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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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waren dazu ausersehen, die politische wie militärische Führung Schwedens zu zerschlagen.
    In den Stabskompanien wurden keine Uniformen getragen, es sei denn schwedische. Die Männer traten in Zivilkleidung auf, und es war ihnen verboten, sich gefangennehmen zu lassen oder Gefangene zu machen.
    Die Bedeutung dieses letzten Prinzips erforderte einiges Nachdenken. Sie waren unter anderem also angewiesen, verwundete Kameraden zu töten, wenn diese nicht transportfähig waren.
    In den drei Stationen Apraksin, Bodisko und Tschitschagow befanden sich ausschließlich Männer aus den Stabskompanien der Spetsnaz-Brigade.
    Zusammenfassend ließ sich also sagen, daß der größte Teil der unbekannten Unterwasseraktivität auf schwedischem Territorium in den letzten Jahren ausschließlich der Ausbildung mehrerer Generationen dieser Spezialisten gedient hatte. Diese Männer konnten zu jedem beliebigen Zeitpunkt in operative Funktion gesetzt werden.
    In dem Carl-Erik Halldén vorliegenden Bericht wurde angedeutet, daß die beiden anderen Stationen ebenso tief auf schwedischem Territorium lagen wie die Position im Trälhavet nördlich von Vaxholm, die sie jetzt kannten.
    Und dorthin war HMS Sjöbjörnen mit einer vollkommen unwissenden Besatzung unterwegs.
    Sie mußten sich absolute Gewißheit verschaffen.
    Wir müssen es wissen, wir müssen es wissen, wiederholte Carl-Erik Halldén leise, als er die Papiere auf dem Schreibtisch zu einem Stapel zusammenschob.
    Er stand auf und trat ans Fenster. Jetzt mußte er, vor der Begegnung mit dem Oberbefehlshaber, einen Standpunkt formulieren. Das war unwiderruflich. In einer halben Stunde mußte er wissen, wie er in dieser Sache stand.
    Draußen fiel Schneeregen. Es war die trübe, matschige Jahreszeit. Es war überdies der Anfang der Periode, in der die Frühjahrsflut die Ostsee mit süßem Schmelzwasser füllt, so daß verschiedene Wasserschichten mit verschiedenen Temperaturen und unterschiedlichem Salzgehalt durcheinanderströmten, was es fast unmöglich macht, U-Boote zu orten.
    Carl-Erik Halldén spürte so etwas wie Angst, obwohl es ihm schwerfiel, sich das einzugestehen. Es ging um eine kleine und eine große Sache, obwohl die Entwicklung der Dinge schlimmstenfalls alle Logik dieser Art auf den Kopf stellen konnte.
    Halldén hatte den Flottillenchef von Berga persönlich zu sich gerufen, um den U-Boot-Transport zu arrangieren. Er hatte sich persönlich dafür verbürgt, daß es sich um ein risikoloses Unternehmen handle, das gleichwohl streng geheim und von größter Bedeutung sei. Ohne sich näher zu erklären. Sie waren vor langer Zeit einmal Kameraden auf der Seekriegsschule gewesen. Sie waren sogar recht enge Freunde geworden. Selbstverständlich hatte den alten Kurskameraden der Mangel an Vertrauen verblüfft. Doch das war nicht zu ändern.
    Ein Test hochkomplizierter Aufklärungsmethoden, nichts anderes. Das war zwar durchsichtig, aber das Beste, was Halldén eingefallen war.
    Wenn alles eine Art Falle war, hatte er möglicherweise ein ganzes schwedisches Schiff aufs Spiel gesetzt, und das überdies durch Erteilung unzweideutiger, aber geheimer Befehle auf höchst unkonventionelle Weise. In etwas mehr als elf Stunden würde man Bescheid wissen. Noch elf Stunden bis zu einem Triumph oder einem Fiasko. Aber sie mußten sich Gewißheit verschaffen.
    Möglicherweise schlimmer war, daß seine alte, eingefleischte Überzeugung - strategische Überzeugung - ins Wanken geraten war. Während seiner gesamten militärischen Laufbahn war er ein Anhänger der schwedischen Verteidigungsdoktrin gewesen.
    Schweden sollte sich erst dann in kriegerische Handlungen verwickeln lassen, wenn draußen in der Welt die große Unruhe herrschte, Krieg oder Kriegszustand. Schwedens Streitkräfte waren dazu da, vor Invasionsversuchen abzuschrecken. Schweden würde bei der großen Entscheidung zwar nicht das wichtigste kleine Land der Welt sein, aber der Preis eines Angriffs mußte abschreckend hoch sein.
    Ein separater Krieg zwischen Schweden und der Sowjetunion war undenkbar. Derlei gehörte ins 18. oder allenfalls an den Beginn des 19. Jahrhunderts.
    Das Vorhandensein von Diversionsverbänden, über die in den letzten Jahren in der einschlägigen Literatur so viel geschrieben worden war, beeinflußte dieses Bild keineswegs. Diese Spetsnaz-Verbände konnten natürlich allerlei Unheil anrichten, das war dem Generalstab in Schweden schon immer klar gewesen. Aber da war man noch immer von der Möglichkeit

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