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Im Augenblick der Angst

Im Augenblick der Angst

Titel: Im Augenblick der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sarkey
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her.«
    »Wer?«
    »Dschingis Khan.«
    »Wie bitte?«
    »Hör mir einfach zu.«
    Erst wollte Anna etwas sagen, aber dann lehnte sie sich nur zurück, an das Kopfbrett des Betts, nickte leicht und lauschte der Geschichte von Toms Begegnung mit dem Mann im Anzug, von den Drohungen gegen sie beide, von dem Gespräch mit dem Detective, dem heiklen Tanz zwischen Übertreibung und Verschleierung. Und davon, wie Tom sich mit Jack Witkowski über Immobilien unterhalten hatte, während ihn das Messer in der Tasche juckte. Anna hörte ruhig zu und machte sich nach und nach ein Bild von den größeren Zusammenhängen: Der Star will Drogen kaufen und wird dabei überfallen. Es kommt zu einem Verrat, einem Mord. Die Verbrecher verstreuen sich in alle Himmelsrichtungen, und ein Mann bleibt mit der gesamten Beute zurück – ein Mann, der sich in einer ruhigen Gegend versteckt, in einer Erdgeschosswohnung am Lincoln Square. Um sie herum hatte sich eine richtige Tragödie abgespielt. »Hat der Typ im Anzug gesagt, wie viel Zeit wir haben?«
    »Nein. Aber bestimmt nicht viel. Wahrscheinlich sucht er schon nach uns.«
    »Glaubst du, er ist gefährlich?«
    »Ganz sicher.«
    »Schlimmer als Jack?«
    »Keine Ahnung. Aber ist das so wichtig?«
    »Nein, wahrscheinlich nicht.« Sie rieb sich die Schläfen. »Was machen wir jetzt?«
    »Wir gehen zur Polizei.«
    »Dann müssen wir ihnen alles sagen.«
    »Und?«
    »Wir müssten auf das Geld verzichten, Tom. Nicht nur auf das, was noch übrig ist, sondern auch auf das, was wir schon ausgegeben haben. Und wir müssten uns einen Anwalt suchen.« Da kam ihr ein überraschender Gedanke. »Und ich habe nicht mal mehr einen Job! Wie sollen wir das alles jemals bezahlen? Wir wären das Haus los.« Sie schüttelte den Kopf. »Es muss einen anderen Weg geben.«
    »Ich bin offen für Vorschläge.«
    Anna zögerte. Selbst wenn alles optimal lief, selbst wenn sie den Sturm heil überstanden, wenn die Polizei Jack und den Drogendealer schnappte und der Anwalt dafür sorgte, dass sie nicht im Gefängnis landeten – selbst dann würden sie ihre Chance verlieren, ein Kind zu bekommen. Die Zeit und die Schulden würden schon dafür sorgen. Nicht mal mehr adoptieren könnten sie – Anna hatte sich über das Verfahren informiert, sie wusste, wie streng die Kriterien waren. Die Dame von der Adoptionsagentur brauchte nur ein paar ungute Schwingungen wahrzunehmen, und schon war ein Paar disqualifiziert. Sie sah das Bewerbungsgespräch förmlich vor sich: Zugegeben, wir sind praktisch pleite. Und ja, wir haben das Geld unseres verstorbenen Untermieters entwendet. Okay, wir mussten das Haus verkaufen, um einen Anwalt zu engagieren, damit wir nicht als Schwerverbrecher verurteilt werden. Aber im Haushalt sind wir tipptopp. Den Rest können wir doch vernachlässigen, oder?
    Wenn sie zur Polizei gingen, setzten sie alles aufs Spiel. Wenn nicht, setzten sie ihr Leben aufs Spiel. »Ich kapier es einfach nicht«, sagte Anna. »Das ist doch alles Wahnsinn.«
    »Ich weiß.«
    »Und alles wegen einem blöden Zufall, wegen einer völlig unbedeutenden Kleinigkeit. Unser Mieter wollte sich eine Tasse Kaffee machen. Das war’s. Wenn er keine Lust auf Kaffee gehabt hätte, hätte es nicht gebrannt, und wir hätten das Geld nicht gefunden. Alles wäre anders gelaufen.«
    »Aber es hat gebrannt, und wir haben es gefunden. Und jetzt müssen wir damit klarkommen.«
    Die wichtigste Entscheidung ihres Lebens ließ sich auf eine Tasse Instantkaffee zurückführen. Es tat weh, nur daran zu denken. »Wir müssen doch nicht sofort bei der Polizei anrufen, oder?«
    Tom schüttelte den Kopf. »Aber bald. Je länger wir sie warten lassen, desto unfreundlicher werden sie reagieren.«
    »Was denkst du, was werden sie tun?«
    »Ich weiß nicht. Natürlich erst mal das Geld beschlagnahmen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie uns gleich einsperren. Schließlich sind wir keine Mörder.«
    »Werden sie uns beschützen?«
    Toms Antwort ließ lange auf sich warten. »Sie werden tun, was sie können.«
    Anna versuchte zu begreifen, was sich in der Wohnung abgespielt haben musste: Tom auf dem Boden, während Jack auf seiner Brust kniete und mit dieser riesigen Pistole auf das kostbare Gesicht ihres Mannes zielte. Sie erinnerte sich an den Schuss, von dem ihre Ohren noch eine halbe Stunde später klingelten – eine gewaltige Explosion aus Funken und Flammen. Einen Moment lang stellte sie sich vor, was so eine Kraft mit einem menschlichen Wesen

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