Im Herzen der Wildnis - Roman
erst dann perfekt, wenn ich mich mit Tom geeinigt habe. Ich will wissen, worauf ich mich einlasse, wenn ich seinen Sohn heirate. Und ich will, dass er weiß, dass ich nicht Mrs Rob Conroy werde, sondern Mrs Shannon Tyrell Conroy bleibe. Wenn Rob das nicht akzeptiert, kann er sich die Reise nach San Francisco sparen.«
Caitlin atmete tief durch. »Du hast dich verändert.« Sie nahm einen versiegelten Umschlag von ihrem Schreibtisch. »Weißt du, was das ist?«
Sie nickte langsam. »Das Testament meines Vaters?«
Caitlin zerriss das Dokument in kleine Schnipsel. »Mein Unternehmen erbt, wer sich dessen als würdig erweist. Es kann nur einen Erben geben. Und das muss nicht dein Bruder Colin sein, nur weil er in Alaska das Unternehmen vertritt. Aidan kann die Leitung nicht übernehmen. Er sitzt wegen Hochverrats auf Alcatraz. Und dein Cousin Eoghan kann auch nicht erben. Er soll für den Senat kandidieren. Er wird in Sacramento und Washington sein.«
»Sie haben Skip nicht erwähnt.«
»Er verdient keine Erwähnung. Skip nimmt Opium.«
»Das Opium, das Sie illegal importieren?«
Caitlin schnaubte verächtlich. »Skip wird nicht erben, nicht einen Dollar. Wie gesagt: Es kann nur einen Erben geben. Und es ist mir gleichgültig, ob dieser Erbe ein Mann oder eine Frau ist.«
»Verstehe.«
»Tust du das?«
»Aber ja.« Nach all den Jahren war sie nach Hause zurückgekehrt, um ein neues Leben zu beginnen, und Stunden nach ihrer Ankunft musste sie feststellen, dass ihre Großmutter im Begriff war, ihre hart erkämpfte Freiheit meistbietend zu versteigern. »Ich soll Rob heiraten …«
»Er ist eine glänzende Partie. Auch wenn er ein Aussie ist.«
»… und ich soll eine Fusion mit Conroy Enterprises vorbereiten …«
»Ganz recht.«
»… und wie meine Brüder und Cousins soll ich den Ruhm und das Ansehen der Familie mehren und Ihnen, Ma’am, zu noch mehr Macht verhelfen.«
»Ich denke, ich werde der Stanford University dieses Jahr eine großzügige Spende zukommen lassen. Jane Stanford hat wirklich gute Arbeit geleistet, als sie dich unter ihre Fittiche nahm. Sie hat aus dir eine präsentable Erscheinung gemacht. Vernunftbegabt und selbstbewusst. Ich bin stolz auf dich.«
Shannon ließ sich die Überraschung nicht anmerken. »Und nach der Fusion mit Conroy Enterprises? Die endgültige Vernichtung der Brandon Corporation?« Sie drückte ihre Zigarette aus. Dann schlug sie die Beine lässig übereinander. Den missbilligenden Blick ihrer Großmutter ignorierte sie.
»Glaubst du, fünfzigtausend Dollar wären angemessen?«
»Und dann, Ma’am? Wollen Sie Alaska kaufen? Der russische Zar hat Alaska für 7,2 Millionen Dollar an die USA verkauft. Das war 1867, und der Marktwert ist seit dem Goldrausch am Yukon gestiegen. Präsident McKinley und sein designierter Vizepräsident Roosevelt werden Ihnen bei dieser Gelegenheit sicherlich die Philippinen aufschwatzen. Teddy träumt von einem amerikanischen Pazifik mit amerikanischen Inseln und einer amerikanischen Flotte, die die amerikanischen Interessen schützt. Dafür wird er die Monopolkontrolle für Trusts nicht auf Tyrell & Sons anwenden, sondern sich auf J. P. Morgans Bankhaus stürzen, das Eisenbahnlinien sammelt wie andere Leute Postkarten aus aller Welt.«
»Ich denke, hunderttausend wären als Spende angemessen. Was meinst du, Shannon?«
»Sie fragen mich allen Ernstes nach meiner Meinung?«
Caitlin lehnte sich zurück, stützte ihre Ellbogen auf die Armlehnen und faltete die Hände. »Ja.«
»Die Verhandlungen mit Tom Conroy führe ich«, beharrte Shannon.
»Was seinen Sohn betrifft, von mir aus. Solange du deine romantischen Ideale vergisst und dich auf selbstlose Tugenden wie Ehre, Pflicht, Verantwortung und Einsatz für das Unternehmen besinnst, das dir deinen Lebensstandard sichert. Was die Unternehmen betrifft, treffe ich die Entscheidungen.«
Caitlin war es gewohnt, in familiären wie politischen Angelegenheiten allein zu entscheiden. Ihr letzter Ehemann, Geoffrey Tyrell, war ganz und gar von ihr abhängig gewesen, nicht nur in finanzieller Hinsicht. Auch ihre Söhne hatten ihre Autorität niemals in Frage gestellt und keinen Widerstand gegen ihr Regime gewagt. Shannons Vater war ein pflichtbewusster und integrer Gentleman gewesen, der seiner Mutter bis zur Selbstverleugnung gehorcht hatte. Unter großen persönlichen Opfern, wie seiner gescheiterten Ehe mit Alannah O’Hara, hatte er sich für das Unternehmen eingesetzt. Doch zu solchen
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