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Im Pfahlbau

Im Pfahlbau

Titel: Im Pfahlbau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Theodor Sonnleitner
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endlich ein und erwachte erst, als ihr die Sonnenstrahlen durch eine Fuge der Nestwand steil ins Gesicht schienen. Peter war noch nicht zurück! Sie ging ihn suchen. Erst durchschritt sie das verschlammte Grasland und Buschwerk oberhalb des Fuchsenbühels und überquerte dann die mit verblühten Huflattichen übersäte Steinschlaghalde. Vorsichtig umging sie den Laubwald an der Südwand und lief an den Bärenhöhlen vorbei zum Alten Steinschlag und zur Moorbachquelle. Dann stieg sie im Bachbett abwärts. Schneller als sie gedacht, langte sie an Peters Lagerplatz an. Er war nicht da. Staunend besah sie sein Zelt und dessen Einrichtung. Daß sein Lagerfeuer glomm, beruhigte sie.
    Plötzlich fuhr ihr ein Gedanke durch den Kopf: Im Goldgraben ist er, darum die Heimlichtuerei! Sie wußte nicht, wo der Graben lag, darum blieb ihr nichts anderes übrig, als dem von Peter getretenen Pfad im Busch und Schilf zu folgen. So kam auch sie an das Nest des Rohrsängers, war aber viel zu sehr von der Absicht eingenommen, Peter beim Goldsuchen zu belauschen, als daß sie sich langen Betrachtungen über den Pfahlbau des Vogels hingegeben hätte. Der Pfad führte sie zum Graben, wo sie die Spur verlor. Also im Bachbett weiter! Kalt drang das Wasserdurch die löcherigen Sohlen der Fußwickel, sie achtete nicht darauf. Mit gierigen Blicken suchte sie den glimmerreichen, in der Sonne glitzernden Sand beider Ufer nach Goldkörnern ab.
    Als es ihr glückte, ein winziges Körnchen zu finden, hätte sie aufjubeln mögen. Aber sie hielt an sich. Jedes Geräusch vermeidend, drang sie bachaufwärts. Und unbemerkt stand sie plötzlich hinter Peter, der, auf einem Sandhaufen kniend, mit einer Muschelschale vorsichtig an einer Seitenwand der Sandkammer schabte. Eva hielt den Atem an. Obwohl sie vermutete, daß er nach Gold grub, hielt sie es für klüger, ihm nicht zu verraten, daß sie ihn durchschaut hatte. In ihrer Begierde nach dem blitzenden Metall beschloß sie, dem Goldgräber die Fundstelle abzulisten.
    »Peter!« rief sie so freundlich, als läge nichts zwischen ihnen. Da fuhr er herum: »Was machst du da?« Und sie fragte scheinheilig: »Wird das eine Stube für mich?« Einen Augenblick schaute er ihr verdutzt ins Gesicht. Und dann begann er umständlich auszumalen, was erst ihre Frage in ihm angeregt hatte: »Ja, wenn's dir so recht ist. Es fehlt nimmer viel, dann brauchen wir nur oben ein paar feste Stangen darüberzulegen und Reiser und Schilf und Rasen drauf; den Boden machst dir schön eben, an der Rückwand kannst dir die Liegestatt richten und vorn die Feuerstelle, daß dir kein Bär hineingeht. Das Wasser ist weit genug weg, die Schneeschmelze ist vorbei, ich glaub', da kannst du recht gut hausen; wenigstens den Sommer über. Ja.«
    Eva nickte verblüfft. Jetzt wußte sie erst recht nicht, wie sie daran war. Und unvermittelt bat sie um eine Forelle.
    Da fragte er lauernd: »Warst du auf meinem Lagerplatz?«
    »Ja«, antwortete sie einfach, ohne den Argwohn in seiner Frage zu bemerken. Er wies sie an, einstweilen den Boden ihrer neuen Stube zu ebnen, und dann lief er fort; in derlinken Faust hielt er die neue Ausbeute an Goldkörnern. Der Verdacht, sie habe auf seinem Lagerplatz nach dem Gold gesucht, trieb ihn zum Zelt.
    Alles war unberührt. Beruhigt tat er die neue Ausbeute dazu und vergrub den Schatz tiefer, bevor er seine Liegestatt darüber in Ordnung brachte. Mit drei Forellen eilte er zu Eva zurück, machte aber nicht den Umweg über den Schilfboden, sondern bahnte sich quer durchs Dickicht einen neuen, geraden Pfad hinüber und war überrascht, wie nahe die künftige Erdstube Evas bei seinem Lagerplatz lag. Einträchtig schmausend, wie in alter Zeit, saßen sie auf dem Boden des neuen Heims und beeilten sich mit dem Essen, um möglichst bald mit dem Erweitern und Decken der Erdstube beginnen zu können. Ohne Verzug machte sich Peter daran, das notwendige Holz heranzubringen, während Eva Rasenflöze beschaffte und damit den Stubenboden erhöhte. Als Peter zu lange ausblieb, folgte sie ihm zur Holztrift.
    Wie staunte sie über die unerschöpfliche Menge angetriebener Baumstämme und Strünke! Die Geier und Raben, die sie nach Peters Schilderung an der Stelle erwartet hatte, waren nicht mehr zu sehen. Dafür wimmelte es im Wasser von Fischen, die sich an Aasresten gütlich taten. Viel Wassergeflügel trieb sich zwischen dem Schwemmholz herum, Bläßhühner und Enten mit ihren Jungen, Zwergreiher und Rohrdommeln. Langbeinige

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