Im Netz des Spinnenmanns: Thriller (German Edition)
Bestes, um den Rest der Familie zusammenzuhalten. Sie suchte sich einen Job im Einkaufszentrum, damit sie etwas zum Familienunterhalt beisteuern konnte. Wenn sie nicht gerade arbeitete oder den Haushalt machte, lernte sie. Schon damals hatte sie gewusst, dass sie später menschliches Verhalten studieren wollte, um herauszufinden, warum manche Menschen zu Mördern wurden, während andere unter Einsatz ihres Lebens Mitmenschen retteten, die sie nicht einmal kannten. Aber in erster Linie wollte sie wissen, wie Kindesentführer tickten. Denn einer Sache war sie sicher: Mary war entführt worden. Ihre Schwester war einfach nicht der Typ, der von zu Hause ausriss. Und dennoch bestand für die Polizisten, die an dem Fall arbeiteten, kein Zweifel, dass sie genau das getan hatte. Sie behaupteten, Kinder würden oft ausreißen, wenn ihre Eltern ständig miteinander stritten.
Mary wäre nie abgehauen, dachte Jessica und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Sie und Mary waren mehr als nur Geschwister,sie waren so etwas wie beste Freundinnen. Sie hatten sich gegenseitig versprochen, sich zu beschützen und sich umeinander zu kümmern. Wenn die Eltern stritten, als die Mädchen noch klein waren, bauten Mary und Jessica in ihrem gemeinsamen Kinderzimmer Zelte aus Decken und verkrochen sich darin, um die Realität auszublenden.
Es mochte ja sein, dass Mary die Schreierei satt gehabt und nachts von glücklicheren Zeiten geträumt hatte, als ihre Eltern sich noch vertrugen. Aber Mary wäre nie abgehauen, ohne zuvor mit Jessica zu reden.
Samstag, 20. Februar 2010, 19:22 Uhr
Als sie wieder daheim waren, hörten Jared und Lizzy die Mailbox ab. Niemand hatte auf dem Festnetz angerufen. Lizzy wählte erneut Jessicas Nummer. »Sie geht immer noch nicht ran«, sagte sie zu Jared. »Heute Nachmittag um halb vier hat sie mir eine Nachricht hinterlassen. Sie schien wegen der zwei Namen, die sie der Liste von Verdächtigen hinzufügen sollte, aufgeregt zu sein. Sie wollte, dass ich mich umgehend bei ihr melde. Das ist jetzt schon vier Stunden her.«
Lizzy setzte sich vor den Laptop auf ihrem Kaffeetisch und fuhr ihn hoch.
Jared ging in die Küche. »Hast du ihre Festnetznummer?«
»Da hab ich’s auch schon probiert, aber es geht niemand ran.« Lizzy hörte, wie die Küchenschränke geöffnet und geschlossen wurden. Jared drehte den Wasserhahn auf und wieder zu und fragte dann: »Wie lange kennst du Jessica schon?«
»Ein paar Monate.«
»Hast du nicht gesagt, du hättest kaum Geld und könntest dir keine Angestellten leisten?«
»Sie hat sich mir geradezu aufgedrängt und lässt sich nicht so leicht abwimmeln. Bis gestern wurde ich aus ihrer Beharrlichkeit nicht so ganz schlau. Aber dann fand ich heraus, dass ihre Schwestereins der Mädchen ist, die vor vierzehn Jahren verschwanden.«
Jared lugte mit dem Kopf hinter der Trennwand zwischen Küche und Wohnzimmer hervor. »Was sagst du da?«
Lizzys Finger klapperten auf den Tasten. Dann sah sie zu ihm hinüber und seufzte. »Ich hab das erst gestern erfahren und nicht viel Zeit gehabt, groß darüber nachzudenken. Wir hatten viel zu tun.« Sie schrieb eine Adresse in ihr Notizbuch und stand auf. »Jessica glaubt, dass ihre Schwester noch lebt.«
»Wenn sie damals von zu Hause weggelaufen ist, kann das durchaus sein.«
Lizzy schüttelte den Kopf. »Jessica hat mir ein Foto gezeigt. Mary war eindeutig das Mädchen, das ich beinahe gerettet habe.«
»Hast du Jessica davon erzählt?«
»Das hab ich nicht übers Herz gebracht.« Lizzy schlüpfte in ihre Jacke, ging zur Tür und blickte sich über die Schulter nach ihm um. »Kommst du?«
»Wohin?«
»Ich muss Jessica finden und sichergehen, dass ihr nichts passiert ist. Ich hab mir gedacht, du könntest bei Gilman vorbeischauen, während ich mir Sullivan, diesen Schwimmtrainer, näher ansehe.«
»Wo wohnt Gilman?«
»Nicht besonders weit von hier.«
»Das gefällt mir nicht. Wir sollten zusammen hinfahren.«
»Ist ja lieb von dir, dass du auf mich aufpassen willst, Jared, aber ich bin kein kleines Mädchen mehr. Uns bleibt nicht viel Zeit. Ich ruf dich an, wenn ich dort bin, und du machst es genauso.«
Er seufzte und sah auf die Uhr. »Ich kümmere mich um Sullivan. Die Adresse habe ich. Du nimmst dir Gilman vor. Was für ein Auto fährt Jessica?«
»Den silberfarbenen Honda Civic ihrer Mutter.«
»Wenn du ihr Auto siehst, ruf mich an. Umgekehrt melde ich mich bei dir.«
Sie nickte.
»Mach keine Dummheiten.«
Sie traten
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