Im Bann Des Jaegers
in den dunklen Schatten der Gasse und wurde augenblicklich eins mit ihm. In Stille gehüllt und mit dem Messer in der Hand näherte er sich der Straße.
Es roch unverkennbar nach Tod. Schwaches Licht drang von der Straße aus dreißig Zentimeter weit in die Gasse. Er duckte sich und suchte mit seinen Blicken sorgfältig die dunkleren Schatten ab. Eine Leiche lag zusammengesackt direkt neben dem Gebäude, an der dunkelsten Stelle. Kane kauerte sich neben den Mann. Er hielt eine Schnellfeuerwaffe in der Hand, und sein Körper war noch warm. Sein Genick war gebrochen. Javier war auf einen Feind gestoßen und hatte ihn lautlos ausgeschaltet. Er hatte kein Funkgerät oder dergleichen, was hieß, dass er nicht Teil eines Wachtrupps war. Oder Javier hatte ihm das Gerät abgenommen.
Seufzend erhob sich Kane und trat an den äußersten Rand der Gasse, da er nur von dort aus das Gebäude auf der anderen Straßenseite sehen konnte. Durch Mauern in ein Gebäude zu blicken verlangte immer einen Tribut. Javier musste seinen Posten bezogen haben, um ihm Deckung zu geben. Kane wartete und zählte die Sekunden.
In jedem Hauseingang schienen Männer mit Waffen zu stehen, und sie patrouillierten auch auf den Dächern und dem langen Balkon im ersten Stockwerk. Sie waren in großer Zahl angerückt, und nur wenige Menschen wagten sich auf die Straße hinaus. An dem Ende der Straße, das der Wüste am nächsten war, entdeckte er einige Teens beim Messerwerfen. Sie versuchten, sich wie harte Kerle zu geben. Javier war deutlich unter ihnen zu erkennen. Er trat großspurig auf und gab sich lässig und selbstsicher, zeigte ihnen allen, wie es ging, und erteilte Ratschläge. Es schien unmöglich, dass er sich in eine Gruppe eingliedern konnte, die nach Fremden Ausschau hielt, doch Javier gelang das immer – und noch dazu vor aller Augen.
Es kann losgehen, Mann, sagte Javier mit ruhiger Stimme.
Kane zögerte nicht. Er hatte gelernt, sich in jeder gefährlichen Situation auf seine Teamgenossen zu verlassen. Er gestattete seinem Blick, die Gebäude zu durchdringen, nicht nur auf der Suche nach ihren Zielobjekten, sondern auch nach ihrer Informantin. In Wirklichkeit ging es bei dem Röntgenblick ausschließlich um Schall. Ultrabreitbandige Funkwellen drangen durch die Wände, um Bilder einzufangen, und erlaubten es Kane, durch die Mauern eines Gebäudes zu »blicken«. Kane konnte diese Wellen erzeugen, doch das kostete Energie – eine Menge Energie und Konzentration.
In der Wohnung im ersten Stock direkt gegenüber von ihnen entdeckte er zwei potenzielle Geiseln, beide weiblich. Sie schienen Rücken an Rücken an Stühle gefesselt zu sein, etwa drei Meter hinter der Außenmauer.
Das Paket ist im ersten Stock, dritte Wohnung von links. Zwei Frauen, genau wie unsere Informantin gesagt hat. Eine ist zusammengesackt, möglicherweise bewusstlos. Die kleinere ist auf der Hut.
Ein Wächter saß vor einem Fernsehgerät links von ihnen, und hinter der Tür saß ein zweiter draußen im Flur und spielte auf einem Game Boy.
Kane gab die Information an sämtliche Mitglieder des Teams weiter und skizzierte in Gedanken einen präzisen Lageplan für sie. Die Standorte der Wächter auf dem Dach kann ich nicht sehen, Ethan. Sie sind außerhalb meiner Sichtweite.
Macht nichts. Das war Ethan, kurz und bündig.
Kane suchte die kleine Wohnung im Erdgeschoss nach ihrer Informantin ab. Sie mussten sich absichern, dass sie keine Verräterin war und dass es sich nicht um eine ausgeklügelte Falle handelte, die dazu dienen sollte, Mitglieder des schwer fassbaren Schattengängerteams gefangen zu nehmen oder sie zu töten. Er holte mehrfach tief Atem, presste seine Augen fest zu und nahm bewusst die Schauer wahr, die seinen Körper durchliefen. Der Einsatz übersinnlicher Energien hatte immer seinen Preis, doch die Hervorbringung und Deutung von Schallwellen war ganz besonders schwierig.
Er sandte die Druckwellen direkt zu dem kleinen Apartment. Er hatte monatelang üben müssen, ehe er die unterschiedlichen Eindrücke interpretieren konnte, die durch die Entfernung entstanden, die die Schallwellen zurücklegen mussten. Der Schall breitete sich in sich wiederholenden Mustern aus, die es den Sensoren, die Dr. Whitney in seinen Körper eingebaut hatte, erlaubten, reflektierte Wellen zu entdecken.
Kane konnte eine Frau sehen, die allein in der Wohnung war. Sie war klein, trug Jeans und ein weites Oberteil und bewegte sich mit bewusst gedrosselter Geschwindigkeit,
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