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Im Jahre Ragnarök

Titel: Im Jahre Ragnarök Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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Ihnen also unangenehm«, schnitt Sir Hugh ihm das Wort ab. »Sie machen uns zum Gespött ganz Indiens, und es ist Ihnen unangenehm !«
»Sir, was ich eigentlich sagen wollte, ist ...«
Mit einem einzigen eisigen Blick brachte Sir Hugh den Lieutenant zum Schweigen und sagte dann: »Ich will gar nicht wissen, welcher Teufel Colonel O'Hara geritten hat, als er ausgerechnet Ihnen diesen Auftrag anvertraute. Ihnen, einem Second Lieutenant, dessen Dienstakte eine einzige beschämende Chronik des Scheiterns ist! Sie haben ein paar verfallene Hütten besetzen lassen, während Rajiv zur gleichen Zeit nur zehn Meilen entfernt ungestört vor fünftausend Menschen sprechen konnte. Ihnen ist doch hoffentlich klar, was das bedeutet?«
»Ich kann mir absolut nicht erklären, wie das möglich war, Sir. Ich hatte doch in monatelangen Nachforschungen Rajivs Pläne genauestens ausgekundschaftet.«
Wütend warf Sir Hugh den Aktendeckel vor sich auf den Tisch. »Sie haben ein großes Problem, Tubber. Sie verrennen sich gerne frühzeitig in eine fixe Idee und halten dann starrköpfig daran fest. Colonel O'Haras Bericht spricht da Bände.
Nachdem Sie sich einmal darauf eingeschossen hatten, dass Rajiv in Chowdhury lagern würde, haben Sie sich durch nichts mehr davon abbringen lassen. Und das, obwohl von verlässlichen Informanten Hinweise kamen, die in eine andere Richtung deuteten. Ganz ähnlich wie letztes Jahr in Syrien. Ihr ständiges stures Festklammern an einmal gefassten vorschnellen Schlüssen macht Sie zu einer der armseligsten, nutzlosesten Gestalten, die ich je unter meinem Kommando hatte.«
»Jawohl, Sir«, bestätigte Tubber kleinlaut. Jeder Versuch einer Verteidigung hätte seine Lage jetzt nur noch verschlimmern können.
Wortlos stand der Brigadier auf, ging hinüber zum Fenster und blickte mit auf dem Rücken verschränkten Händen hinaus. Erst nach einer Minute, die Tubber wie eine zäh verrinnende Ewigkeit vorkam, sagte Sir Hugh dann düster: »In anderen Zeiten als diesen würde ich Sie für Ihre Unfähigkeit degradieren und unehrenhaft aus dem Dienst entlassen. Nicht Gnade, sondern ausschließlich Personalmangel rettet Sie davor.«
Kein Muskel regte sich in John Tubbers Gesicht, aber in seinem Inneren war ihm, als würde eine erdrückende Last von seiner Seele genommen. Es blieb ihm also erspart, ins Millionenheer der britischen Arbeitslosen gestoßen zu werden. Doch in die Erleichterung mischte sich sofort neue Besorgnis, denn Sir Hugh würde ihn gewiss nicht ungestraft davonkommen lassen.
Wieder vergingen quälend lange Sekunden, ehe der Brigadier unvermittelt fragte:
»Wie ist Ihr Deutsch?«
Beinahe hätte Tubber wahrheitsgemäß geantwortet, dass seine Deutschkenntnisse sehr eingerostet waren. Mit seiner Frau Ingrid sprach er schon seit Jahren nur noch Englisch, wenn sie denn überhaupt einmal miteinander sprachen. Doch im letzten Augenblick entschied er sich anders und sagte: »Recht gut, Sir.«
»Wenigstens etwas«, meinte Sir Hugh, während er sich umwandte und zum Schreibtisch zurückkehrte. »Sie werden die Sprache brauchen, denn ich schicke Sie nach Deutschland.«
Scheiße, er will mich jetzt richtig fertigmachen , zuckte es durch Tubbers Hirn.
Alles, nur nicht Deutschland! Vorsichtig wandte er ein: »Sir, dürfte ich zu bedenken geben, dass mein letzter Aufenthalt in Deutschland dreizehn Jahre zurückliegt, und dass ich seitdem fast ausschließlich im Orient eingesetzt war?«
»Das spielt überhaupt keine Rolle«, wies der Brigadier Tubbers Bedenken brüsk ab. »Sie gehen nach Deutschland, damit ich keinen von meinen guten Leuten für diesen nebensächlichen Auftrag abstellen muss.« Er nahm das oberste Blatt von dem Stapel mit kürzlich eingegangenen Meldungen und ging noch einmal rasch die eng beieinanderliegenden maschinengeschriebenen Zeilen durch, bevor er weitersprach:
»Gestern Morgen hat man in einem abgelegenen Waldstück nahe Kassel die Leiche eines Mannes entdeckt, der offenbar bei einem Kälteeinbruch in der vorangegangenen Nacht erfroren war. Er trug unter anderem einige Notizen bei sich, zum Teil codiert, außerdem ein noch nicht identifiziertes kleinformatiges Gemälde, möglicherweise eine Antiquität. Sie begeben sich nach Kassel, untersuchen, was es mit der Leiche und dem Bild auf sich hat, und lassen gefälligst erst wieder von sich hören, wenn Sie brauchbare Ergebnisse vorzuweisen haben. Ist das klar?«
»Vollkommen klar, Sir.« Tubber zögerte eine Sekunde, dann fügte er hinzu:
»Bitte

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