Im Anhang mein Herz
doch einfach scheiden und ziehe zu mir.
Montag, 26. April, 14.33
Betreff: Liebe Marlene
Es tut mir jetzt leid.
Bis abends.
Artur
Dienstag, 27. April, 9.03
Betreff: Gestern
Liebe Marlene! Guten Morgen und wie geht es dir?
Zunächst noch zu gestern. Du sagtest kühl, es sei dir lieber, wenn Schluss wäre. Und dann sagtest du, dass du trotzdem glücklich seist, dass du mich damals kennengelernt hättest.
Aber ich habe mir mein Leben so eingeteilt, mit meinem Mann , sagtest du.
Was ist, wenn das Leben einmal dich einteilt und dir zum Beispiel jemanden wegnimmt?
Die Sicherheit, mit der du behauptest, dass du allein dir alles einteilen kannst, finde ich überheblich.
Du kommst mir wie eine verwöhnte Prinzessin vor, die ihre Höflinge auf und abtreten lässt je nach ihrer Laune.
Warst du denn nicht unfroh gestern über das Ende?
Hast du gelogen, als du schriebst, du seiest immer in Sorge, wenn ich unangekündigt viel später ins Büro komme?
Warum hast du den ganzen Ärger mit der Beratung wegen unseres Kontakts auf dich genommen?
Nur weil es ganz nett ist, nebenbei einen Freund zu haben?
Deine Statements waren ein Angriff auf meine Würde.
Auch ich habe Bestandsaufnahme gemacht darüber, was welchen Stellenwert hat.
Zu deiner Frage, nein Erna hat mich nicht gern. Sie vermisst nur meine Energie. Leider spricht sie seit Sonntag wieder nichts mit mir. Ich glaube immer noch, dass du mich lieber haben würdest, wenn ich endlich in Ruhe alleine wohne und dir nicht ewig mit Problemen komme.
Gestern habe ich dich beobachtet, du freust dich, wenn ich dir was Nettes sage, siehst mich warm an und auch liebevoll, dann fällt dir jedoch immer wieder ein, dass du nicht so schauen darfst und du setzt plötzlich deinen Ich-bin-ein-toter-Fisch-Blick auf.
Du solltest einen Zeitungsartikel auch lesen, bevor du ihn an mich sendest.
Die Administratorin erklärte mir vorhin in der Teeküche, dass sie in der gleichen Situation wie ich sei. Woher weiß sie, was los ist? Sie habe jemand Unerreichbaren gewählt, mit dem sie wenigstens Freundschaft verbinde. Das sei besser als jemand, der leicht zu haben sei, aber sie nicht wirklich interessiere. Am Anfang sei es sehr schwierig mit so einer Freundschaft auf der Basis unterdrückter Liebe. Aber später kann sie sehr schön werden. Bei ihr funktioniere es seit Jahren. Sie meinte noch, Schluss zu machen sei einfach, das könne jeder. Als sie dies sagte, habe ich ihr zugestimmt. Sie meinte noch, dass der Schluss dennoch die vernünftigste Lösung für alle sein würde.
Sie bot mir an, sich ein wenig um mich zu kümmern. Mir ab und zu Tee zu bringen. Sie fragte mich, ob wir morgen ins Kino gehen wollen.
Sie will mir einen Artikel über Beziehungen im Tier- und Menschenreich morgen mitbringen.
Ich könnte ihn für dich kopieren.
Die Fotos kannst du alle behalten.
Servus
Artur
Dienstag, 27. April, 13.03
Betreff: Dank
Liebe Marlene! Ich bin dir dankbar, dass du meine Forderung, dich scheiden zu lassen, verzeihen und vergessen willst.
Ich habe nicht gemeint, du sollst dazu beitragen, dass dir das Schicksal etwas wegnimmt.
Komisch, dass du in Sorge bist, wenn Menschen, die du nett findest, später zur Arbeit kommen. Rufst du die alle an und schickst du Mails an alle?
Du hast mich doch ein wenig lieber als andere und du sorgst dich daher mehr um mich.
Warum, warum, warum gibst du es nicht endlich zu? Es kostet dich doch nichts?
Daher hast du den ganzen Aufwand und Ärger auf dich genommen. Und weil wir auch viel Spaß zusammen haben.
Meine Kollegin meinte, wir sehen uns morgen einen Film mit möglichst lustigem Inhalt jenseits aller Beziehungskisten an. Das sei jetzt genau das Richtige für mich, da ich ohnehin in der gesamten anderen Zeit an dich denken würde.
Jetzt gleich gehen wir miteinander Eis essen. Ich weiß aber schon, was die Kollegen dann über mich tratschen werden.
Vergiss es nicht, dein lieber Gott, der deinen Garten blühen lässt, hat dir deinen Mann und auch meine Zuneigung geschenkt. Glaubst du, dass er will, dass du meine Gefühle in die Mülltonne beförderst?
Dein Artur
PS Ich habe eine neue Sammlung von romantischen Liedern. Ich sende dir beides, die Lieder und ein technisch sehr interessantes Ding.
Dienstag, 27. April, 14.29
Betreff: Apfelstrudel
Hast du ihn erhalten? Hast du ihn wieder mit deinen Kolleginnen geteilt? Bekomme ich keine Antwort auf die vorige Mail?
Ah, ich verstehe, damit ich nicht glaube, du hättest mich lieber
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