Im Angesicht der Schuld
Eineinhalbjährigen Trends setzt, aber mit den Augen einer Zweiundzwanzigjährige n b etrachtet, sieht es im wahrsten Sinne des Wortes geschmacklos aus. « Dann beugte sie sich zu ihr hinunter und drückte ihr einen Kuss auf die Nase. » Wie ich dich um diese Freiheit beneide. Meine Mutter hätte mich niemals so aus dem Haus gehen lassen. Da musste immer alles perfekt sein. «
Ich goss Kaffee in einen Becher und reichte ihn Nelli.
» Früher wollte ich auch immer alles perfekt machen «, sagte ich. » Das kann ziemlich anstrengend sein, wenn du mich fragst. Bei manchen Menschen kann es sogar dazu führen, dass sie Wege nicht einschlagen, weil sie fürchten, sie nicht gut genug zu begehen. «
» O nein! « Nelli knallte ihren Becher auf den Tisch.
» Nicht schon wieder das. Ganz ehrlich, Frau Gaspary, Sie können eine ziemliche Nervensäge sein. Ich lebe mein Leben, wie es mir passt. «
Ungerührt hielt ich ihrem wütenden Blick stand. » Im Moment lebst du in einem Anzug, der längst zu klein und zu eng für dich ist. Eigentlich müsstest du losgehen und dir einen neuen kaufen, aber aus irgendeiner Angst heraus hast du beschlossen, lieber aufzuhören zu wachsen. Du wirst es eines Tages bereuen, wenn du deine Talente hast brach liegen lassen. «
» Dann bereue ich es eben. Na und? «
» Tu dir selbst einen Gefallen: Finde heraus, wovor du Angst hast, und dann geh dagegen an. «
Sie wandte mir ostentativ den Rücken zu, ging zur Spüle und bewaffnete sich mit Lappen und Putzzeug.
» Haben Sie heute irgendeinen besonderen Wunsch? Soll ich vielleicht die Fenster putzen? «
» Seit wann lässt du dir von mir sagen, was du tun sollst, hm? «
» Auch wieder wahr. Dann machen Sie mal besser, dass Sie hier rauskommen. «
» Kann ich Jana eine Stunde bei dir lassen? Ich will in die Innenstadt und ein Gutachten abliefern. «
» Kein Problem. «
I ch lieferte nicht nur das Gutachten ab, sondern nahm gleich zwei neue Aufträge mit. Auf dem Rückweg schaute ich auf einen Sprung bei Claudia in der Agentur vorbei. Am Empfang entdeckte ich Franka Thelen, die gerade einem Kurier einen Umschlag aushändigte.
» Hallo «, begrüßte ich sie.
» Frau Gaspary … wie geht ’ s Ihnen? «
Mit einem viel sagenden Lächeln zuckte ich die Schultern. » Und Ihnen? «
» Ich bin dabei, mich zu berappeln. Gibt es etwas Neues über Ihren Mann? «
» Nein. « Und das war nicht einmal gelogen.
Sie lehnte sich gegen den Empfangstresen. » Bea hat mir erzählt, dass die Kripo sie ziemlich in die Mangel genommen hat. «
» Das ist verständlich. Frau Elverts hätte ein Motiv gehabt, meinen Mann umzubringen. Sie wissen selbst, wie sehr sie ihn hasst. Und sie hat kein Alibi für den Montagabend. Angeblich war sie zu Hause bei ihrem kleinen Sohn. Sie könnte jedoch gewartet haben, bis er schläft … «
» Das glauben Sie doch selbst nicht, Frau Gaspary. Würden Sie Ihre Tochter allein zu Hause lassen? « Sie nahm meine Antwort als gegeben. » Und Bea würde es schon gar nicht tun. Sie hat bereits ein Kind verloren. Und es gibt wohl kaum einen Jungen, auf den besser aufgepasst wird als auf Ben, ihren Erstgeborenen. Und noch eines: Sie hat Gregor gehasst, das stimmt. Aber sie hätte es nie riskiert, ins Gefängnis zu kommen. Sie wird den Gedanken nicht los, Till im Stich gelassen zu haben. Glauben Sie allen Ernstes, sie würde auch nur das kleinste Risiko eingehen, noch einmal in so eine Situation zu geraten? « Veh e ment schüttelte sie den Kopf. » Ich kenne sie, und ich würde meine Hand für sie ins Feuer legen. «
» Sie sind eine gute Verteidigerin. Claudia hat mir erzählt, dass Sie auch für Gregor ins Feld gezogen sind. Dafür danke ich Ihnen. «
» Es hat nur leider nichts genützt «, sagte sie betrübt.
» Ich habe so sehr gehofft, etwas geraderücken zu können. «
» Wer weiß, vielleicht haben Sie das sogar. Vielleicht braucht sie diesen Hass irgendwann nicht mehr. «
In diesem Moment kam Claudia aus ihrem Büro und ging freudig auf uns zu. Sie umarmte mich und sah dann zwischen Franka Thelen und mir hin und her. » Habe ich euch unterbr o chen? «
» Nein «, antworteten wir wie aus einem Munde.
Ich gab ihr zum Abschied die Hand und folgte dann Claudia in ihr Büro.
» Hast du so viel Zeit, dass wir zusammen essen gehen kö n nen? «, fragte sie.
» Geht leider nicht, ich muss gleich nach Hause. Ich wollte dir nur schnell hallo sagen. «
Sie forschte in meinem Gesicht. » Irgendetwas ist geschehen, habe
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