Im Licht des Blutmondes
schief und ein nachdenklicher Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht.
„Ich habe einen Zacharias in meinem Kindergarten gehabt, bis meine Mama mich da weggeholt hat“, erklärte sie freimütig und wirkte beinahe ein wenig traurig dabei. „Aber wir haben ihn alle immer Zach genannt, weil Zacharias blöd klingt.“
Die Aussage von Joleen überrumpelte ihn und er konnte nichts dagegen tun, dass er lachen musste. Als er in ihr Gesicht blickte, sah er, dass auch sie lächelte. Die Angespanntheit, die ihr anheim wohnte, wenn ihre Mutter sich in ihrer Nähe aufhielt, schien mit einem Mal verschwunden. Er musste zugeben, dass er eine gewisse Sympathie für das Kind empfand.
„Also gut, wenn wir alleine sind, dann darfst du mich auch Zach nennen“, gestand er Joleen zu und wurde dafür erneut mit einem erfreuten Lächeln belohnt. „Aber wenn jemand anderes dabei ist, wirst du Sir sagen, verstanden?“ Sie nickte eifrig und hörte immer noch nicht auf zu lächeln.
„Das ist unser Geheimnis“, versprach sie und nickte dabei so heftig mit ihrem Kopf, dass ihre Locken erneut auf und ab hüpften.
„Ganz recht“, bestätigte er, lächelte ihr zu und fuhr dann damit fort, ihre Wunde zu säubern.
„Wieso hast du so komische Augen?“, fragte sie einen Moment später und Zacharias hielt erneut inne. Mit dieser Frage hätte er rechnen müssen, doch Sterbliche vermieden für gewöhnlich solche Fragen. Ihm entfiel einfach immer wieder, dass Menschenkinder bei so etwas einfach naiver waren.
„Weil ich ein Vampir bin“, antwortete Zacharias. „Wenn wir verwandelt werden, dann trüben unsere Augen ein wenig ein und verlieren ihre Farbe.“
„Und dann werden sie grau?“, fragte das Mädchen und Zacharias nickte erneut. Dann tat sie etwas, womit er überhaupt nicht gerechnet hatte. Sie streckte ihre kleine Hand aus und streichelte ihm über die Wange. „Ich finde deine Augen trotzdem schön. Sie sind komisch, aber schön“, erklärte sie und lächelte ihm erneut zu.
Zum ersten Mal, seit er zu einem Vampir gemacht worden war, fand er sich sprachlos in der Gegenwart einer Sterblichen. Er war es gewohnt das Ruder fest in der Hand zu halten, wenn er sich mit Sterblichen umgab. Doch dieses Kind hatte ihn kürzester Zeit mehrfach überrascht.
„Danke“, murmelte er und stand auf, um ein Pflaster aus dem Schrank zu holen. Joleen beobachtete ihn weiter, und als er nun seine Sinne ausschickte, um zu erfahren, was in ihr vorging, spürte er nichts als pure Dankbarkeit.
***
C IRRUS
Er saß neben seiner Schwester auf der Couch im Salon und schwenkte einen Kelch, der mit Blut gefüllt war, in seiner Hand. Cirrus betrachtete angespannt seine Familie. Sie waren alle ähnlich nervös wie auch er, denn von der Entwicklung dieses Mädchens würde für sie einiges abhängen.
Vampire mochten Veränderungen nicht sehr, doch wenn sie ihnen so nützlich sein konnten wie diese, vorausgesetzt ihr Vorhaben klappte, dann waren sie ihnen durchaus willkommen.
Es war gut, dass Zacharias ihre Gäste in Empfang nahm, nicht nur, weil er von ihnen allen am besten mit Menschen umgehen konnte, sondern auch, weil seine Fähigkeit, die Gefühle seines Gegenübers zu erforschen, sehr nützlich in solchen Angelegenheiten war.
„Sie kommen zu spät“, stellte Nikolas fest und rümpfte die Nase.
„Immer mit der Ruhe, Nikolas. Vielleicht stecken sie im Stau fest“, murmelte Fayn und legte ihrem Bruder beruhigend die Hand auf den Unterarm. Nikolas schnaufte, sagte jedoch nichts mehr.
„Ihr täuscht euch“, bemerkte Agenta lächelnd. „Sie sind bereits im Haus. Wenn ihr weniger reden, und euch mehr auf eure Sinne konzentrieren würdet, wäre euch das bewusst.“ Ihre Stimme drang sanft und ruhig durch den Raum und Cirrus bemerkte, wie auch Nikolas sich wieder entspannte.
„Nun, dann werden sie sicherlich bald hier sein“, erklärte Cirrus. „Ich bin gespannt, was für einen kleinen Vogel wir uns da ins Nest holen.“ Agenta sah ihn unsicher an, nickte aber dann.
„Ja, ich auch. Mit diesem Kind steht und fällt vielleicht alles. Ist euch bewusst, was sich uns für Möglichkeiten bieten werden, wenn dieses Kind sich bewährt?“, fragte sie ihre Familie.
„Wenn“, bemerkte Nikolas. Im Gegensatz zu Agenta war er immer noch nicht glücklich mit ihrem Mehrheitsentscheid und etwas in Cirrus flüsterte, dass Nikolas es diesem Kind nicht leicht machen würde.
„Sie kommen!“, bemerkte Fayn, ehe noch jemand etwas sagen konnte. Es war
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