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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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der Familie teil, hütete sich aber davor,
ungefragt eigene Meinungen zu äußern oder sich anderweitig
auffällig zu verhalten. Deshalb konnte auch keine Rede davon
sein, dass Helen sich bei Gartenfesten unbeschwert unter die jüngeren
Gäste mischte. Stattdessen hielt sie sich abseits, plauderte
höflich mit den Damen und beaufsichtigte unauffällig ihre
Zöglinge. Natürlich streiften ihre Blicke dabei
gelegentlich die Gesichter der jüngeren männlichen Gäste,
und manchmal gab sie sich einem kurzen, romantischen Tagtraum hin, in
dem sie mit einem gut aussehenden Viscount oder Baronet durch den
Park seines Herrenhauses spazierte.Aber das konnte George doch
unmöglich bemerkt haben!
    George zuckte die Schultern. »Na, immerhin lesen Sie
Heiratsanzeigen!«, sagte er frech und wies mit versöhnlichem
Grinsen auf das Kirchenblättchen. Helen schalt sich selbst, weil
sie es offen neben ihrem Pult hatte liegen lassen. Natürlich
hatte der gelangweilte George hineingesehen, während sie William
auf die Sprünge geholfen hatte.
    Â»Und Sie sind doch sehr hübsch«, schmeichelte
George. »Warum sollten Sie keinen Baronet heiraten?«
    Helen verdrehte die Augen. Sie wusste, dass sie George tadeln
sollte, doch sie war eher belustigt. Wenn der Knabe so weitermachte,
würde er es zumindest bei den Damen weit bringen, und auch in
der Geschäftswelt würde man seine geschickten
Schmeicheleien zu schätzen wissen. Doch ob es ihm in Eaton
weiterhalf? Außerdem hielt Helen sich für immun gegen
solch plumpe Komplimente. Sie wusste, dass sie nicht im klassischen
Sinne schön war. Ihre Züge waren ebenmäßig, aber
wenig auffällig; ihr Mund war ein bisschen zu schmal, ihre Nase
zu spitz, und ihre ruhigen grauen Augen blickten ein wenig zu
skeptisch und entschieden zu gelehrt in die Welt, um das Interesse
eines reichen, jungen Lebemanns zu wecken. Helens schönstes
Attribut war ihr hüftlanges, glattes und seidiges Haar, dessen
sattes Braun leicht ins Rötliche spielte. Vielleicht hätte
sie damit Aufsehen erregen können, hätte sie es offen im
Wind wehen lassen, wie manche Mädchen es bei den Picknicks und
Gartenfesten taten, die Helen im Gefolge der Greenwoods besuchte. Die
mutigeren der jungen Ladys erklärten beim Spaziergang mit ihren
Bewunderern schon mal, ihnen sei zu heiß, und nahmen den Hut
ab, oder sie taten so, als wehte der Wind ihr Hütchen weg, wenn
sie sich von einem jungen Mann über den See im Hydepark rudern
ließen. Dann schüttelten sie ihr Haar, befreiten es wie
zufällig von Bändern und Spangen und ließen die
Männer die Pracht ihrer Locken bewundern.
    Helen hätte sich nie dazu überwinden können.Als
Tochter eines Pfarrers war sie streng erzogen und trug ihr Haar
geflochten und aufgesteckt, seit sie ein kleines Mädchen war.
Hinzu kam, dass sie früh hatte erwachsen werden müssen:
Ihre Mutter war gestorben, als Helen zwölf war, worauf der Vater
seine älteste Tochter kurzerhand mit der Führung des
Haushalts und der Erziehung der drei jüngeren Geschwister
beauftragt hatte. Reverend Davenport interessierte sich nicht für
Probleme zwischen Küche und Kinderzimmer, ihm lagen allein die
Arbeit für seine Gemeinde und die Übersetzung und Auslegung
religiöser Schriften am Herzen. Helen hatte er immer nur dann
mit seiner Aufmerksamkeit bedacht, wenn sie ihm dabei Gesellschaft
leistete – und nur durch die Flucht in Vaters Studierzimmer
unter dem Dach konnte sie dem lautstarken Treiben in der Wohnung der
Familie entgehen. So hatte es sich fast von selbst ergeben, dass
Helen die Bibel schon auf Griechisch las, als ihre Brüder gerade
die erste Fibel durchackerten. In ihrer gestochen schönen
Handschrift schrieb sie die Predigten ihres Vaters ab und kopierte
seine Artikelentwürfe für das Mitteilungsblatt seiner
großen Gemeinde in Liverpool. Viel Zeit für sonstige
Zerstreuungen fand sich da nicht. Während Susan, Helens jüngere
Schwester, Wohltätigkeitsbasare und Kirchenpicknicks
hauptsächlich dazu nutzte, junge Honoratioren der Gemeinde
kennen zu lernen, half Helen beim Verkauf der Waren, buk Torten und
schenkte Tee aus. Das Ergebnis war vorauszusehen: Susan heiratete
gleich mit siebzehn den Sohn eines bekannten Arztes, während
Helen nach dem Tod ihres Vaters gezwungen war, eine Stelle als
Hauslehrerin anzunehmen. Von ihrem Gehalt

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