Im Namen Des Schweins
dafür, dass sie Schmuck getragen hat. Der Körper war von jeglichen Haaren befreit. Auch vom Flaum, so dass wir dazu nicht viel sagen können … Die Haut ist vollständig verändert. Trotzdem meine ich Linien erkennen zu können, die von der Sonneneinstrahlung stammen. Ich könnte schwören, dass sie nie an den Strand ging, gleichwohl aber ziemlich viel Zeit im Freien verbrachte. Die Ausgeprägtheit der Linien spricht dafür, dass ihr Kleiderschrank nicht sonderlich variabel war. So trug sie beispielsweise keine ausgeschnittenen Kleider. Außerdem sind alte Einrisse an der Vagina zu erkennen, die ihr irgend so ein Schuster zusammengeflickt haben dürfte, der sich als Geburtshelfer ausgegeben hat. Leere Brustdrüsen, Schwangerschaftsstreifen … All das spricht zusammen mit anderen schwächeren Indizien dafür, dass es sich um eine ländliche Hausfrau und Mutter von zwei oder drei Kindern handelt, die ihrerseits wiederum mittlerweile so zwischen dreißig und vierzig Jahren alt sein dürften …«
»Das klingt nicht unbedingt nach einem Junkie, oder?«, sagt Berganza und schaut den Kommissar an.
»Ebenso wenig wie nach einem Angriff aus dem All«, rundet der Gerichtsmediziner ab.
»Schön, was können Sie uns sonst noch berichten …?«, fragt der Kommissar und wendet sich an den Forensiker.
»Habe ich mittlerweile nicht schon genug riskiert?«, fragt Prades.
Im Gesicht des Kommissars spiegelt sich gespielte Enttäuschung, während er mit dem Schnurrbart spielt: »Ich habe schon mutigere Männer erlebt …«
In Prades Gesicht deutet sich wieder ein Schmunzeln an: »Aber noch keine treffsichereren … Also gut, ich werde Ihnen noch vier Details verraten, die Sie interessieren werden. Erstens: Durch die Umstände des Mordes hatten wir die Möglichkeit, den Darm zu untersuchen, ohne eine Autopsie vornehmen zu müssen. Die Person hat zumindest in den letzten vierundzwanzig Stunden vor ihrem Tod nichts Festes zu sich genommen. Zweitens: Zwei der Fußnägel haben sich nicht abgelöst und zwar die an den beiden großen Zehen. Unter beiden waren Spuren aus einer Mischung von Schlamm, Stroh und den Ausscheidungen von Schweinen zu finden. Drittens: Die blauen Flecke und unregelmäßigen Spuren am Gesäß und in den Weichteilen lassen vermuten, dass sie geschlagen, vielleicht auch ausgepeitscht wurde, und zwar ante mortem. Viertens: Tiefe Druckstellen deuten darauf hin, dass sie an den Fußgelenken kopfüber aufgehängt wurde und zwar bevor und nachdem der Tod eingetreten ist.«
»Können Sie die Todesursache präzisieren?«
»Die genaue Todesursache? Zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Aber es sieht alles danach aus, als sei sie verblutet. Vermutlich nachdem sie mit einem Messer enthauptet worden ist. Nehmen Sie das als erste Arbeitshypothese.«
»Um welche Uhrzeit?«
»Habe ich mich nicht schon weit genug aus dem Fenster gelehnt?« Ein Schmunzeln, das sich deutlicher abzeichnet. »Es ist unmöglich, die genaue Uhrzeit zu bestimmen: Das hat etwas damit zu tun, dass die Temperatur des Körpers mehrfach erhöht und gesenkt wurde. Außerdem lässt sich natürlich in diesem besonderen Fall nicht von einem gewöhnlichen rigor mortis sprechen. Vermutlich so gegen Mitternacht. Aber die Aussage stützt sich mehr auf die Umstände. Wenn überhaupt jemand, dann wäre es an Berganza, hier Vermutungen anzustellen.«
Der Kommissar wendet den Blick nach links: »Haben wir die Kleidung, persönliche Wertgegenstände …?
Den Ring, der ihr zu klein geworden ist …?«
»Nichts. Wir gehen davon aus, dass sie nackt in einem Viehtransporter hierhergebracht worden ist.«
Berganza spielt immer noch mit dem Ohrring.
»Spuren …? Ich nehme mal an, dass die Spurensicherung schon da war …?«
»Ja. Sie sahen sich aber außerstande, den gesamten Schlachthof einzupulvern … Überall dort, wo man am ehesten mit Spuren hätte rechnen können, haben sie jedenfalls nichts gefunden. Das ist aber auch nicht verwunderlich. Die Geräte reinigen und desinfizieren sich automatisch jeweils am Ende einer Schicht. Wir haben auch keine Fußspuren gefunden, keine Haare, Zigarettenstummel, nicht einmal Stofffasern. Rein gar nichts.«
»Könnte das Opfer hier aus der Nachbarschaft kommen?«
»Das nehmen wir an. Sie war mindestens vierundzwanzig Stunden nüchtern. Das deutet darauf hin, dass sie vor ein oder zwei Tagen entführt worden sein muss. Wenn sie aus dem Dorf hier wäre, wäre sie sicher bereits als vermisst gemeldet worden. Selbst wenn sie allein
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