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Im Augenblick der Angst

Im Augenblick der Angst

Titel: Im Augenblick der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sarkey
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1
    Das Lächeln war weltberühmt. Jack Witkowski war kein besonders großer Fan davon, aber er hatte diese Zähne schon oft, sehr oft gesehen. Sie glänzten im Gewühl der Schlangen an der Supermarktkasse, glitzerten auf dem Cover Hunderter Zeitschriften. Nach und nach hatte man sich angewöhnt, das Lächeln als völlig losgelöst von seinem Besitzer zu betrachten – und als genau der jetzt auf der kurzen Treppe vor dem Club innehielt, um es einem gaffenden Mädchen mit Fotohandy zuzuwerfen, verstärkte sich dieser Eindruck noch. Zuvor war der Typ bloß irgendein Typ gewesen – ebenso gut angezogen wie gut aussehend, keine Frage, aber eben bloß ein Typ, und noch dazu ein wenig kurz geraten –, doch dann blitzte dieses Lächeln auf, wie ein Scheinwerfer mit erbarmungslos hoher Wattzahl, und man wusste: Man befand sich in Gegenwart eines Stars.
    Jack starrte durch die Windschutzscheibe und trommelte geistesabwesend auf der .45er in seinem Schulterhalfter herum. So angesagt Neuner heutzutage sein mochten, in Sachen Überzeugungskraft konnten sie es nicht mit einer .45er aufnehmen. »Also noch mal.«
    Bobby nickte. »Marshall lässt uns rein. Wir nehmen die Treppe für die Angestellten, setzen die Masken auf. Keine Namen. Will und Marshall fesseln die Leute, während ich das Geld einsammle. Auf demselben Weg raus wie rein. Ab in den Chrysler. Wenn irgendwas schiefläuft, teilen wir uns auf und treffen uns später wieder.« Seine Hände krampften sich mit weißen Knöcheln um das Lenkrad.
    Jack blickte auf Bobbys starre Hände, runzelte die Stirn und fragte sich wieder mal, ob es eine gute Idee gewesen war, seinen kleinen Bruder in die Sache reinzuziehen. »Exakt«, sagte er mit gelassener Stimme. »Und immer dran denken: Keine falsche Zurückhaltung. Das sind verzogene Kids. Schieb ihnen die Pistole direkt ins Gesicht, schrei sie an, okay? Wenn irgendeiner Scheiße baut, hau ihm die Knarre in die Fresse, und zwar sofort. Dann bewegen sich alle gleich ein bisschen schneller. In fünf Minuten sind wir da wieder raus.«
    »Und was ist mit dem da?«, fragte Bobby und zeigte auf einen Mann, dessen Stiernacken und massive Schultern den Star und sein gesamtes Gefolge überragten. In der linken Hand trug er einen schwarzen Aktenkoffer, während er die rechte offen auf den Bauch gelegt hatte – die Finger verschwanden gerade so im Jackett.
    »Das ist der Bodyguard«, meldete sich Will Tuttles ölige Jazz-Radio-Stimme von der Rückbank. Neulich hatte er erzählt, dass er in seiner Zeit in L.A. mal als Sprecher gearbeitet hatte – als Stimme einer tanzenden Seifenblase in einer Werbung für Toilettenreiniger. Leicht verdientes Geld: zwei Riesen für einen Vormittag, an dem er nur immer wieder Wir schrubben, damit es Ihnen erspart bleibt sagen musste. »Zerbrich dir mal nicht dein hübsches Köpfchen. Um den kümmern sich die richtig harten Jungs.«
    »Fick dich.«
    Will kicherte. »Was ist?« Er zog ein Softpack Carltons aus der Anzugtasche und schüttelte eine Zigarette heraus. »Hab ich jetzt deine zarten Gefühle verletzt?«
    »Es reicht.« Jack fixierte Will im Rückspiegel. »Das Ding zündest du hier drinnen nicht an.«
    Mit einem Grinsen steckte sich Will die Kippe hinters Ohr. »Siegeszigarette.«
    Auf der anderen Straßenseite klopfte einer der geschniegelten Jungs dem Star auf die Schulter und deutete mit dem Daumen Richtung Tür. Der Star nickte, dann winkte und lächelte er ein letztes Mal in die Menge und betrat den Club. Sofort setzte sich auch sein Gefolge in Bewegung und hielt nur kurz inne, um ein umwerfendes brünettes Mädchen aus der Schlange zu pflücken. Über die Schulter grinste sie ihren Freundinnen zu, die allesamt in wildes Gekreisch ausbrachen. Verdammtes Filmvolk, dachte Jack. Den Abschluss bildete der Bodyguard; ganz oben auf der Treppe drehte er sich noch einmal um und ließ den Blick über die Straße schweifen. Jack senkte die Augen nicht – schließlich war er nur einer unter Dutzenden Bauerntrotteln aus Chicago, die angesichts des amerikanischen Adels in Ehrfurcht erstarrten. Einen Augenblick später schwang die Tür hinter dem Bodyguard zu und dämpfte die hämmernden Beats, die aus dem Inneren drangen.
    »Los«, sagte Jack. Bobby legte den Gang ein und steuerte den gestohlenen Ford vorbei an den wartenden Jungs in Glitzershirts und den Mädchen mit aufgesprühter Bräune auf den Schultern. Sie ordneten sich hinter einem Taxi ein, bogen am Ende des Blocks rechts, dann links ab, bevor

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