Im Auftrag der Rache
Zels mitteilte. Er schaute hinüber zu General Osch o ¯ , so wie jeder andere Mann in seiner Formation. Noch immer wollte sich der General nicht bewegen.
»Mit ganzem Herzen«, sagte er zu Kosch.
Kosch zog seinen Schal hoch. Mit einer gewissen Hilflosigkeit wandte er den Blick von Asch ab. Wie es auch kommen mochte, sie würden vermutlich nie wieder Seite an Seite kämpfen – als Kameraden, Brüder und verrückte Narren der Revolution.
»Genau wie du, mein Freund«, ertönte Koschs gedämpfte Antwort.
Sie packten die Zügel ihrer Zele fester, als General Osch o ¯ seine Lanzenspitze auf den herannahenden Feind richtete. Auch Asch senkte nun seine Lanze.
Osch o ¯ s Zel machte einen Sprung nach vorn.
Wie ein Mann folgten ihm die Kämpfer des Leuchtenden Weges unter lautem Kriegsgeschrei.
Kapitel eins
Unter Ninschis Blick
Asch erwachte mit einem Seufzen und stellte fest, dass er von eiskaltem Schweiß durchtränkt war und zitternd unter einem Himmel voller Sterne lag.
Er blinzelte in die Finsternis, fragte sich, wer er war und wo er sich befand, und erlebte einen Augenblick der köstlichen Einheit mit dem All.
Und dann sah er eine Lichtschliere hoch über ihm dahinziehen. Es war ein Luftschiff, dessen Röhren ein blaues Feuer über Ninschis Haube warfen. Ihr einziges Auge glimmerte rot, als sie das Schiff beobachtete und Asch und der Rest der Welt sich unter ihr drehten.
Q’os , erinnerte sich Asch plötzlich mit einem Gefühl der Übelkeit im Magen. Ich bin in Q’os, auf der anderen Seite des Ozeans, am hinteren Ende der Seidenwinde, seit dreißig Jahren im Exil .
Die Überbleibsel seines Traumes verschwanden wie Staub, der vom Wind weggeblasen wird. Er ließ sie los – die verblassenden Echos und Geschmäcker von Honschu. Es war der Verlust von etwas Unersetzbarem, aber es war besser so. Es war besser, nicht über diese Dinge nachzudenken, wenn er wach war.
Das Licht des Luftschiffes verblasste allmählich auf seinem Kurs zum östlichen Horizont. Es verschwand in der dunstigen Luft über der Stadt und wurde hin und wieder von dem dunklen, hoch aufragenden Umriss eines Himmelsturms verdeckt. Im Sternenlicht sah Asch, wie ihm der Atem aus dem offenen Mund trieb.
Verdammt , dachte er, als er den Mantel enger um sich zog. Ich muss schon wieder pissen .
In dieser Nacht war er bereits zweimal erwacht: einmal mit einer vollen Blase und das andere Mal aus keinem ersichtlichen Grund. Vielleicht war es ein Schrei aus den Straßen weit unter ihm gewesen, oder ein Zucken seines schmerzenden Rückens, oder ein kalter Windstoß, oder er hatte einfach nur husten müssen. In seinem Alter weckte ihn einfach alles, wenn er sich nicht vor dem Schlafengehen mit Alkohol durchtränkte.
Grummelnd warf der alte R o ¯ schun-Mörder den Mantel beiseite und kämpfte sich auf die nackten Füße. Dabei knackten seine Gelenke so laut, dass es auf dem stillen Dach deutlich zu hören war.
Das Dach war ein flacher Streifen aus Pech und Kies, der ihm spitz und scharf in die Sohlen stach. Es war kaum besser, darauf zu liegen, auch wenn er einen zusätzlichen Mantel als Decke ausgelegt hatte. Er drehte sich um und betrachtete die mächtige Skulptur aus Beton, die in der Mitte der grauen, sternerhellten Fläche stand. Es war der Abguss einer großen Hand, deren Zeigefinger in den Himmel wies.
Asch rieb sich das Gesicht, streckte sich und ächzte noch einmal.
Er benutzte nicht die Regenrinnen, die am Rande des Daches entlang verliefen, und auch nicht eines der kleinen Abwasserlöcher in jeder Ecke, die mit grünen Algen verstopft waren. Er wollte seine Gegenwart niemandem auf der Straße tief unten kundtun.
Stattdessen stapfte er zur Südseite des Daches, während die Stadt Q’os in völliger Stille unter ihm lag. Die Ausgangssperre, die nach dem Tod des einzigen Sohnes der Heiligen Matriarchin verhängt worden war, war noch nicht aufgehoben worden. Er sprang auf das angrenzende Dach, und seine Blase beschwerte sich über den Aufprall. Auch dieses Dach war flach und geteert, wurde allerdings durch dreieckige, aufragende Oberlichter unterbrochen, die zu den Luxuswohnungen darunter gehörten. Jedes Fenster war dunkel, bis auf das erste.
Die Witwe , dachte Asch. Wieder ist sie mitten in der Nacht wach .
Asch erleichterte sich an der gewohnten Stelle, während er in das warme Kerzenlicht der Wohnung unter ihm schaute. Durch das rußige Glas sah er die Dame, die in einem cremefarbenen wollenen Nachthemd am Esstisch saß. Ihr
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