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Im Namen der Engel: Die überirdischen Fälle der Bree Winston 1 (German Edition)

Im Namen der Engel: Die überirdischen Fälle der Bree Winston 1 (German Edition)

Titel: Im Namen der Engel: Die überirdischen Fälle der Bree Winston 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
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Lavinia Mather aus, als Bree mit einer halben Stunde Verspätung in die Eingangshalle trat, um ihren Hund abzuholen. »Toll sehen Sie aus. Hm, hm. Gefällt mir wirklich gut, Bree.«
    Bree zupfte ein wenig nervös an ihrem Kopf herum. »Sind Sie sicher?« Fontina hatte ihr Haar in vier dicke Zöpfe geteilt und ihr diese dann kunstvoll um den Kopf geschlungen. Sie kam sich ungeheuer professionell vor; besser noch, sie fühlte sich gewappnet.
    »Sie sehen aus wie eine Königin«, stellte Lavinia fest, legte Bree die Hand auf den Arm und drehte sie sanft in Richtung Treppe. »Sie gleichen ihr von Tag zu Tag mehr«, sagte sie und zeigte auf den Renaissance-Engel mit der silbernen Haarkrone.
    Bree schüttelte lachend den Kopf. »Ihre gemalten Engel hatte ich ganz vergessen, Lavinia. Tja, ich bin zwar kein Engel, ich glaube aber auch, dass mir die Frisur steht.«
    »Vornehm sehen Sie aus«, meinte Lavinia.
    »Danke«, erwiderte Bree bescheiden. Sie beugte sich nach unten und tätschelte ihren Hund, der sich unbändig freute. »Und danke, dass Sie sich um Sascha gekümmert haben. Er sieht ja immer besser aus.«
    »Er hatte auch einen schönen Tag«, sagte Lavinia. »Hat dafür gesorgt, dass die Männer, die die Möbel geliefert haben, das alte Tantchen nicht übers Ohr hauen.«
    »Die Möbel sind schon da?«
    »Gehen Sie rein und sehen Sie sich’s an.«
    Bree folgte Lavinia zur Tür des Wohnzimmers. Das Ledersofa und der Sessel standen im rechten Winkel zueinander vor dem Kamin, was hübsch aussah. Und der im Esszimmer aufgestellte Eichentisch wirkte überhaupt nicht zu groß für den Raum. »Sieht einfach toll aus. Aber inwiefern haben die Männer versucht, Sie übers Ohr zu hauen?«
    »Weil sie beinahe dieses Bild vergessen hätten.«
    Bree trat ins Zimmer und erstarrte. Auf dem Kaminsims stand das Bild. Ihr wurde schwindlig. Ihre Sinne verwirrten sich. Einen Moment lang sah es so aus, als bewegte sich das Wasser. Als winkten ihr die Hände zu. Und als flöge der riesige Vogel mit langsamem, tödlichem Flügelschlag über den karminrot lodernden Himmel. Bree geriet so ins Wanken, dass Lavinia sie mit beiden Händen am Arm packte.
    Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und flüsterte Bree etwas ins Ohr, wobei ihre Worte fast von einem Geräusch verschluckt wurden, das sich wie das Brausen des Windes anhörte. »Die wollten mir einreden, Sie hätten nicht dafür bezahlt. Aber ich wusste es besser, und Sascha eben falls. Sie haben jahrelang für dieses Bild bezahlt.« Sie sah Sascha an. »Denen hast du’s aber gezeigt, was, mein Junge? Hast geknurrt wie ein Filmmonster, bis sie zum Geschäft zurückgefahren sind und es geholt haben.«
    Sascha bellte so scharf, dass Bree sofort wieder zu sich kam. Sie starrte Lavinia an. Die alte Frau erwiderte ihren Blick mit einem unergründlichen Ausdruck in den schwarzen Augen. »Die Sache ist die, Schätzchen«, sagte sie nach einer Weile, »dass die Dinge, die man nicht wahrnehmen und in der Versenkung verschwinden lassen möchte, in der Dunkelheit von allein immer größer werden. Man muss ihnen ins Auge blicken. Muss sie ans Licht holen. Im Sonnenschein gedeihen nur gute Dinge.«
    Bree ging zu dem Bild und legte die Hand darauf. Papier und Farbe. Mehr war da nicht. Nur Papier und Farbe. »
    Verstehen Sie, Bree?«, fragte Lavinia mit sanfter Stimme.
    Einen wirren Moment lang wagte Bree es nicht, sich umzudrehen. Nicht Lavinia stand hinter ihr, sondern etwas anderes, etwas, das so groß war, dass es den ganzen Raum einnahm und alles durch die Fenster hereinströmende Licht verdrängte. Es wuchs und wuchs, um dann mit einem Rauschen gigantischer Flügel zu verschwinden.
    »Verstehen Sie?«, wiederholte Lavinia.
    Bree drehte sich immer noch nicht um. Wenn sie das nämlich täte, würde sie den Mietscheck zurückverlangen. Sie würde schnurstracks aus dem Haus gehen, ohne den Hund, ohne ein Büro zu haben. Sie würde dieses verdammte Gemälde zurücklassen, mit dem Auto die fünfhundertsechzig Kilometer nach Raleigh-Durham zurück legen, sich an ihren alten Schreibtisch in der Kanzlei ihres Vaters setzen und ernsthaft mit dem Gedanken spielen, einen netten Mann zu heiraten und eine Familie zu gründen. Stattdessen fasste sie nach oben und nahm das Gemälde herunter. »Nun, wenn das so ist, Lavinia … bei mir zu Hause gibt es wesentlich mehr Licht. Dieses Gemälde wird das Letzte sein, was ich abends, und das Erste, was ich morgens sehe.«
    Lavinia packte sie beim Arm. »Nein, nein,

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