Im Land des Roten Ahorns
Damen belauscht, die von der neuen Tram der Stadt berichtet hatten. Wenn Connor zurück ist, werde ihn bitten, mit mir zu fahren.
Schritte ertönten vor der Tür. Jaqueline wandte sich um.
Connor trat wenig später ein. In der Hand hielt er einige kleine Päckchen.
Jaqueline flog ihm entgegen. »Ich habe dich so sehr vermisst!«
»Ich war doch nur einen halben Tag weg. Was wirst du erst tun, wenn ich den ganzen Tag im Wald bin?«
»Mit dir kommen!« Sie küsste ihn, dann blickte sie auf die Päckchen. »Ist das die versprochene Überraschung?«
Connor lächelte versonnen, während er eine Hand in die Hosentasche schob und dort nach dem Schächtelchen tastete, das den Ring enthielt.
»Nein, die spare ich mir für heute Abend auf. Das hier möchte ich dir jetzt schenken.«
Connor reichte ihr ein in Seidenpapier eingewickeltes Päckchen. »Ich dachte, nach all den Anstrengungen hast du etwas Schönes verdient.«
Jaqueline riss das Papier herunter und entdeckte ein Schächtelchen, das dem mit der Brosche ihrer Mutter ähnelte. Behutsam öffnete sie den Deckel: Im Innern lag ein Parfumflakon.
»Oh, Connor, wie aufmerksam!« Neugierig öffnete sie das Glasfläschchen, und sofort stieg ein zarter Duft auf. »Rosenwasser! Wie herrlich! Das muss ja sündhaft teuer gewesen sein!«
Connor strahlte. »Für dich ist mir nichts zu teuer. Außerdem ist es nur eine kleine Aufmerksamkeit, nichts weiter. Warte bis heute Abend! Ich habe Plätze im Harbour Inn reserviert, für uns und die gesamte Mannschaft. Da werden wir unsere Verlobung gebührend feiern.«
Jaqueline standen die Tränen in den Augen.
Das Harbour Inn war nicht weit vom Hotel entfernt. Jaqueline bedauerte das fast ein wenig, denn nur zu gern wäre sie mit der Tram gefahren. Aber dafür hatten sie später noch Zeit.
Im Lokal, das so etwas wie ein großes Pub war, hatten sich bereits sämtliche Holzfäller eingefunden. Auch die Gehilfen aus dem Depot waren gekommen. Die Männer hatten sich um die Tische verteilt und unterhielten sich angeregt. Aus der Küche strömte ein betörender Duft.
Fasziniert betrachtete Jaqueline das große Fischernetz, das eine der Wände fast vollständig überspannte. Darin hingen neben verschiedenen Muscheln und Seesternen auch Erinnerungsstücke wie ein alter Kompass, zwei zarte Glöckchen, eine Meerschaumpfeife, ein Messer mit Horngriff, ein Medaillon, ein kleines auf Holz gemaltes Gemälde von einem Segelschiff und vieles mehr. Von der Decke baumelte das Modell eines Klippers. Auf dem Bug konnte Jaqueline den Schriftzug Hope lesen.
Ob der Wirt früher zur See gefahren ist?, fragte Jaqueline sich.
»Alles in Ordnung, Liebes?«, raunte Connor ihr ins Ohr.
»Ja, ich habe nur das Netz dort betrachtet.«
»Das ist das Fundbüro des Inn. Dort bewahren sie alles auf, was Gäste hier vergessen haben. Wenn sie wieder in Montreal sind, können sie die Fundstücke wieder mitnehmen.«
»Das Schiff muss der Besitzer doch vermisst haben.«
Connor lächelte verschmitzt. »Wahrscheinlich hat er es freiwillig hiergelassen, weil es ihm zu schwer wurde. Manchmal muss man auf Reisen auch Ballast abwerfen.«
Da hat er Recht, dachte Jaqueline. Aber manch eine Last wird man nicht vollständig los. Sie kann höchstens leichter werden. Doch dann schob sie den Anflug von Melancholie entschlossen beiseite. Sie waren zum Feiern hier und nicht, um der Vergangenheit nachzuhängen.
»Ein Toast!«
Connor erhob sich und schlug mit dem Löffel gegen sein Glas. Das war beinahe ein wenig zu förmlich, aber die Männer verstummten sofort. Einige sahen Connor verwundert an.
»Nach dieser sehr wechselvollen Reise danke ich allen, die dafür gesorgt haben, dass wir in dieser Runde zusammensitzen und den Verkauf des Holzes feiern können. Ich danke euch, dass ihr durchgehalten und die Reise so gut zum Abschluss gebracht habt.«
Die Männer jubelten und klatschten.
»Aber bevor wir uns ans Feiern machen, habe ich noch etwas zu verkünden.«
Jaquelines Herz begann ahnungsvoll zu pochen.
»Wie ihr alle mitbekommen habt, hatten wir zum ersten Mal eine Frau an Bord. Eine ganz besondere Frau, deren Anwesenheit unser Leben bereichert hat. Ich weiß, dass viele von euch sie mögen, doch das ist nichts gegen die Empfindungen, die ich für sie hege.« Damit holte er die Schatulle aus der Tasche. Dann kniete er vor Jaqueline nieder und klappte den Deckel auf. Der Rubin auf dem Ring funkelte im Licht der Gaslampen.
»Heute habe ich Jaqueline Halstenbek die Ehe
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