Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Reich des Wolfes

Im Reich des Wolfes

Titel: Im Reich des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
Vom Netzwerk:
über ihren. »Vergiß meine Gedanken. Fühle einfach meine Berührung. Ist sie nicht sanft? Ist das nicht schön?«
    Sie entriß ihm ihre Hand. »Nein, ist es nicht!«
    »Aha! Jetzt lügst du, meine Schöne. Ich habe vielleicht nicht deine Gabe, aber ich weiß, was du gefühlt hast. Und das war keineswegs unangenehm.«
    »Deine Arroganz ist ebenso gewaltig wie diese Mauern«, tobte sie.
    »Ja, das ist sie«, gab er zu. »Und aus gutem Grund. Ich bin ein sehr begabter Knabe.«
    »Du bist eingebildet und siehst nicht weiter als deine eigenen Wünsche. Dann sag mir, Senta, was kannst du mir bieten? Und bitte, keine Prahlerei über das Schlafzimmer.«
    »Du sprichst meine Namen so schön aus.«
    »Beantworte meine Frage! Und denk daran, daß ich weiß, ob du lügst.«
    Er lächelte sie an. »Du bist für mich geschaffen«, sagte er leise, »so wie ich für dich. Was ich dir biete? Alles, was ich habe, meine Schöne«, flüsterte er. Seine Augen hielten ihren Blick fest. »Und alles, was ich je haben werde.«
    Für einen Augenblick schwieg sie. »Ich weiß, daß du glaubst, was du sagst«, erwiderte sie schließlich. »Aber ich glaube nicht, daß du die Stärke besitzt, danach zu leben.«
    »Das mag stimmen«, gab er zu.
    »Und du wolltest Angel und meinen Vater töten. Glaubst du, ich könnte dir das verzeihen?«
    »Das hoffe ich«, antwortete er. Und in diesem Moment sah sie in seinen Gedanken ein Bild aufflackern, eine Erinnerung, die er zu verbergen versuchte. Es versetzte ihr einen Schock.
    »Du wolltest Angel gar nicht töten! Du warst bereit zu sterben.«
    Sein Lächeln schwand, und er zuckte die Achseln. »Du hast mich gebeten ihn zu verschonen, meine Schöne. Ich dachte, du liebst ihn vielleicht.«
    »Du hast mich doch gar nicht gekannt! Du kennst mich noch immer nicht. Wie konntest du da bereit sein, dein Leben zu geben?«
    »Laß dich davon nicht allzusehr beeindrucken. Ich mag den alten Mann. Und ich hätte versucht, ihn zu entwaffnen, vielleicht zu verwunden.«
    »Er hätte dich getötet.«
    »Hätte dir das leid getan?«
    »Nein - damals nicht.«
    »Aber jetzt?«
    »Ich weiß nicht ... ja. Aber nicht, weil ich dich liebe. Du hattest viele Frauen - und du hast allen gesagt, daß du sie liebst. Wärst du für sie gestorben?«
    »Vielleicht. Ich war immer schon ein Romantiker. Aber mit dir ist es anders. Das weiß ich.«
    »Ich glaube nicht, daß Liebe so schnell entstehen kann«, sagte sie.
    »Die Liebe ist ein seltsames Wesen, Miriel. Manchmal springt es aus seinem Versteck und trifft plötzlich wie ein Speer. Zu anderen Zeiten kommt es langsam und heimlich angekrochen.«
    »Wie ein Attentäter?«
    »Genau so«, stimmte er mit einem strahlenden Lächeln zu.

11.

    Jahunda legte einen Pfeil auf die Sehne und wartete darauf, daß der Reiter zwischen den Bäumen hervorkam. Seine Finger waren kalt, doch sein Blut war von der Jagd erhitzt. Der Drenai hatte seinen Weg mit Bedacht gewählt, die breiten, viel benutzten Pfade gemieden und sich an die schmalen Wildpfade gehalten. Doch Jahunda hatte ihn trotzdem entdeckt, denn der Sathuli-Herrscher hatte ihm befohlen, vom Chasica-Gipfel den Süden zu beobachten, und niemand konnte das Land der Sathuli von der sentranischen Ebene her betreten, ohne daß man ihn von Chasica aus sehen konnte. Es war eine große Ehre, wenn man solches Vertrauen genoß - vor allem, wenn man ein Vierzehnjähriger war, der noch keine Bluttaten geleistet hatte. Aber der Sathuli-Herrscher weiß, daß ich ein großer Krieger und Jäger werde, dachte Jahunda. Und er hat mich für diese Aufgabe erwählt.
    Jahunda hatte Rauchzeichen gegeben; dann war er den Berg hinabgeklettert und hatte sich vorsichtig zum ersten Hinterhalt geschlichen. Doch der Drenai war nach rechts abgebogen und hielt auf den Hochpaß zu. Jahunda schulterte seinen Bogen und rannte zum zweiten Hinterhalt, der den Wildpfad überblickte.
    Der Drenai mußte hier auftauchen. Er wählte mit Sorgfalt einen Pfeil und hoffte, daß er ihn töten konnte, ehe die anderen kamen. Dann würde das Pferd rechtmäßig ihm gehören, und es sah aus wie ein gutes Tier. Er schloß die Augen und lauschte auf das leise Tappen von Pferdehufen im Schnee. Schweiß rann unter seinen weißen Burnus hervor, und Angst dörrte ihm die Kehle aus. Der Drenai war kein Kaufmann. Dieser hier war ein vorsichtiger Mann, der wußte, wo er war und in welcher Gefahr er sich befand. Daß er überhaupt hier war, sprach für seine Tapferkeit und sein Selbstvertrauen.

Weitere Kostenlose Bücher