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Im Dienst ihrer Majestat

Titel: Im Dienst ihrer Majestat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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gehabt. Jetzt hatte er alles durch sein romantisches Verhalten und seinen Leichtsinn verloren. Na gut, er hatte ja unbedingt eine denkwürdige Nacht erleben wollen! Die eine Hälfte war vorbei. Was würde die andere bringen?
    Das Mädchen saß allein bei einer halben Flasche Wein und starrte vor sich hin. Sie blickte kaum auf, als Bond sich neben sie setzte und sagte: »Tut mir leid, wir haben wieder verloren. Ich habe versucht, die zwanzigtausend zurückzugewinnen. Aber dieses Monstrum zog nach der Null eine Neun. Ich hatte nur eine Fünf.«
    Sie erklärte gelangweilt: »Sie hätten eben noch eine Karte nehmen sollen. Bei einer Fünf mache ich das immer.« Sie sah ihn fragend an: »Warum haben Sie mich eigentlich gerettet, als ich den >Coup du deshonneur< machte?«
    Bond zuckte die Achseln. »Hübsches Mädchen in Not! Außerdem haben wir uns doch heute abend zwischen Abbeville und Montreuil angefreundet. Sie fahren wirklich wie der Teufel.« Er lächelte. »Sie hätten mich aber nicht überholt, wenn ich aufgepaßt hätte. Ich hatte ungefähr 140 drauf und dachte an etwas anderes.«
    Das hatte Erfolg. Sie wurde plötzlich lebhaft. »Ich hätte Sie in den Ortschaften überholt. Außerdem«, ihre Stimme klang bitter, »außerdem würde ich Sie jederzeit schlagen. Sie wollen ja am Leben bleiben!«
    Du lieber Gott, dachte Bond. Eine von denen. Ein Mädchen mit einem oder sogar zwei gebrochenen Flügeln! Er überging die Bemerkung. »Mein Name ist James Bond. Bleiben Sie bitte am Leben, wenigstens noch heute nacht!«
    Sie musterte ihn ernst und abschätzend. Dann sagte sie: »Ich heiße Tracy. Das ist kürzer als all die Namen, die Ihnen der Geschäftsführer im Hotel angegeben hat. Teresa war eine Heilige. Ich bin keine! Der Geschäftsführer ist vielleicht ein Romantiker. Er hat mir erzählt, daß Sie sich nach mir erkundigt haben. Wollen wir nicht lieber gehen? Ich bin nicht an Konversation interessiert. Und Sie haben schließlich eine Belohnung verdient.«
    Abrupt stand sie auf. Auch Bond erhob sich; er war verwirrt. »Nein, ich gehe allein«, sagte sie. »Sie können später nachkommen. Zimmernummer fünfundvierzig. Dort können Sie, wenn Sie Lust haben, die teuerste Liebesnacht Ihres Lebens verbringen. Für vierzigtausend Francs! Hoffentlich ist sie das auch wert!«
    4
    Sie wartete im großen Doppelbett, nur mit einem Laken zugedeckt. Das blonde Haar lag ausgebreitet auf dem Kissen, und die blauen Augen strahlten eine Leidenschaft aus, die Bond überraschte. Er verschloß die Tür, setzte sich auf den Bettrand und legte eine Hand fest auf ihre linke Brust, die sich als kleiner, runder Hügel unter dem Leintuch abzeichnete. »Jetzt hören Sie mal, Tracy«, begann er. Er wollte mehr über diese eigenartige Frau erfahren, die Riesensummen ohne Geld setzte, wie eine Selbstmordkandidatin chauffierte und durchblicken ließ, daß sie das Leben satt hatte.
    Doch sie verschloß ihm sofort den Mund. »Keine Konversation, habe ich gesagt! Ziehen Sie sich aus, lieben Sie mich! Sie sind schön und kräftig. Tun Sie alles, was Sie wollen. Sagen Sie mir, was Ihnen Spaß macht und was Sie von mir erwarten. Seien Sie grob mit mir, behandeln Sie mich wie die letzte Hure. Vergessen Sie alles andere! Nehmen Sie mich!«
    Eine Stunde später verließ Bond das Bett, ohne sie zu wecken, und ging in sein Zimmer zurück. Er duschte, schlüpfte zwischen die frischen, kühlen Laken und schaltete alle Gedanken an Tracy aus. Das einzige, woran er sich vor dem Einschlafen erinnerte, waren ihre Worte, nachdem alles vorüber war: »Es war himmlisch, James! Komm doch bitte zurück, wenn du aufwachst. Ich muß es noch einmal haben!« Dann hatte sie sich umgedreht und war eingeschlafen. Aber er hatte noch gehört, daß sie leise weinte.
    Um acht weckte er sie, und es war das gleiche umwerfende Erlebnis. Doch er hatte das Gefühl, daß sie ihn diesmal zärtlicher umarmte, daß sie ihn nicht nur mit Leidenschaft, sondern auch mit echter Zuneigung küßte. Als er aber danach Pläne für den Tag zu machen begann, wich sie zunächst aus. Und als er sie drängte, wurde sie ausfallend.
    »Scher dich zum Teufel! Du hast gehabt, was du wolltest. Jetzt mach, daß du rauskommst!«
    »Hast du’s denn nicht auch gewollt?«
    »Nein! Du bist ein miserabler Liebhaber! Raus!«
    Bond erkannte, daß sie am Rand der Hysterie war, völlig verzweifelt. Langsam zog er sich an und wartete darauf, daß sie in Tränen ausbrach. Doch sie weinte nicht. Das war schlimm!

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