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Im Augenblick der Angst

Im Augenblick der Angst

Titel: Im Augenblick der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sarkey
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nicht besonders oft mit ihm unterhalten.«
    »Eigentlich haben wir ihn kaum gesehen«, fügte Tom hinzu. »Höchstens wenn er draußen auf der Veranda geraucht hat. Was ist das denn, irgendein Medikament?«
    Ohne zu antworten, holte der Detective eine Taschenlampe hervor, schaltete sie ein und leuchtete damit unter dem Bett herum. Als er sich auf den Boden beugte, rutschte die Pistole an seinem Gürtel hoch – die Waffe zog Annas Blick magnetisch an. Nach einer Weile richtete Halden sich wieder auf, nahm eine von Bill Samuelsons Händen in die Hand, als wäre es das Normalste der Welt, und untersuchte sie eingehend im Schein der Taschenlampe. »Was ist mit Freunden oder Familie? Irgendwer, der regelmäßig zu Besuch kam?«
    »Nein. Also nicht dass wir wüssten.« Tom kratzte sich am Hals.
    Halden knipste die Taschenlampe aus, richtete sich auf und ging hinüber ins Badezimmer. Endlich war er außer Sichtweite. Annas Puls dröhnte ihr in den Ohren, ihre Hände zitterten. Entspann dich. Du und Tom, ihr seid ganz normale Leute. Ihr habt nichts zu befürchten. Sie hörte, wie der Medizinschrank geöffnet wurde, und sah vor ihrem inneren Auge, wie Halden die Aspirinpackungen und Zahnpastatuben durchkämmte. Kurz darauf tauchte er wieder im Schlafzimmer auf und blieb am Fuß des Bettes stehen. Seine Zunge wanderte im Mund umher, beulte die Backe aus. Mehrere Sekunden lang verharrte er so, bis er sich den Handschuh mit einer schnellen Bewegung von den Fingern zog. »Okay.« Er wandte sich seinen Kollegen zu. »Fordert einen Fotografen an, um den Raum abzulichten. Und ruft einen Wagen, damit Mr. Samuelson schnell in die Gerichtsmedizin kommt.«
    »Was ist mit der Kriminaltechnik?«, fragte einer der Cops.
    Der Detective winkte ab. »Der Fotograf reicht. Ach ja, das Fläschchen da könnt ihr noch eintüten.« Er drehte sich zu Anna um und lächelte. »Sie sehen etwas mitgenommen aus, Mrs. Reed. Warum gehen wir nicht rüber und unterhalten uns ein bisschen?«
    Gemeinsam gingen sie den Flur entlang in die Küche. Die Luft hatte sich deutlich abgekühlt. Die Scheibe klapperte in ihrem alten Rahmen, als Anna das Fenster schloss. »Was denken Sie«, fragte sie, »was ist hier passiert?«
    Halden legte den Kopf auf die Seite. »Tja, auf einen Einbruch weist nichts hin, auf einen Kampf auch nicht. Keine Verletzungen an Körper oder Händen. Auf der Medizinflasche war kein Etikett – normalerweise bedeutet das: Schmerztabletten vom Schwarzmarkt. Ich denke, er hatte gesundheitliche Probleme, hat sich was gekauft, um die Schmerzen loszuwerden, und hat es dann damit übertrieben. Aber mit Sicherheit kann man das erst nach der rechtsmedizinischen Untersuchung sagen.«
    »Das ist so … komisch«, sagte Anna.
    »Was?«
    »Na ja …« Sie deutete in Richtung Flur. »Einfach, dass er tot ist. Dass da irgendwo ein Toter liegt.«
    Der Detective nickte. »Wirkt nicht so, als hätte er viel leiden müssen. Glauben Sie mir, ich habe Schlimmeres gesehen, viel Schlimmeres.«
    »Und wie geht es jetzt weiter?« Tom stützte sich auf die Küchentheke.
    »Erst mal wird er ins Leichenschauhaus gebracht, und dann werden wir versuchen, mit seiner Familie Kontakt aufzunehmen. Das heißt, können Sie uns vielleicht dabei helfen? Hat er irgendwelche Angaben gemacht, als er die Wohnung gemietet hat? Hat vielleicht noch jemand den Mietvertrag unterschrieben?«
    Tom schüttelte den Kopf.
    »Gab es Probleme mit der Miete? Sind Schecks geplatzt?«
    »Nein.«
    »Er hat immer mit Cashier’s Checks gezahlt«, sagte Anna – und erstarrte. Du blödes, abgrundtief dummes Mädchen!
    »Cashier’s Checks?« Halden zog eine Augenbraue hoch. »Warum hat er keine normalen Schecks benutzt?«
    Weil er sein Geld in Zehntausend-Dollar-Bündeln auf bewahrt hat. Die wir in eine alte Sporttasche gepackt und im Keller versteckt haben. Deshalb! Annas Herz hämmerte gegen ihren Brustkorb, aber sie zwang sich, so ruhig wie möglich den Kopf zu schütteln. »Danach haben wir nie gefragt.« Noch während sie sprach, begriff sie, dass sie gerade einen Cop anlog – ein merkwürdig distanziertes Gefühl, als beobachtete sie sich selbst aus weiter Ferne. Sie spürte, dass sie einen Schritt getan hatte, den sie nicht mehr zurücknehmen konnte.
    Für einige Sekunden ließ der Detective seine Augen auf ihr ruhen, die Frage dahinter deutlich sichtbar – bis er die Achseln zuckte und zur Seite blickte. »Ich muss noch ein bisschen Papierkram erledigen, und der Fotograf wird etwa

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