Im Licht der Sonne: Roman (German Edition)
hinaufführten. Es war zwar ärgerlich, aber praktisch. Trotzdem könnte es vielleicht
nicht schaden, wenn sie erst noch ein paar Tage abwartete und die Leute wissen ließ, dass sie auf der Suche nach einem kleinen Haus war, das sie mieten konnte. Wer weiß, vielleicht fiel ihr ja etwas anderes – etwas, das nicht Mia gehörte in den Schoß.
Durch diese Möglichkeit aufgeheitert, sprang Ripley die Stufen hinauf und joggte zur hinteren Veranda.
Nell würde schon beim Backen sein, das wusste sie, genauso wie sie wusste, dass es in der Küche himmlisch duften würde. Der größte Vorteil war, dass sie nicht erst etwas zum Frühstück auftreiben musste. Es würde ganz einfach da sein. Lecker, wunderbar und auf Wunsch serviert.
Als sie nach dem Türknauf griff, sah sie Zack und Nell durch die Glasscheibe. Sie hielten sich eng umschlungen – wie Efeuranken, die sich um eine Fahnenstange gewickelt haben, dachte Ripley –, und sie waren vollkommen ineinander versunken.
»Oh, Mann!«
Sie fluchte unterdrückt, schlich leise den Weg zurück, den sie gekommen war, und betrat dann erneut die Veranda, diesmal laut stampfend und pfeifend. Es würde den beiden Zeit verschaffen, sich voneinander zu lösen, oder zumindest hoffte sie das.
Aber damit war ihr anderes Problem noch immer nicht gelöst. Ihr würde wohl am Ende doch nichts anderes übrig bleiben, als mit Mia zu verhandeln.
Sie würde die Sache lässig angehen, das Thema ganz beiläufig zur Sprache bringen. Ripley war davon überzeugt, wenn Mia wüsste, dass sie das gelbe Cottage wirklich haben wollte, würde sie sich glatt weigern, es ihr zu vermieten.
Die Frau war so grässlich halsstarrig.
Die beste Methode, um das Geschäft unter Dach und Fach zu bringen, wäre natürlich, wenn sie Nell bitten würde,
sich für sie einzusetzen. Mia hatte eine Schwäche für Nell. Aber die Vorstellung, irgendjemanden zu benutzen, um ihre eigenen Hindernisse aus dem Weg zu räumen, war doch zu ärgerlich. Nein, sie würde ganz einfach in Mias Buchhandlung herein schauen, so wie sie es fast jeden Tag getan hatte, seit Nell das Kochen und Backen für den Café-Trakt im Obergeschoss übernommen hatte.
Auf diese Weise könnte sie zu einem ordentlichen Lunch und zugleich zu einer neuen Bleibe kommen und damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Sie ging mit schnellen Schritten die High Street entlang, eher aus dem Grund, weil sie die Sache möglichst bald hinter sich bringen wollte, als deshalb, weil der Wind so kalt und stürmisch war. Er zerrte spielerisch an dem langen glatten Pferdeschwanz, den sie gewohnheitsmäßig durch die Öffnung auf der Rückseite ihrer Kappe gezogen hatte.
Als sie Café Book erreichte, blieb sie stehen und schürzte nachdenklich die Lippen.
Mia hatte das Schaufenster neu dekoriert – ein kleiner, mit Quasten geschmückter Hocker, eine leichte Decke aus weicher, dunkelroter Wolle und zwei hohe Kerzenleuchter mit dicken roten Kerzen waren in scheinbar willkürlicher Anordnung mit ein paar Bücherstapeln arrangiert. Sie wusste, dass Mia nie etwas auf willkürliche Art tat, und Ripley musste zugeben, dass das Ganze eine Atmosphäre einladender Wärme und Gemütlichkeit ausstrahlte. Und zugleich einen subtilen, sehr subtilen Hauch von Erotik.
Es ist kalt draußen, verkündete das Schaufenster. Kommen Sie doch herein, kaufen Sie sich ein paar Bücher und machen Sie es sich zu Hause damit gemütlich.
Was immer Ripley sonst noch über Mia sagen konnte – und sie konnte eine ganze Menge sagen –, die Frau verstand ihr Geschäft.
Sie betrat den Laden und wickelte dabei automatisch den
Schal ab, den sie um den Hals geschlungen hatte. Die dunkelblauen Regale waren mit Büchern voll gestellt, geschäftlich-ordentlich aneinander gereiht. Glasvitrinen enthielten hübsche Kinkerlitzchen und interessante Staubfänger. Im Kamin flackerte eine niedrige goldene Flamme, und eine andere Wolldecke, diesmal eine blaue, war kunstvoll über einen der tiefen Sessel Marke »Versinke in mir« drapiert.
Ja, dachte Ripley, Mia hat schon was drauf, das muss man ihr lassen.
Und es gab noch mehr. Andere Regale enthielten Kerzen verschiedener Formen und Größen. Tiefe Glasschalen waren mit allen möglichen Steinen und Kristallen gefüllt, und hier und dort lagen farbenprächtige Schachteln mit Tarotkarten. Wieder alles sehr subtil, bemerkte Ripley stirnrunzelnd. Mia posaunte nicht direkt heraus, dass der Laden einer Hexe gehörte, aber sie verheimlichte diese
Weitere Kostenlose Bücher