Im Palazzo sueßer Geheimnisse
Schwägerin und ihrer Nichte geführt.
„Paul ist nicht der Richtige für dich …“, hatte Maureen gleich gesagt, „… genau wie Dave es nicht war.“
Dave war ihr erster fester Freund gewesen. Damals war sie achtzehn und verliebt in die Liebe. Als er ihr einen Verlobungsring schenkte, hatte Lucy sich wie im siebten Himmel gefühlt. Aber irgendwann kam sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurück und begriff, dass sie unglücklich verheiratet ein Fiasko erleben würden.
Er passte ja auch nicht zu dir.
Noch heute hallten Lucy die Worte ihrer Tante im Ohr. Außerdem hast du ihn nicht wirklich geliebt.
Sie hatte nicht wirklich gesagt und nicht gar nicht . Jemand, den man „gar nicht“ liebte, war einem gleichgültig. Jemanden, den man „nicht wirklich“ liebte, mochte man gern. Paul mochte sie gern. Aber war er auch der Mann, von dem sie immer geträumt hatte? Der Mann, ohne den sie nicht leben konnte, weil er wie ein Teil von ihr war und mit ihr auf einer Wellenlänge schwamm?
Unruhig klopfte Lucy ihr Kissen zurecht. Mit einem Mal waren alle Zweifel wieder da. Und das nur, weil sie einem Mann begegnet war, der ihre Aufmerksamkeit erregt hatte und ihrer Fantasie Flügel verlieh. Einem Mann, der sicherlich verheiratet war. Italiener, das wusste Lucy von ihrer Mutter, gründeten gern jung eine Familie. Michele Lorenzo schätzte sie auf Anfang dreißig, und sie konnte sich nicht vorstellen, dass er noch Single war …
Aber machte es einen Unterschied, wenn sie beide ungebunden wären? Zwar hatte er sie kaum aus den Augen gelassen, aber sehr angetan schien er nicht von ihr.
Jedenfalls hatte er nicht gefragt, wo sie wohnte. Wo er lebte, wusste sie auch nicht. Gut, Venedig war nicht riesig wie London, aber die Chance, dass sie sich noch einmal zufällig über den Weg liefen, war gering.
Sollte sie ihn dennoch wiedersehen, würde sie ihn allerdings nie mehr vergessen. Das wusste Lucy genau. Denn schon jetzt fühlte sie sich sehr zu ihm hingezogen. Und nicht nur körperlich. Nein, da war mehr zwischen ihnen. Viel mehr. Es war wie eine Seelenverwandtschaft auf den ersten Blick.
Das ist doch sentimentales Geschwätz!, schimpfte sie mit sich selbst. Weitaus aufgewühlter, als sie es zugeben mochte, brauchte sie allerdings ziemlich lange, um einzuschlafen.
2. KAPITEL
Mitten in der Nacht riss Lucy ihr sechster Sinn aus dem Schlaf und aus ihren Träumen. Sie erwachte wie aus einer Katastrophe und war nicht wenig erschrocken.
Noch im Liegen überlegte sie fieberhaft, ob sie die Tür geschlossen hatte, und lauschte angespannt. Da war es wieder, dieses Geräusch …
Mit einem Ruck setzte sie sich auf: „Wer ist da?“
Lucy spürte es mehr, als dass sie es sah – in ihrem Zimmer bewegte sich etwas. Als sie nach der Lampenschnur suchte, sie fand und gerade mit wild klopfendem Herzen das Licht anknipste, hörte sie die Tür ins Schloss fallen.
Sie schwang sich aus dem Bett, lief zur Tür, öffnete sie und spähte den schwach beleuchteten Flur entlang. Alles war ruhig, niemand zu sehen.
Sie lief zurück und schaute auf dem Nachttisch nach. Dort lag Pauls Ring, wo sie ihn hingelegt hatte, aber ihre Handtasche … die stand offen.
Hatten sie die nicht zugemacht? Vorstellen konnte Lucy es sich nicht, aber absolut sicher war sie sich auch nicht.
Schnell überprüfte sie, ob nichts fehlte: Bargeld, Kreditkarten – alles da.
Hatte sie geträumt oder sich den Einbrecher im Halbschlaf nur eingebildet? Wieder war sie sich unsicher. Für alle Fälle vergewisserte sie sich, ob die Tür wirklich zu war, ehe sie ins Bett ging, das Licht ausmachte und sich zwang, sich wieder abzuregen. Aber es dauerte eine Weile, bis sich ihr Puls normalisierte …
Sowie sie die Augen schloss, hatte sie ein dunkles, markant attraktives Gesicht vor sich, das ihr den letzten Schrecken nahm und sie schließlich einschlafen und erneut von Michele Lorenzo träumen ließ.
Am nächsten Morgen spürte Lucy die Sonne auf ihren geschlossenen Lidern. Als sie die Augen aufschlug, sah sie die Strahlen durch die Schlitze der Fensterläden fallen und Streifenmuster auf ihr Bett werfen.
Sie erwachte mit einem Gefühl gespannter Erwartung. Einem Gefühl, dass bestimmte Dinge erledigt, Entscheidungen getroffen werden mussten.
Eine Entscheidung allerdings hatte sie schon während des Einschlafens getroffen: Sie konnte Paul nicht heiraten. Ihre Zweifel, ob sie zueinander passten, ob sie ihn genug liebte, waren durch ihre Reaktion auf Michele Lorenzo
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