Im Paradies deiner Kuesse
diesen Effekt auf Menschen. Deswegen fühlte er sich hier ja auch so wohl. Hier auf diesem Gletscher und überall dort, wo von Menschenhand geschaffene Strukturen, Stromleitungen und Mobilfunknetze meilenweit entfernt waren. Dann fühlte er sich lebendig.
„Ich werde nie wieder derselbe sein wie zuvor!“
Finn runzelte die Stirn. Normalerweise bereiste er solche Orte allein, um die Stille genießen zu können. Aber mit dem gesprächigen Schauspieler an seiner Seite würde es wohl kaum dazu kommen.
Die Produktionsfirma hatte allerdings darauf bestanden, dass er in der fünften Staffel von „Die Abenteuer des Furchtlosen Finn“ jede Woche von einem anderen Stargast begleitet wurde. Ihm hatte das vorherige Format viel besser gefallen. Jede Woche in einer anderen unberührten Landschaft, Überlebenstipps und Informationen über bedrohte Tierarten. Das reichte doch wohl, oder?
Den Fernsehproduzenten hatte es anscheinend nicht genügt. Sie behaupteten, er sei zu kompetent. Was für ein Unsinn! Gerade weil er sich in der Wildnis so gut auskannte, hatten sie ihm doch vor vier Jahren diesen Job gegeben. Aber leider konnten sich diese Anzugträger nicht mehr daran erinnern. Jetzt glaubten sie, das Publikum würde seine Sendung früher oder später langweilig finden. Also sollte er sein Wissen nun an Survivalanfänger weitergeben. Und natürlich liebten die Zuschauer es, ihre Stars außerhalb der glitzernden Promiwelt zu sehen.
Finn seufzte. Es hätte schlimmer kommen können. Toby war ein netter Kerl, und es hatte ihm sogar Spaß gemacht, zu beobachten, wie sich der Schauspieler allmählich immer selbstsicherer in der Natur bewegte.
„Und? Weißt du schon, wer dein nächstes Opfer ist, Finn?“
„Ja. Anya Pirelli.“
„Wow! Die Tennisspielerin?“
Finn nickte.
„Du bist wirklich ein Glückspilz!“, rief Toby und klopfte ihm auf die Schulter.
„Das findet meine Verlobte auch.“
„Du bist verlobt? Oh, das ist natürlich ungünstig.“
„Finde ich nicht. Meine Verlobte ist Natalie Cross.“
„Die Reporterin vom Discovery Channel? Wow! Die ist heiß! Und sie hat nichts dagegen, wenn du eine Woche mit Anya Pirelli auf einer einsamen Insel verbringst?“
„Nein, sie ist nicht eifersüchtig“, erwiderte Finn lachend. „Keiner von uns beiden.“
Darum sind wir ja auch das ideale Paar!
Sie brauchten beide ihre Freiräume.
„Wann soll denn die Hochzeit sein?“, erkundigte sich Toby.
Sofort verschwand Finns Lächeln. „Wenn wir die Zeit dafür finden.“ Er zuckte die Achseln. Ihre Verlobungszeit dauerte nun schon zwei Jahre an. Einige Menschen mochten das für zu lang halten.
Aber Nat und ich sind eben ständig unterwegs. Irgendwann wird sich schon eine Gelegenheit bieten.
„Nat wird kein Problem damit haben, dass ich mit Anya Pirelli zusammenarbeite“, wiederholte er, als wollte er einen lästigen Gedanken abschütteln.
„Dass du mit ihr ‚zusammenarbeitest‘? Du wirst mit ihr allein sein! Noch dazu an einem der schönsten Orte der Welt. Woher soll deine Verlobte wissen, dass zwischen euch nichts passiert?“
„Rate mal!“ Finn deutete auf seinen Kameramann.
„Ah, ich Idiot!“ Lachend schlug Toby sich an die Stirn. „Ich habe mich so an die Kamera gewöhnt, dass ich ständig vergesse, dass sie überhaupt da ist!“
„Ja, das Gefühl kenne ich.“ Auch Finn vergaß oft, dass er bei seinen Abenteuern nicht ganz auf sich allein gestellt war. Der Kameramann und der Produzent begleiteten ihn überallhin – und manchmal auch ein Sicherheitsexperte.
Plötzlich erschien ein silberner Punkt am Horizont. Der Hubschrauber kam, um sie abzuholen. Ein Abenteuer ging zu Ende. Doch das nächste wartete schon auf ihn. Und Finn konnte es wie immer kaum erwarten.
3. KAPITEL
Vor ihr auf dem Küchentisch lag ein dicker Stapel Zeitungen. Nervös blickte Allegra ihren Vater an.
„Soll ich sie dir vorlesen?“, fragte er.
Allegra schüttelte den Kopf. Wahllos griff sie in die Mitte des Stapels und zog eine Zeitung heraus.
Mist! Der Kritiker, der für dieses Blatt schrieb, traf immer genau ihren wunden Punkt. Mit einer geradezu magischen Treffsicherheit schien er zu wissen, welche Elemente des Auftritts ihr selbst am meisten Kopfzerbrechen bereiteten.
Das war kein guter Anfang! Andererseits, je eher sie diese Kritik hinter sich hatte, desto besser! Die anderen Rezensionen würden nicht so schmerzhaft sein. Wenigstens hoffte sie es.
Seufzend schlug sie die Zeitung auf und blätterte zum
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