Im Blut vereint
wieder und nahm Kates Hand. »Ich konnte keinen Puls fühlen.« Ihre Finger lagen schlaff in seiner Hand. Er wollte sie nie mehr loslassen.
»Ihr Blutdruck war zu niedrig«, sagte die Frau, während sie Kate einen Druckverband am Bein anlegte. »Sie hat eine Menge Blut verloren. Dazu ein Schädeltrauma und ein ziemlich übler Armbruch. Sie ist noch nicht über den Berg.«
Ihr Kollege überprüfte Kates Puls und Atemwege. »Augenbewegung bei Geräuschen. Reagiert auf Schmerz. Sprachäußerungen unverständlich.« Er legte einen Zugang.
Ethan nahm Kates andere Hand. Sie war noch warm. Sie würde warm bleiben.
Kate lebte.
Die Sanitäter hoben sie vorsichtig auf die Trage. Ethan begleitete sie zum Rettungswagen und hielt Kates Hand, bis die Sanitäter sie in den Wagen hoben. Der Rettungswagen fuhr los. Das Heulen der Sirenen hätte beinahe das Klingeln von Ethans Handy übertönt.
Ethan griff hastig danach. Eigentlich war er nicht in der Stimmung, mit irgendjemandem zu sprechen, aber diese Nummer kannten nur seine Kollegen und Kate.
»Detective Drake?« Die Stimme am anderen Ende der Leitung trieb Ethans Puls in die Höhe. »Hier ist Randall Barrett.«
»Wie zum Teufel kommen Sie an diese Nummer?« Seine Angst war verflogen, und zurück blieb eine brennende Wut auf all die Menschen, die Kate in diese Situation gebracht hatten. Randall Barrett stand da ganz oben auf der Liste.
»Wie geht es Kate?« Es klang so besorgt, dass Ethan seine Wut kurz vergaß.
»Sie ist schwer verletzt, aber sie lebt. Sie wird gerade ins Krankenhaus gebracht.«
»Was ist mit Lyons?«
»Unsere Leute sind im Gebäude. Wir wissen bald mehr.«
»Hören Sie, ich sitze vorn an der Kreuzung fest. Die Polizisten lassen mich nicht näher ran. Können Sie ihnen sagen, dass sie mich durchlassen sollen?«
»Barrett, Zivilisten haben hier nichts zu suchen. Bleiben Sie, wo Sie sind. Wenn John Lyons nicht im Gebäude ist, sage ich Ihnen Bescheid. Nehmen Sie auf keinen Fall Kontakt zu ihm auf. Falls er sich meldet, rufen Sie die Polizei.«
»Ich bin nicht dumm.« Man hörte ihm seinen Ärger an.
Ethan lächelte bitter. Randall Barrett war es gewohnt, die Dinge im Griff zu haben und selbst zu bestimmen, wo es langging. Wann würde er wohl begreifen, dass er bei Mordermittlungen fehl am Platz war?
»Ich muss los«, sagte Ethan. »Ich melde mich.«
Sie beide wussten, was ungesagt blieb: »Aber verlassen Sie sich lieber nicht drauf.«
57
Samstag, 19. Mai, 20:00 Uhr
Als Ethan beim Krankenhaus ankam, war es dunkel. Schon vor einer Stunde waren die Schatten indigoblau geworden, und der Himmel hatte sich verdunkelt. Hoffentlich hatte der Geschenkeladen noch geöffnet.
Er war geschlossen. Verdammt. Also heute Abend keine Blumen mehr. Morgen würde er ihr hundert Tulpen schicken, ihre Lieblingsblumen. Er dachte an Dr. Clare. An die Tulpen, die den Weg zu ihrem Haus säumten. Ein überschwänglicher Willkommensgruß an den Frühling, die Jahreszeit der Wiedergeburt. Für Dr. Clare war es jedoch eine Zeit der Trauer und des Verlustes. Ihr Mann würde in den nächsten Wochen sterben. Ihre Kinder würden sich später wahrscheinlich kaum an ihn erinnern.
Ethan eilte zum Fahrstuhl und drückte auf den Knopf für die Orthopädische Station. Er ließ die Hand in die Jackentasche gleiten; dann zögerte er einen Moment.
Scheiß drauf.
Er schaltete das Mobiltelefon aus. Es kümmerte ihn nicht, dass er damit seine oberste Regel brach.
Er war noch immer fassungslos angesichts der Betrügereien, die sein Team rund um
TransTissue
aufgedeckt hatte. Und es beschämte ihn, dass Kate ihm nicht genug vertraut hatte, um ihm von ihrem Verdacht zu erzählen. Er hatte versagt. Als ihr Geliebter, als ihr Freund und als Cop.
Auf der Orthopädischen Station meldete er sich bei der Stationssekretärin. Anders als bei seinem letzten Besuch im GH 2 nannte sie ihm augenblicklich Kates Zimmernummer. Während er den Flur entlangging, hämmerte sein Herz vor Freude. Gleich würde er Kate sehen. Sie berühren. Sie hoffentlich umarmen dürfen.
Ihre Zimmertür stand halb offen. Drinnen waren keine Stimmen zu hören. Leise klopfte er an.
»Herein«, sagte sie mit schläfriger Stimme. Sie lag im Bett, neben ihr ein Stapel Zeitungen, ungelesen. Auf dem Nachttisch stand ein großer Strauß Lilien und Rosen.
Als sie ihn sah, weiteten sich ihre Augen. Ihr Gesicht sah übel aus, die eine Wange verfärbt und geschwollen, dazu ein blaues Auge und ein Verband um den Kopf. Von ihrer Brust
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