Im Namen der Engel: Die überirdischen Fälle der Bree Winston 1 (German Edition)
hatte Bree alles von Conan Doyle gelesen. »Die schönste Frau in London.«
»Genau. Und was meine Karriere angeht, so besteht die Aussicht, dass ich fest ins Ensemble aufgenommen werde.«
Bree sagte nichts, einfach weil es gar nicht nötig war, etwas zu sagen.
»Na okay. Die Chancen dafür stehen ungefähr eins zu zehn.«
»Multiplizier das mit hundert«, schlug Bree vor.
»Aber die Chancen für einen Job als Hilfsinspizientin stehen besser, ungefähr eins zu zwei.«
»Tatsächlich?«, entgegnete Bree. »Ist das ein Job, der gut bezahlt wird?«
»Ja.«
»Und wie viel würdest du bekommen?«
Antonia sagte es ihr.
»Was bedeutet, du würdest hier wohnen?«
»Entweder hier oder auf einer Parkbank.« Sie blickte ängstlich drein. »Das macht dir doch nichts aus, oder? Ich meine, selbst als du noch mit Payton der Ratte zusammen warst und wir uns das Apartment in Raleigh geteilt haben, haben wir es doch geschafft, uns nicht in die Quere zu kommen.«
»Darum geht es nicht.«
»Worum dann?«
Bree starrte sie an. Wie sollte sie Antonia erzählen, dass sie das Gefühl hatte – ein Gefühl, das stündlich stärker wurde –, in etwas hineinzugeraten, das sich ihrer Kontrolle entzog. Etwas Seltsames. Und Gefährliches.
Plötzlich erschauderte sie, überzeugt, dass sie beobachtet wurde, dass sie beide beobachtet wurden, dass das Geräusch der Flügel ihr hierher gefolgt war, an den einzigen Ort, an dem sie sich sicher fühlen konnte. Sie wandte den Kopf ab und begegnete Saschas Blick, der sie ernst und ohne zu blinzeln ansah.
Der Kormoran. Es liegt an dem Kormoran.
»Ich verstehe das nicht«, sagte Bree plötzlich laut. »Ich begreife es einfach nicht. Was willst du denn von mir?«
»Hey! Bree! Bist du okay?« Antonia kam mit bleichem Gesicht auf sie zu.
»Natürlich bin ich okay. Mir geht’s bestens.«
»So siehst du aber nicht aus.« Antonia rieb sich die Stirn und setzte sich wieder aufs Sofa. »Du hast mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt.«
Bree stand auf und drehte das Gemälde zur Wand. »Red keinen Unsinn. Was hast du überhaupt?«
» Ich habe gar nichts. Du hast ausgesehen, als würdest du im letzten Akt der Herzogin von Amalfi mitspielen.«
»Was soll das denn heißen?«
»Das ist dieses absolut schaurige Rachedrama von Webster, weißt du. Wo zum Schluss alle mit Blut besudelt sind und vor Entsetzen kreischen.«
Bree verdrehte die Augen. »Was du dir alles einbildest!«
Doch sie hatte das Gemälde zur Wand gedreht. Wer bildete sich denn jetzt was ein?
Morgen würde sie es in den Laden zurückbringen .
»Ich weiß auch nicht«, murmelte Antonia. »Vielleicht liegt es an den Zöpfen. Bin mir nicht sicher, ob mir die gefallen. Sieht irgendwie heftig aus.«
»Die Zöpfe habe ich mir machen lassen, damit ich nicht wie ein spatzenhirniges Model aussehe.«
»Hat das irgendjemand behauptet?« Antonia brach in ein Kichern aus, das ansteckend wirkte. »Ist das nicht die coolste Beleidigung, die es je gegeben hat?«
Während sie bei Huey’s eine Pizza aßen, gab Bree Antonia einen Bericht über die letzten sechsunddreißig Stunden. Die eher unheimlichen Sachen ließ sie jedoch lieber weg und erzählte stattdessen viel von Liz Overshaw und Benjamin Skinner.
»Das ist ein Omen«, sagte Antonia, die den Mund voller Quattro-formaggi-Pizza mit extra dünnem Boden hatte. »Ich meine, ist das nicht cool? Ich spreche für ein Sherlock-Holmes-Stück vor. Und dein erster Fall erfordert, dass du Sherlock Holmes spielen musst. Das ist prophetisch, richtig prophetisch ist das. Ganz zu schweigen davon, dass du auf Anhieb eine hochkarätige Klientin an Land gezogen hast. Ich meine, wenn die Overshaw auch nur halb so betucht ist wie Skinner, kannst du dich zur Ruhe setzen, bevor du vierzig bist! Natürlich vorausgesetzt, dass du den Mörder findest.« Sie nahm ein drittes Stück Pizza von dem Teller, der zwischen ihnen stand, führte es zum Mund und hielt abrupt inne. »O mein Gott«, sagte sie. »Nemesis. Genau das ist es. Nemesis.«
»Das Bier ist dir zu Kopf gestiegen.« Bree schob den Krug mit Stella Artois aus Antonias Reichweite.
»Hier!« Antonia schnappte sich die überdimensionale Speisekarte und drückte sie Bree in die Hand. »Tu so, als würdest du die Speisekarte studieren! Und halt sie höher! Höher!«
»Was um alles in der Welt soll denn das nun wieder?«, fragte Bree verärgert. »Hast du den Verstand verloren?«
»Da ist Payton die Ratte!«, zischte Antonia. »Nein! Nicht
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