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Im Dutzend phantastischer

Im Dutzend phantastischer

Titel: Im Dutzend phantastischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Rensmann
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kindlichen Jahren oft verglichen worden war. Jede Neuauflage seiner Bücher kaufte ich und studierte sein Werk, bis ich in seinen Erzählungen ein System entdeckte und damit eine Karte entwarf, die mich zu Arkham brachte – dem Ort, der nur für diejenigen fiktiv blieb, denen es nicht gelang, zwischen den Zeilen zu lesen. Doch ich wollte mehr und nahm, nach Rücksprache mit meinen Eltern, die ich nicht verletzen wollte, seinen Nachnamen an. Nur wenige Jahre später starben meine Eltern, und nach einer sechswöchigen Trauerzeit erfüllte mich Stolz, der einzige noch lebende Nachfahre Lovecrafts zu sein.
    Juliana hatte sich immer geweigert, mir ein Kind zu schenken. Vielleicht gelang es mir, meinem Opa – und somit auch mir selbst – ein Denkmal zu setzen – eines, das es in dieser Form noch nie zuvor irgendwo auf der Welt gegeben hat.
    Vorsichtig griff ich in die Innentasche seines Jacketts und zog einen Kamm heraus, mit dem ich die Haare meines Großvaters ordentlich zur Seite strich.
    »So siehst du besser aus. Was machst du immer, wenn ich nicht da bin, Opa?« Zärtlich strich ich ihm über die Wange. Bevor ich den Kamm zurücksteckte, ordnete ich meine Frisur, die ich – angesichts des bevorstehenden Ereignisses – der meines Großvaters angepasst hatte.
    Die Eingangshalle maß gut 20 Quadratmeter. An dem weiß gestrichenen Mauerwerk hingen ordentlich nebeneinander gereiht Schaukästen, in denen seltene Buchausgaben auslagen. Auch Lovecrafts erster Füllfederhalter, Briefe, die er später geschrieben hatte, seine Schreibtischunterlage, der schwarze Lieblingsbinder, den Sonia ihm stets akkurat um den Hals geschnürt hatte, eine Brille, die er nur selten getragen hatte und ähnliche Utensilien durften betrachtet, jedoch nicht berührt werden.
    Heute war ein besonderer Tag, und darum überzeugte ich mich noch einmal davon, dass sich alles an dem von mir zugewiesenen Platz befand. Meine Schritte hallten dumpf von dem gewachsten Holzboden zurück, als ich in den ersten Raum rechts neben mir trat. Die einzelnen Räume besaßen die Größe einer kleinen Wohnung, dieser hier maß rund 45 Quadratmeter. Vor einer Woche hingen noch überall Schilder, die den Besucher darauf hinwiesen, was sie in den einzelnen Räumen erwartete, doch ich hatte sie entfernt. Jede Wachsfigur stellte eine Überraschung dar:
    Links, direkt neben dem Eingang stand Robert Bloch so lebensecht, dass ich jedes Mal einen Schreck bekam, wenn ich ihn sah. In seiner rechten Hand hielt er ein Messer erhoben, gerichtet auf einen Duschvorhang, hinter dem sich ein weiblicher, wohlgeformter Schatten abzeichnete, der Juliana mehr als ähnelte. Ich lächelte. Sie würde es nie sehen.
    Vor der Fensterreihe, mehrere Meter weiter, lehnte an der Bar (an der ich gestern Abend noch mit Smith und seinen Leuten getrunken hatte) Robert E. Howard. Unverkennbar mit dem leicht düster-melancholischen Blick und seinem Stetson, den er nicht einmal zum Sex abnahm – hatte meine Oma erzählt. Selbstmord beging er, hatte die offizielle Mitteilung gelautet. Hier durfte er weiter leben, wenn auch in eingeschränkter Form. Ich nickte ihm freundlich zu. Woodburn Harris studierte zwei der siebzig Seiten in den Händen – ein Brief, den mein Opa ihm einst schrieb. Die restlichen Blätter bedeckten seine Schuhe. Daneben hockte Paul Cook an seinem Schreibtisch. Auf der rechten Seite saßen an einem Spieltisch weitere Freunde von Opa, die er aus New York kannte. Sie nippten scheinbar an ihren Whiskygläsern oder hielten Karten in der Hand.
    Auf einer Tafel neben dem Eingang jedes Raumes erhielt der Besucher Auskunft über die einzelnen Personen: persönliche Daten, Beruf, Familie – und in welcher Beziehung sie zu meinem Opa gestanden hatten.
    In wenigen Tagen, am 20. August – dem Geburtstag meines Großvaters – sollte die Eröffnung des Lovecraftschen Vermächtnisses stattfinden.
    Hier schien alles in Ordnung.
    Ich wandte mich dem nächsten Raum zu und betrat das Familienzimmer. Als Erstes traf ich auf meine Uroma Sarah Susan Philips Lovecraft und meinen Uropa Winfield Scott Lovecraft, denen ich es auf ihrem eigenen Sofa bequem gemacht hatte. Ich betrachtete sie mit gerunzelter Stirn. Hatte sich ihre Miene verändert? Ich schüttelte den Kopf. Unmöglich! Ich musste mich irren.
    Mein Ururgroßvater Whipple Van Buren Philips saß auf einem Schemel, zu beiden Seiten flankierten die Tanten meines Opas, bei denen er gelebt hatte: Lillian D. Clark und Annie E. Philipps

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