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Im Angesicht der Schuld

Titel: Im Angesicht der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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vermasseln. Und dir auch. «
    » Soll ich dir einen Kaffee machen, Annette? «
    » Ich habe keinen Durst. «
    » Aber du brauchst einen klaren Kopf. «
    » Mein Kopf war noch nie klarer, hörst du? « In ihren Augen standen Tränen. » Er fand dich schon immer hinreißend, und jetzt sieht er eine Chance, dich zu … « Sie schloss die Augen und riss sie gleich darauf wieder auf.
    » Aber glaube mir, du bist auch nur eine von vielen. «
    Ich hatte immer gewusst, dass Annette unter dem Zustand ihrer Ehe litt. Wie sehr, wurde mir erst in diesem Augenblick klar. In ihren Augen spiegelten sich Reste einer Hoffnung, die immer wieder enttäuscht worden war. Und eine Verzweiflung, gegen die sie verbissen anzukämpfen schien. » Annette «, sagte ich mit ruhiger Stimme, » hör auf damit! Nicht jede Frau hat eine Affäre mit deinem Mann. Nach Gregors Tod hat er mir seine Hilfe angeboten, mehr nicht. Mehr wird auch nie sein. In mir ist nur die Trauer um Gregor und die Hoffnung, dass sein Tod bald aufgeklärt wird. Es gibt keinen Platz für einen anderen Mann und schon gar nicht für deinen. Die Männer meiner Freundinnen sind für mich tabu. «
    » Was hat er dann vor deinem Haus gemacht? «
    » Das wirst du ihn fragen müssen, ich weiß es nicht. «
    Mit einem Mal sackte sie in sich zusammen und saß wie ein Häufchen Elend auf dem Küchenstuhl. Die Tränen liefen ihr übers Gesicht und tropften auf ihre Hände , die kraftlos in ihrem Schoß lagen. » Was ist nur aus uns geworden, Helen? «
    Für einen Moment wusste ich nicht, wen sie meinte. Sprach sie von uns oder von sich und Joost?
    » Wenn mir früher jemand prophezeit hätte, dass ich einmal meinen Mann beschatten würde, hätte ich das weit von mir gewiesen. Und jetzt? Jetzt schleiche ich ihm hinterher, um herauszufinden, was von dem, das er sagt, wahr ist und was nicht. Ist das nicht erbärmlich und entwürdigend? « Sie begann zu schluchzen. » Er hat mir schon so viele Lügen aufgetischt, dass ich nicht mehr weiß, was ich glauben soll. Was kann ich nur tun? «
    » Was möchtest du am liebsten tun? «, fragte ich.
    Sie zog die Schultern hoch, um sie gleich darauf wieder sinken zu lassen. » Selbst das weiß ich nicht mehr. Es ist, als hätte ich mich selbst verloren. All die guten Gefühle, die ich mal hatte, sind wie weggeblasen. Dieses verdammte Misstrauen legt alles in Trümmer. Sieh nur uns beide an: Wir waren mal Freundi n nen. «
    » Irgendwann werden wir schauen müssen, ob sich auf dem Fundament, das einmal da war, wieder etwas aufbauen lässt. «
    Sie wirkte verletzt. » Wie kannst du das so nüchtern und em o tionslos sehen? «
    » Manchmal hilft es, die Dinge nüchtern zu betrachten. Beso n ders dann, wenn man die Emotionen später vielleicht bereuen würde. «
     
    G egen Mitternacht war sie ruhelos aufgesprungen und gega n gen. Sie war sicher längst zu Hause, als ich immer noch dasaß und über sie nachdachte. Sämtliche meiner Versuche, sie ein wenig aufzubauen, waren gescheitert.
    Wieder und wieder hatte sie mir jede einzelne von Joosts Affären der vergangenen Jahre aufgezählt und betont, dass es sicher eine nicht zu unterschätzende Dunkelziffer gäbe. Unau f hörlich wühlte sie in den Wunden, die er ihr zugefügt hatte. Es fiel mir schwer, dabei zuzusehen und nichts tun zu können. Sie war es, die etwas tun und eine Entscheidung treffen musste. Das konnte ihr niemand abnehmen.
    Als sie fort war, atmete ich tief durch und versuchte, mich auf mich selbst zu besinnen. Seit Gregors Tod hatte sich ein an den Nerven zehrender Tag an den anderen gereiht. Manchmal wusste ich nicht, woher ich die Kraft nahm, am nächsten Tag wieder aufzustehen. Trotzdem war diese Kraft da. Ich spürte sie.
    So stand ich auch an diesem Montag wieder auf, wärmte Milch für Jana, holte sie zum Kuscheln zu mir ins Bett und stellte mir Gregor vor, wie er uns beide anlächelte. Ich griff nach dem Anker um meinen Hals und hielt ihn fest.
    Als Nelli kam, hatte ich Jana gerade angezogen. Mit einem ungläubigen Blick sah sie auf das kleine Wesen, das juchzend beide Arme um ihr Bein geschlungen hatte.
    » Was ist passiert, Frau Gaspary? «, fragte sie. » Irgendetwas, das ich wissen sollte? «
    Angesichts der ungewöhnlichen Farbkombination, für die Jana sich an diesem Morgen entschieden hatte, musste auch ich lachen. » Sie wollte es so. «
    Vorsichtig löste Nelli Janas Ärmchen von ihrem Bein und ging stirnrunzelnd einmal um sie herum. » Mag sein, dass sie damit unter den

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