Im Interesse der Nation
Grundgesetz geschützt?« fragte Carl schließlich. Ponti nickte.
»Gut«, fuhr Carl fort. »Als wir uns zum letztenmal gesehen haben, arbeitete ich noch bei Säk, jetzt im OP 5. In dieser Tasche liegen zwei Millionen Kronen in bar. Das Geld stammt von Offizieren beim militärischen Nachrichtendienst. Es sind private Geldmittel. Von uns kann keiner das Geld der Afghanistan-Hilfe übergeben, aber du kannst es. Wenn du das getan hast, hast du die Story exklusiv. Du darfst aber nicht sagen, wer ich bin, du darfst nur erklären, das Geld sei eine private Spende von Offizieren des schwedischen Nachrichtendienstes. Könnte das funktionieren?«
Ponti warf einen Seitenblick auf die Tasche und gab sich Mühe, beim Nachdenken ungerührt zu wirken.
»Du arbeitest also beim OP 5 und willst anonym bleiben?« fragte er schließlich, eher um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen, als um die selbstverständliche Bestätigung zu erhalten; diesmal war es Carl, der nur mit einem stummen Kopfnicken antwortete.
»Wir wollen mal sehen«, fuhr Ponti fort. »Als du zuletzt den anonymen Informanten gespielt hast, war es wegen dieser Story mit den Israelis, die keine Libyer waren, und das ist ja gut ausgegangen… für uns beide. Du warst doch derjenige, der sie erschossen hat?«
»Solche Fragen kann ich nicht beantworten.«
»Schon gut. Du bist also unser James Bond vom Flug AF 129. Schön, dich wiederzusehen. Aber woher soll ich wissen, daß dieses Geld nicht aus einem Raubüberfall stammt oder aus sonstwie dunklen Quellen? Du mußt schon entschuldigen, aber diese einzigartige Solidarität mit dem afghanischen Volk in Verbindung mit ebenso einzigartiger Freigebigkeit des Personals beim militärischen Nachrichtendienst kommt mir nicht sonderlich glaubwürdig vor, oder?«
»Hast du Angst, geleimt zu werden?«
»Ja, natürlich. Außerdem bin ich es nicht gewohnt, zwei Millionen in einem Aktenkoffer mit mir rumzutragen. Woher willst du wissen, daß ich mir das Geld nicht unter den Nagel reiße?«
»Das ist für mich unvorstellbar. Deswegen komme ich ja zu dir.«
»Aha. Und woher soll ich wissen, daß ich nicht geleimt werde?«
»Vergiß nicht die Publizität. Das ist ja gerade der Witz. Wenn zwei Millionen auf diese Weise überreicht werden und es öffentlich bekannt wird, weiß in meiner Umgebung jeder, was passiert ist. Wenn ich das Geld gestohlen hätte, würde man mich sofort haben. Wenn diese Geschichte faul wäre, gäbe es bei uns einen teuflischen Zirkus, daß ausgerechnet du damit an die Öffentlichkeit gehst. Du giltst doch als glaubwürdig. Meine Kollegen wissen schließlich, um was für Geld es sich handelt. Wenn du die Geldübergabe öffentlich machst, erhalten wir damit sozusagen eine Quittung. Du erweist uns einen Dienst und erhältst eine gute Geschichte.«
Erik Ponti bat um kurze Bedenkzeit. Sie saßen fast zehn Minuten nebeneinander auf der Bank und starrten vor sich hin. Sie sahen einander nicht an. Beide schienen tief in Gedanken versunken zu sein.
»Sei so nett und öffne die Tasche. Ich möchte das Geld sehen«, sagte Erik Ponti schließlich. Sie stellten schnell fest, daß sich in der Nähe kein Mensch aufhielt. Carl schloß die Tasche auf und klappte für einige Sekunden den Deckel auf, bevor er sie wieder schloß »Rein beruflich würde ich es natürlich vorziehen, wenn du mir die Story der AF 129 erzählen würdest«, sagte Erik Ponti schließlich und nahm die Tasche an sich. Er stand auf und ging. Carl blieb sitzen und sah ihm nach.
Zwei Tage später, nach einer Besprechung mit dem Alten, der ihm eine plausible Erklärung gegeben hatte, konnte Kapitän zur See Samuel Ulfsson dem Echo des Tages in geheimnisvollen Formulierungen bestätigen, es sei bekannt, woher das Geld stamme, und es treffe zu, daß es sich um private Geldmittel von Militärangehörigen handle. Im übrigen kein Kommentar.
Der Alte war der Meinung, zwei Millionen seien für eine Körperverletzung mit Todesfolge reichlich viel. Andererseits konnte man nicht wissen, zu welchem Urteil ein ordentliches Gericht gelangt wäre. Dieses Spektakel in der Grevgatan war selbstverständlich arrangiert gewesen, nämlich im Interesse der Nation. Denn der Mann, der die Operation Big Red zu befehligen hatte, sollte in seiner Konzentration um keinen Preis gestört werden. Belanglose Rücksichten auf die Verordnungen der Menschen dürfen dem göttlichen Gesetz nicht in die Quere kommen.
Danksagung
Mein besonderer Dank gilt folgenden Personen und Institutionen:
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