Im Dunkel der Nacht (German Edition)
hatte – die Klinik und all die Menschen, denen sie half. Das Vermächtnis ihrer Feigheit hatte sich als ziemlich nützlich erwiesen.
Es war das Wenigste, was sie tun konnte, um jene Dinge wiedergutzumachen, die sie unterlassen hatte, jene Dinge, die sie nicht verhindert hatte und die sie noch immer in ihren Träumen verfolgten. Dinge, die sie keuchend und schweißgebadet aus dem Schlaf aufschrecken ließen und ihr Herz zum Rasen brachten. Es machte die Taten, die sie begangen und gesehen hatte, nicht vergessen, aber es half, ein gewisses Gleichgewicht zu schaffen. Zumindest hoffte und betete sie, dass es so war.
Sie hoffte auch, dass es weitere Untaten verhindern würde. Manchen Menschen sollte es niemals erlaubt sein, Macht über andere zu haben. Es brachte ihre wahre Natur zum Vorschein, eine Natur, die nicht immer schön war. Oft war sie rau und brutal.
»Ruhe in Frieden, Max«, flüsterte sie. »Ruhe endlich in Frieden.«
2
Oh, Freude über Freude. Polizisten um sieben Uhr abends auf ihrer Türschwelle. Sie standen im Licht der Verandabeleuchtung und der kleinen Kürbislämpchen, die sie aufgehängt hatte.
Veronica wusste, dass die beiden Männer Polizisten waren, auch ohne ihre Ausweise oder Pistolen zu sehen. Die Schultern waren einfach ein bisschen zu breit. Der Kiefer ein bisschen zu dominant. Ihr Verhalten ein bisschen zu wachsam. Davon hatte sie in der Notaufnahme genug gesehen.
Auch abseits der Arbeit hatte sie genug Bekanntschaft damit gemacht. Sie war mit einem oder zwei Polizisten ausgegangen, aber nicht mehr. Sie und Tina hatten ihnen entsagt. Es war so ähnlich, wie auf Süßigkeiten oder Weißmehl zu verzichten. Am Anfang fühlt man sich beraubt und ein wenig verzweifelt, doch man weiß, dass man sich letztlich besser fühlen wird.
Dennoch gab es da natürlich die Zeit, die sie wegen ihres Vaters mit Polizisten verbrachte. Schließlich hatte man nicht wirklich gelebt, ohne seine Eigentumswohnung als Sicherheit für die Kaution seines Vaters zu hinterlegen. Und bei diesem Besuch ging es vermutlich auch um ihren guten alten Dad.
Was hatte er diesmal wieder angestellt? Neunzehn Uhr war etwas früh für eine Schlägerei. Normalerweise ließ er seine Fäuste nicht vor zehn Uhr abends fliegen – so konnte man sie besser auf der Arbeit belästigen. Für Trunkenheit am Steuer war es allerdings nicht zu früh. Dad glühte gelegentlich zu Hause vor, ehe er seine Reise durch die Bars antrat. So sparte er Geld.
Was immer es auch war, sie würde sich diesmal nicht hineinziehen lassen. Sie würde eisern bleiben. Sie hatte genug. Sie hatte ihn gewarnt und gewarnt und gewarnt. Nun reichte es. Sie würde einen Schlussstrich ziehen.
Der kleine, dunkelhaarige Polizist, der wie ein schwermütiger Dachshund aussah, schnüffelte an ihrem Eingangsbereich herum, als ob plötzlich fliegende Affen aus ihrer Halloween-Dekoration aufsteigen könnten. Der größere von beiden war weniger nervös. Vielleicht hatte er sich schon im Fitness-Studio abreagiert, wo er offensichtlich eine Menge Zeit verbrachte. Der Große klingelte erneut. Sollte sie besser so tun, als ob sie nicht zu Hause wäre?
Er läutete ein drittes Mal. Was für ein hartnäckiger Mistkerl. Veronica öffnete die Tür. »Kann ich Ihnen helfen?« Sie zog ihren Pullover enger um sich und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Veronica Osborne?«, fragte der Kleine.
Sie nickte. »Die bin ich.«
»Dürfen wir reinkommen?«
Sie holte tief Luft. »Hören Sie, ich weiß nicht, was er diesmal angestellt hat, und es ist mir auch egal. Er ist ein erwachsener Mann. Er kann sich selbst um seine Probleme kümmern. Ich helfe ihm nicht aus der Patsche.«
Beide Männer sahen sich ahnungslos an. »Was denken Sie, wegen wem wir hier sind?«, fragte der Große.
Sollte sie sich geirrt haben? Sie kannte diesen scheinbar ahnungslosen Blick. Sie hatte etwas Unerwartetes gesagt, und sie würden nicht reagieren, ehe sie wüssten, worum es geht. Typisches Polizisten-Gehabe: die Situation analysieren, Informationen zurückhalten.
»Wegen meines Vaters. George Osborne. Geht es denn nicht um ihn?«
»Nein«, sagte der Große. »Wir sind hinsichtlich Ihres Bruders hier, Max Shelden.«
»Max?« Sie keuchte und trat einen Schritt zurück. »Wenn es um Max geht, sollten Sie wohl besser reinkommen.«
Zach sah sich im Wohnzimmer um. Würde auch nur eines dieser Möbelstücke sein Gewicht tragen? Sie bestanden allesamt aus diesem gewobenen Korbmaterial, das für ihn nur auf
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