Im Bann Des Jaegers
1.
Ein einsamer Kojote trabte durch die Wüste am Rande der Stadt. Kühn schlich er sich nah an die Abfälle heran, die dort, wo der Sand endete, verstreut waren. Die Nacht war kühl, doch der Sand war noch warm von der heißen Sonne des Tages. Mit der Nase am Boden tappte er voran und beschnupperte die Rückseite eines langen Gebäudes, bis er zu einer schmalen Gasse kam. Jemand hustete, und eine Flasche wurde an der Seitenwand des Gebäudes zerschmettert. Der Kojote machte schleunigst kehrt und rannte fort. Auf ihn war schon oft geschossen worden, wenn er genau diesen Gebäuden zu nahe gekommen war, doch zu fressen gab es dort im Allgemeinen reichlich. Dennoch wollte er kein Risiko eingehen, und schon gar nicht, wenn so spät am Abend so viele Männer umherliefen.
Widerstrebend ließ der Kojote das Festmahl hinter sich, zog sich zu einem Geröllhaufen zurück, kauerte sich hin und wartete darauf, dass sich die Lage ein wenig beruhigte, bevor er einen weiteren Versuch unternahm. In der fernen Wüste hörte er ein gedämpftes Geräusch, wie das Schlagen großer Flügel. Langsam wandte er den Kopf zum Himmel und drängte sich dichter an die Steine.
Der Hubschrauber flog auffallend tief und kam schnell näher, ohne Lichter und in gespenstischer Stille. Seile fielen aus den offenen Türen, und fünf Männer ließen sich schnell daran hinunter und begannen mit geschmeidigen, höchst koordinierten Bewegungen in unerhörtem Tempo durch die Wüste zu sprinten. Sekunden später war der Hubschrauber verschwunden, und der Kojote erhob sich schleunigst, um fortzurennen, als die Männer, die alle kaum mehr als Schatten waren, auf ihn zugerast kamen. Kein Laut war zu hören, noch nicht einmal der dumpfe Aufprall der Stiefel auf dem Sand. Der Wind trug ihre Gerüche, und als sie näher kamen, gewannen ihre Körper klarere Umrisse und wirkten dennoch wie ein einziges dunkles Wesen mit zehn glühenden Augen.
Der Kojote machte ein paar Schritte in die eine Richtung und dann – als sich die Gestalten voneinander lösten und, perfekt aufeinander abgestimmt und in einem Abstand von nicht mehr als je einem guten halben Meter voneinander, weiterrannten – einen Schritt in die andere, drehte sich mit eingezogenem Schwanz im Kreis und blieb dann verwirrt stehen. Die Männer rauschten vorüber wie der Wind, zögerten keinen Moment lang, und doch glitten diese seltsam blitzenden Augen über das Tier, das dort kauerte, und sahen es offensichtlich, obwohl es im tieferen Schatten des Gerölls verborgen war.
Javier, jetzt bist du dran. Sieh dich einfach nur um. Hast du gehört, was ich sage? Umsehen sollst du dich. Noch stirbt keiner. Mack McKinley, der Anführer von Schattengängerteam Drei, sandte seinen ersten Mann ins Gefahrengebiet. Die einzigartige Einheit von Schattengängern, die er anführte, brauchte keine Funkgeräte. Sie waren alle Telepathen.
Ich bin gekränkt, Boss. Gelächter erklang in Macks Kopf. Wie kommst du bloß auf den Gedanken, jemand könnte sterben?
Mack warf Javier zur Warnung einen strengen Blick zu. Javier konnte mühelos im Dunkeln sehen, auch wenn er sich entschloss, nicht hinzuschauen. Mit seinen dunklen Augen und seinem unschuldigen, knabenhaften Gesicht sah er aus wie ein großer Junge, und das war einer seiner größten Vorteile. Er wurde grundsätzlich von allen unterschätzt, das heißt von denen, die ihn überhaupt jemals zu sehen bekamen.
Der Häuserkampf war eine unvergleichliche Kunst. In einer »heißen« Gefahrenzone konnte jeder Bürger potentiell unschuldig sein – oder ein Feind. Für Situationen mit einem so hohen Stressfaktor waren ganz besondere Männer und Frauen mit Nerven wie Drahtseilen erforderlich, denn die brauchten sie, um unter diesen Bedingungen zu funktionieren. Macks Schattengängereinheit setzte sich aus solchen Individuen zusammen, alle bestens ausgebildet und im Besitz ganz besonderer übersinnlicher Gaben, die sie einmalig machten.
Wenige Meter von dem ersten Gebäude am Stadtrand ließen sich Mack und die anderen flach auf den Bauch fallen und verschwanden im Sand. Javier Enderman sprintete mit grenzenloser Selbstsicherheit direkt auf das erste Gebäude zu und in die Gasse. Als er sich den Gebäuden näherte, verschmolz seine zuvor klar umrissene Gestalt vollständig mit seiner Umgebung.
Ich glaube, unsere Informantin hatte einen guten Riecher. Wir haben es hier mit einer größeren Kampfeinheit zu tun, Mack, berichtete Javier. Scharfschützen auf dem Dach, in den
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