Im Angesicht der Schuld
Bestechungsversuch? «, fragte sie mit einem am ü sierten Lächeln.
» Eher der Versuch, Sie ein wenig zu entschädigen. «
Sie biss hinein und kaute genüsslich. » Das ist Ihnen gelungen. So, und nun erzählen Sie, was es so Wichtiges gibt. «
Ich schob die schwarze Kladde über den Tisch. » Unsere Hilfe hat dieses Heft unter dem Sitzkissen von Gregors Sessel gefunden. Lesen Sie! «
Sie wischte sich die Finger ab und schlug die Kladde auf. Beim ersten Durchgang schien sie die beiden Seite n n ur zu überfliegen, dann las sie mit gerunzelter Stirn Wort für Wort. Als sie fertig war, lehnte sie sich zurück und sah mich an. In ihrer Miene wechselten sich Überraschung und Aufregung ab. » Haben Sie schon mit irgendjemandem darüber gesprochen? «, fragte sie.
» Nur mit den Mitarbeiterinnen meines Mannes. Ich habe sie nach dieser Flora Masberg gefragt, aber keine von beiden hat diesen Namen schon einmal gehört. Dann habe ich unter ihrer früheren Telefonnummer angerufen. Ihr Nachmieter sagte mir, dass sie dort vor einem halben Jahr ausgezogen ist. Einen Neueintrag gibt es jedoch leider nicht. Ich dachte, falls sie vielleicht im Gefängnis ist, könnten Sie das am ehesten herau s finden. «
Sie vertiefte sich wieder in die Kladde und blätterte die beiden Seiten vor und zurück. » Wie kommen Sie darauf, dass sie im Gefängnis sein könnte? «
» Gregor hat neben Nötigung das Strafmaß geschrieben. A u ßerdem … «
Mit einer knappen Handbewegung unterbrach sie mich. » Unter den beiden anderen Namen hat er auch das Delikt und das mögliche Strafmaß vermerkt. Und bei Tonja Westenhagen wissen wir mit Sicherheit, dass sie tot ist. Da sie dort, wo sie gefunden wurde, nicht gestorben ist, muss jemand ihre Leiche in den Jenisch-Park geschafft haben. Dieser Jemand würde für das Wegschaffen von Leichenteilen lediglich eine Ordnungsstrafe bekommen, wie Ihr Mann es ganz richtig formuliert hat. «
» Das könnte bedeuten, dass jede dieser drei Frauen ein Opfer ist und dass die Verbindung durch den Täter zustande kommt «, überlegte ich laut. » Aber als ich Barbara Overbeck vorgestern vor ihrem Haus abgefangen habe … «
» Sie haben sie abgefangen? Warum? «
» Aus verschiedenen Gründen. Zum einen wollte ich wissen, ob sie wirklich die Frau ist, mit der Joost sich am Abend meines Geburtstags vor dem Restaurant gestritten hat. Sie ist es übr i gens. Außerdem hatte Professor Kogler mir gegenüber behauptet, mein Mann habe Frau Overbeck bei ihrer Vate r schaftsklage unterstützt. Das kann jedoch nicht sein, da Gregor sie erst vor dem Restaurant kennen gelernt hat. Frau Overbeck hat mir das bestätigt. Und dann … «
» Haben Sie darüber nochmals mit Professor Kogler gespr o chen? «, unterbrach sie mich mit hochgezogenen Brauen.
Ich nickte. » Er meinte, ich hätte ihn missverstanden und würde Gespenster sehen. «
» Was meinen Sie? Ist es möglich, dass es sich um ein Mis s verständnis handelt? «
» Ich hätte schwören können, dass er es so und nicht anders zu mir gesagt hat, aber vielleicht hat mir mein Gedächtnis tatsäc h lich einen Streich gespielt «, antwortete ich mit einem Schulterzucken. » Was ich aber eigentlich erzählen wollte, war, dass ich Frau Overbeck nach Tonja Westenhagen gefragt habe. Und sie hat mir sehr überzeugend versichert, sie nicht zu kennen. Wenn ich mir jedoch ansehe, was Gregor da geschri e ben hat, dann muss sie sie kennen. Und das wiederum bedeutet, dass sie gelogen haben muss. «
» Das ist eine der möglichen Schlussfolgerungen «, sagte sie nachdenklich und schlug gleich darauf die Kladde zu. » Ich nehme das Heft mit, Frau Gaspary, und ich halte Sie auf dem Laufenden. Außerdem muss ich darauf bestehen, dass sie mit niemandem über das, was hier drin geschrieben steht, sprechen. Nicht mit Ihrer Familie und nicht mit Ihren Freunden –ohne Ausnahme. Kann ich mich darauf verlassen? «
Angesichts ihres dringlichen Untertons sah ich sie erstaunt an. » Ich verspreche Ihnen, dass ich mit niemandem darüber reden werde, aber … haben Sie denn eine Ahnung, worum es hier eigentlich geht? «
» Noch nicht, aber eines weiß ich ganz gewiss: Ich habe den Namen Flora Masberg schon einmal gehört. «
20
Felicitas Kluge war nicht bereit gewesen, mir mehr zu sagen. Ich hatte ihr geschworen, meinen Mund zu halten, ich hatte sie angefleht, ihr Wissen mit mir zu teilen, aber sie war unnachgi e big geblieben. Und mir blieb nichts anderes übrig als zu warten.
Während
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