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Im Antlitz des Herrn

Im Antlitz des Herrn

Titel: Im Antlitz des Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Béla Bolten
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sie kommen ...»
    Jannis ließ den Satz unvollendet, und Angela fragte nicht nach.
    Er stocherte mit einem Stock in der Glut, um ihr noch ein bisschen Wärme abzugewinnen. Das Geräusch weckte Hannah, die in zwei Schlafsäcke und eine Decke eingehüllt war.
    «Guten Morgen. Was gibt es zum Frühstück?»
    Jannis musste lachen. Hannah war ein wunderbares Mädchen. Aufgeschlossen, fröhlich und unkompliziert. Er griff erneut in seinen Seesack.
    «Wie wäre es mit ein paar Butterkeksen und einem Schluck heißen Kaffee?»
    «Wie in einem Fünf-Sterne-Hotel», sagte Hannah und schälte sich aus ihrer Umhüllung. Angela schraubte die Thermoskanne auf, und tatsächlich dampfte der Kaffee noch, obwohl sie Oia vor bald achtzehn Stunden verlassen hatten. Sie verstand immer noch nicht, was hier vorging. Wolfram musste eine phänomenale Entdeckung gemacht haben. Aber was wollte man von ihnen? Warum bedrohte man Hannah und sie? Um Wolfram unter Druck zu setzen? Dann sollten sie ihm mitteilen, dass sie wohlauf waren.
    «Haben wir hier Handyempfang?»
    Jannis schüttelte den Kopf. Sie befanden sich am äußersten Westzipfel der Insel, auf einem kleinen Kap. Im Umkreis von fünf Kilometern lebten nur ein paar Ziegenhirten, und für die lohnte es sich nicht, eine Antenne zu installieren.
    «Dann können wir keine Hilfe holen? Wir sollen wir jemals hier wegkommen?»
    «Keine Angst.» Jannis legte ihr die Hand auf den Arm. Eine beruhigende Geste, obwohl er innerlich bebte. Hoffentlich hatte Costa die Wahrheit gesagt.
     
    ***
     
    «Jetzt verstehe ich gar nichts mehr.»
    Hawleys Bass klang noch tiefer als gewöhnlich. Sie hatten alle Vorsichtsmaßnahmen aufgegeben, nachdem ihnen der Monteur in Hendersons Büro erzählt hatte, dass sämtliche Sicherheitsleute abgezogen worden waren. Ziel unbekannt.
    «Du sagst, Sanika Nuri habe für den Vatikan spioniert. Warum haben irgendwelche Killer im Auftrag Roms sie dann ermordet?»
    «Und wenn es gar nicht der Vatikan war?»
    «Heilige Scheiße.»
    Sarah glaubte fast, dass sein schwarzes Gesicht eine Spur blasser wurde.
    «Das Verrückte ist, dass wir bei Sanika nichts gefunden haben außer dem Plan des Grabes. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie nicht mehr Fakten gesammelt hatte. Und dann diese merkwürdige Notiz. Worauf wollte sie uns hinweisen, als sie das Wort ‹Kopfreliquiar› notierte? Irgendwo muss es ein Versteck mit weiteren Schriftstücken geben, das wir übersehen haben.»
    «Vielleicht hat sie die Informationen ja ...«
    Hawley schlug sich mit der Hand vor die Stirn.
    «Ich Idiot! Komm mit!»
    Er stürmte aus dem Zimmer und rannte schräg über den Flur auf Theresia Stones Suite zu. Mit flinken Fingern gab er den Zugangscode ein - im Hoteltrakt waren die Zugangssperren in die Räume noch nicht aufgehoben. Sarah blickte ihn erstaunt an.
    «Woher kennst du ...?»
    Sie brach den Satz ab. Es ging sie nichts an, wenn die beiden Amerikaner ein Verhältnis hatten. Hawley lachte kurz auf.
    «Ich weiß, was du jetzt denkst, aber auch hier ist es nicht, wie es scheint. Theresia kann sich Zahlen ausgesprochen schwer merken, und weil sie das um alles in der Welt verheimlichen will, vermeidet sie es, sich Notizen zu machen. Die könnten ja jemandem in die Hände fallen. Also bin ich ihr Gedächtnis.»
    Er hielt Sarah die Tür auf, schlüpfte dann selbst ins Zimmer und verriegelte sie von innen.
    «Was suchen wir hier eigentlich?», fragte Sarah leise.
    «Ich habe da eine Vermutung, ist nicht mehr als ein Gedanke. Sanika hat doch bei unserer Bibliotheksrunde, aber auch in den Labors und sogar im Mausoleum fotografiert.»
    Sarah nickte.
    «Henderson legte großen Wert darauf, damit er später alles lückenlos dokumentieren kann. Aber was soll uns das jetzt nützen?»
    «Sanika hat Kopien der Fotos gemacht. Ein paar Tage vor ihrem Tod übergab sie Theresia einen Speicherstick. Sie fürchte, dass Henderson ihr Büro durchsuchen ließ. Wenn er die Kopien fände, drohe ihr die Entlassung. Theresia hat ihr geraten, die Bilder zu löschen, aber Sanika meinte, sie wollte wenigsten ein paar behalten, sonst würde ihr ja später niemand glauben, bei welch bahnbrechender Entdeckung sie dabei gewesen wäre.»
    Hawley durchsuchte hastig den Schreibtisch der Anthropologin.
    «Er muss hier irgendwo sein.»
    Sarah ließ sich vom Jagdfieber anstecken und öffnete den Kleiderschrank. Wo würde sie etwas verstecken, das nicht gefunden werden sollte? Auf dem Boden des Schranks lag ein Sack der Wäscherei, die

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