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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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höflich.
    „Vater hatte für ihn ja nicht viel übrig, aber immerhin lädt mich der Onkel nach Prag ein. Er hat da extra für mich eine Rennmaschine bestellt."
    „Was ist das für ein Wagen?" fragte Johann.
    „Du kannst ja lesen, es steht alles drin", sagte Heinrich und reichte Johann den Brief.
    „Du hast doch nichts dagegen?"
    „Wo denkst du hin?"
    Johann überflog eilig den Brief und rief erstaunt:
    „Gratuliere! Ein toller Wagen!" — Doch plötzlich schützte er Eile vor; er müsse gehen, er hätte für seinen Chef noch eine dringende Arbeit zu erledigen.
2
    Die Haushälterin der Schwarzkopfs empfing die Beileidsbesucher im Wohnzimmer. Vom Lüster hing ein schwarzer Trauerflor herab.
    Heinrich Schwarzkopf war nicht zu sehen. Johann Weiß bat die Haushälterin, ihm zu melden, daß er erwartet werde. Weiß vermutete, Heinrich in Trauerstimmung anzutreffen. Er war nicht wenig erstaunt, als er sah, wie dieser geschäftig die Papiere seines Vaters ordnete und sie in zwei großen Lederkoffern verpackte. Ohne Johann die Hand zu geben, sagte er:
    „Ich verreise. Der Onkel hat telegrafiert, daß er mich sehen will." Sein Gesicht war blaß, irgendwie verbittert. Er fragte beiläufig:
    "Wirst du mit mir fahren?"
    Weiß nickte. Dann fügte er hinzu:
    „Wenn Kreisleiter Funk meine Ausreise genehmigt."
    „Funk wird tun, was ich ihm sage", erklärte Heinrich großtuerisch und fügte gehässig hinzu: „Der Onkel schreibt, daß sich die Gestapo mit diesem Kerl befassen wird. Funk muß gewußt haben, daß die Agenten des NKWD einen Anschlag auf Vater vorbereiteten. Und er hat keine Maßnahmen zu seiner Rettung ergriffen. Ich bin sicher, daß Funk ein sowjetischer Agent ist. Er selbst hat zugegeben, daß er sich am Tode Vaters indirekt schuldig fühlt. Sie müssen es ganz schön nötig haben, die Deutschen zu erschrecken, die sowjetisches Gebiet verlassen wollen. Funk behauptet, er habe angeblich nicht gewußt, wen sie als Opfer vorgemerkt hätten."
    Berta Goldblatt betrat das Zimmer. Heinrich schaute sie an. „Oh! Du trägst Trauer?"
    Entweder hatte Berta diese Worte überhört, oder sie maß ihnen keine Bedeutung bei. Sie kam näher und legte leicht ihre Hände auf Heinrichs Schultern.
    „Vater hatte einen Herzanfall. Er bittet um Entschuldigung, daß er nicht kommen kann. Man hat mir das Angebot gemacht, in Moskau mit einem Konzertprogramm aufzutreten, aber ich habe abgesagt." Sie senkte den Blick, als ob sie damit erklären wollte, warum sie abgesagt hatte. „Wo du solchen Kummer hast, Heinrich!"
    Heinrich zuckte die Schultern.
    „Die Juden in Moskau! Die Deutschen in Berlin! Und sie trägt Trauer! In Berlin wirst du keine Jüdin finden, die wegen eines Deutschen Trauer trägt."
    Berta hob stolz den Kopf.
    „In Berlin wirst du auch keine Deutschen finden, die wegen der dort ermordeten Juden Trauer tragen ..."
    „Ach, trinken wir lieber etwas", schlug Heinrich besänftigend vor, goß Wein in die Gläser und sagte besorgt: „Es tut mir leid, daß dein Vater krank ist, Berta. Ich habe eine Bitte an ihn, die er mir sicher erfüllen würde. Vielleicht kannst du mir helfen. Ihr habt bei euch zu Hause einige Papiere, die die Arbeit meines Vaters betreffen. Ich bitte, sie mir zurückzugeben; ich möchte sie noch gern heute haben."
    „Wie kann ich ohne Vaters Hilfe unterscheiden, welche Papiere tatsächlich deinem Vater gehören?"
    „Hat dir Funk diesen Rat gegeben?" fragte Johann.
    Heinrich stand unschlüssig da. Ausweichend antwortete er:
    „Kann ich denn nicht darauf bestehen, daß alles, was Vater gehörte, mir als Erben zukommt?”
    „Mir scheint, daß Funk darauf bestanden hat", sagte Weiß.
    Heinrich warf Johann einen wütenden Blick zu, doch dieser erklärte, nicht im mindesten verwirrt:
    „Der Kreisleiter ist verpflichtet, sich mit allen Angelegenheiten der hiesigen Deutschen zu befassen — das ist ganz natürlich. Wenn du willst, helfe ich Fräulein Berta dabei, die Papiere zu ordnen. Ich kenne die Handschrift deines Vaters gut."
    „Ja, bitte", stimmte Heinrich zu.
    Das Telefon läutete. Johann nahm den Hörer ab, gab ihn Heinrich und sagte:
    "Professor Goldblatt."
    „Ja", sagte Heinrich, „am Apparat. Ja, ich habe dem Kreisleiter die Erlaubnis gegeben, alle die Erbschaft betreffenden Dinge in die Wege zu leiten.“



Er wandte sich wieder den Gästen zu.
    Johann, der mit übertriebener Aufmerksamkeit seine neuen Stiefel betrachtete, brummte vor sich hin:
    „Der verstorbene Herr Schwarzkopf wäre

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