illuminiert. »
«Das kann ich wohl sehen. Ist es deshalb, daß du dich auf einmal in meiner Gegenwart unwohl fühlst ?» George begegnete ihrem Blick, sah aber wieder zur Seite; es gab da so etwas wie Zärtlichkeit, doch war es, wie erwartet, mehr als die Zärtlichkeit einer Schwester. Er murmelte: «Ja, weißt du, es ist nun so, ich realisiere, daß unser Sex » (warum konnte er nicht fik-ken sagen, oder wenigstens bumsen?) «dir weniger als mir bedeutet.»
Mavis ließ sich auf Hagbards Stuhl nieder und lächelte ihn voller Zuneigung an. « George, du lügst. Du meinst, es war wichtiger für mich als für dich.» Sie begann, die Pfeife erneut zu füllen; Mein Gott, dachte George, hat Hagbard sie etwa geschickt, damit sie mich zur nächsten Stufe geleitet, was immer das auch sein mag? «Nun, ich glaube, ich meine beides», sagte er vorsichtig. «Du warst gefühlsmäßig mehr engagiert als ich, damals, aber jetzt bin ich gefühlsmäßig mehr engagiert. Und ich weiß, daß ich das, was ich haben will, nicht haben kann. Niemals.» «Niemals ist eine lange Zeit. Laß uns doch lieber sagen, du kannst es jetzt nicht haben.» « Demut hat kein Ende », wiederholte George. «Fang nicht an, mit dir selbst Mitleid zu haben. Du hast entdeckt, daß Liebe mehr ist, als nur so ein Wort in der Dichtung, und jetzt willst du gleich alles haben. Du hast gerade zwei andere Dinge erfahren, die bis dahin nur Worte für dich waren — Sunyata und Satori. Ist das für einen Tag nicht genug?» «Ich beklage mich ja gar nicht. Ich weiß, daß auch bedeutet, Überraschung ist endlos. Hagbard versprach mir eine glückliche Wahrheit, und da ist sie.» Mavis hatte die Pfeife schließlich in Gang gesetzt, und nachdem sie einen tiefen Zug genommen hatte, reichte sie sie George. «Du kannst Hagbard haben», sagte sie.
George, der nur einen leichten Zug nahm, weil er noch ziemlich high war, murmelte: « Hm ?»
« Hagbard wird dich ebenso lieben wie bumsen. Das ist natürlich nicht dasselbe. Er liebt jeden. Diesen Zustand habe ich noch nicht erreicht. Ich kann nur meinesgleichen lieben.» Sie lächelte dabei ein wenig verschlagen. «Natürlich kann ich noch geil auf dich werden. Aber jetzt, wo du weißt, daß es mehr als das gibt, willst du gleich alles haben, stimmt's ? Warum versuchst du's dann nicht mit Hagbard ?»
George lachte. Er fühlte sich auf einmal ganz leicht zuversichtlich. «Okay! Ich werd's versuchen.»
«Bullshit», sagte Mavis schlicht. «Du führst uns beide an der Nase herum. Du hast einige Energien freigesetzt und sofort, ohne Umschweife, wie übrigens jeder auf dieser Stufe, willst du beweisen, daß es nirgendwo irgendwelche weiteren Barrieren gibt. Dein Lachen klang nicht sehr überzeugend, George. Wenn dich noch irgendwas blockiert, blick dem ins Auge. Tue nicht so, als sei es nicht vorhanden.»
Demut hat kein Ende, dachte George. « Du hast recht», sagte er. «Das hört sich schon besser an. Wenigstens bist du wegen dieser Barrieren nicht in Schuldgefühle verfallen. Das wäre ein unendlicher Rückschritt. Die nächste Stufe ist, sich schuldig zu fühlen, weil man sich schuldig fühlt... und schon wirst du wieder in der Falle stecken zu versuchen, der Gouverneur der Nation Dorn zu sein.»
«Der Roboter», sagte George.
Mavis nahm einen Zug und sagte: « Hm ?»
«Ich nenne es den Roboter.»
«Das hast du bei Leary Mitte der sechziger Jahre abgeguckt. Ich vergesse immer wieder, daß du ja ein Wunderkind warst. Ich kann dich direkt vor mir sehen, mit deiner Brille auf der Nase und deinen zusammengekrümmten Schultern über einem von Tims Büchern, als du so acht oder neun warst. Du mußt ja ein Kind gewesen sein ... Sie haben dir seitdem bestimmt ziemlich übel mitgespielt, oder?»
« Das passiert den meisten Wunderkindern. Den nicht so Begabten aber übrigens auch.»
«Ja. Acht Jahre Grundschule, vier Jahre Gymnasium, vier Jahre Uni, dann noch ein paar Jahre weiterführende Studien. Und am Ende? Nichts als der Roboter. Die ständig rebellierende Nation Ich mit dem armen alten Ich auf dem Thron, das versucht, alles zu regieren.»
«Es gibt nirgendwo einen Gouverneur», zitierte George. «Du machst aber ganz schöne Fortschritte.» «Das ist Chuang Chou, der Tao-Philosoph. Aber vorher hatte ich ihn nie begreifen können.»
«Aha. Da hat's Hagbard also gestohlen! Er hat kleine Karten, auf denen
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