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Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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dichtete.
     
    Oh Palmenstrunk
    Oh Palmenduft,
    Oh Todesstrick
    Der mich jetzt ruft.
    Nie wieder lachen.
    Weibern winken.
    Fein Sachen machen.
    Rotmet trinken.
    Oh Meereswellen
    Liebelei
    Die Tränen quelln
    Es ist vorbei!
     
    Das war ein großartiges Gedicht. Es war ihm spontan eingefallen und am liebsten hätte er es vorgetragen, aber der Blick der Rothaarigen hieß ihn schweigen. Sie stand bereit, in der Hand einen Strick. Sie wartete auf ihn. Es sah aus, als hätte sich die ganze Mannschaft versammelt. Schlanke, braunhäutige Frauen, einige mit Tätowierungen, andere mit Silberschmuck behängt. Sie trugen Pfeil und Bogen. Gazellen, bereit zum Kampf. Gegen diese geballte Kraft und Grazie hatte ein stapfender kantiger Zwerg keine Chance.
    Die Augen der Rothaarigen blitzten.
    »Hallo Zwerg!«, donnerte sie mit erstaunlich angenehmer Stimme.
    »Hallo«, krächzte er zurück und zog seine Beine von der Leiter. Er richtete sich auf und versuchte nicht ganz so stark zu zittern.
    »Eigentlich wollte ich das meine Mannschaft machen lassen, da ich anderes zu tun habe. Dann aber dachte ich mir, dass ich durchaus etwas Erheiterung nötig habe.«
    Erheiterung!
    So also feierten Amazonen eine Hinrichtung?
    Als Fest?
    »Ich freue mich, dir eine Freude zu machen«, flüsterte Frethmar.
    »Was glaubst du, haben wir mit diesem Strick vor, Zwerg?«
    Er räusperte sich. Irgendwie wollten die Worte nicht so recht über seine Lippen. »Mich aufhängen, schätze ich.«
    »Das stimmt, Zwerg!«
    Die anderen Amazonen nickten zustimmend.
    »Ich vermute, es hat keinen Sinn, wenn ich euch erkläre, warum ich an Bord des Schiffes war?«
    »Interessieren würde es uns, Zwerg. Aber auf der Insel, vor der wir geankert haben, wartet eine wichtige Aufgabe auf mich.«
    »Und weil du es eilig hast, möchtest du es schnell erledigen?«
    »So ist es, Zwerg!«
    Frethmar senkte den Kopf. »Ich werde nicht betteln, Amazone ...«
    »Dann bist du nicht nur ein Dieb und Einschleicher, sondern ein mutiger Dieb und Einschleicher.«
    »Es war ein Zufall, ein Unglück, Rothaarige.«
    Eine der umstehenden Amazonen zischte: »Nenne sie Große Lysa.«
    »Es war ein Unglück, Große Lysa.« Er bemühte sich um eine feste Stimme und war erstaunt, dass es ihm gelang. Er würde sterben wie ein ganzer Zwerg, hoffte allerdings, dass niemand in Gidweg von seinem unrühmlichen Ende erfuhr. Aufgehängt von Weibern. Bei Starklin und Sviufir. Das musste unbedingt ein Geheimnis bleiben.
    Walberan würde das verbreiten und ganz Gidweg würde lachen. Sie würden sagen, sie hätten es stets geahnt. Genauso musste einer wie Stonebrock sterben. Die Neugier hatte ihm das Genick gebrochen. Seht Kinder – so kann es gehen, wenn man nicht brav ist!
    Zwei Amazonen traten vor und flankierten ihn. Eine andere schnitt ihm den Rückzug ab. Mit einer geschmeidigen Bewegung warf die Große Lysa ihm die Schlinge um den Hals. So schnell, dass Frethmar kaum wusste, wie ihm geschah. Nun hatten sie es wirklich eilig. So kam er wenigstens nicht dazu, allzu viel über den nahenden Tod nachzudenken. Er ließ es geschehen. Das Seil um seinen Hals fühlte sich hart und feucht an. Alles in ihm schrie, er solle einen Fluchtversuch wagen, sich wehren, das nicht mit sich machen lassen.
    Aber würde er sich dauerhaft der gerechten Strafe entziehen können? Sie würden ihn einfangen, denn sie waren schnell und gefährlich – allerdings hatte jede von ihnen zwei Brüste. Na, immerhin!
    Hände griffen in die Schlinge, weiteten sie und zogen sie über Frethmars herabhängende Arme, verkanteten sie am Proviantbeutel, schoben und zogen, schließlich wurde das Seil zugezogen. Seine Arme klebten am Körper, das Seil war unter seinem Bart über den Bauch gespannt. Mit zwei, drei kräftigen Schlägen schubsten sie ihn zur Reling, öffneten eine Klappe und stießen ihn in die Tiefe.
    Das Seil straffte sich.
    Ein schmerzhafter Ruck durchfuhr Frethmar. Er hatte das Gefühl, seine Arme und Rippen würden brechen und sein Bauch platzen.
    Er baumelte wie ein verschnürtes Paket nur eine Armlänge über einem Ruderboot, in dem eine Amazone erwartungsvoll nach oben blickte. Hin und her. Hin und her. Wuuusch! Und zurück! Über ihm kreischten und lachten die Amazonen. Sie klatschten in die Hände und hatten ihren Spaß.
    Frethmar baumelte und baumelte, bis eine hilfreiche Hand ihn anhielt. Das Seil gab etwas nach und er fiel, ohne sich abstützen zu können, mit seinem ganzen Körpergewicht in das Boot. Er stöhnte und

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