Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
ist, muss immerzu denken, nicht wahr?«
»Das mag sein«, sagte Bluma und lächelte verlegen.
»Dann bitte ich dich um Geduld. Auch beim Denken, kleine Barb, gibt es eine Zeit des Pflügens und eine Zeit der Ernte. Wir wollen jetzt erst mal den Pflug aus der Scheune holen, einverstanden?«
Ich bin nicht mehr klein!
»Wenn du meinst ...«, schmollte Bluma.
»Ja, das meine ich. Und nun lass uns aufbrechen und Kleidung besorgen. Ein nackter Mann ist ein hilfloser Mann.«
Frethmar Stonebrock blinzelte ins Sonnenlicht, das durch die Planken über ihm fiel.
Er hatte Hunger.
Er hatte noch nie so viel Hunger gehabt.
Er war völlig verzweifelt vor lauter Hunger!
Sein Magen knurrte so durchdringend, dass er nicht begriff, wieso man ihn noch nicht gefunden hatte. Er versteckte sich hinter einem Stapel Taue, die feucht waren und entsprechend stanken?
Mit Grausen erinnerte er sich daran, was er empfunden hatte, als das Schiff ablegte. Zwar war es ihm gelungen, unter Deck zu kommen, indem er durch die Gänge schlich und den Amazonen ein ums andere Mal auswich, aber an Deck kam er nicht. Er plante, die folgende Nacht abzuwarten, um sich von Bord zu schleichen.
Die Amazonen machten ihm einen Strich durch die Rechnung.
Es gab einen schrillen Pfiff, Befehle schwirrten hin und her, es quietschte und knarrte und jäh legte das Schiff ab. Unter Frethmar gluckerte Wasser und schließlich wurde ihm übel, was ein sicheres Zeichen dafür war, dass sie auf See waren.
Liebe Güte, wohin fuhr das Schiff?
Was sollte er jetzt machen?
Er hatte, ohne es zu wollen, Gidweg verlassen, seine Freunde, seine Kameraden, seine Familie ...
Welche Freunde? Welche Familie?
Unwichtig, er war entführt worden. Und das von halbnackten Frauen, denen eine Brust fehlte. Er zitterte vor Angst und kam sich vor wie eine Maus in der Falle. Das hatte er jetzt davon. Warum konnte er nicht einmal vernünftig sein? Warum musste er seine knollige Nase in alles reinstecken?
Frethmar war sich klar darüber, dass er sich versteckt halten musste. Er hatte keine Lust, an einer Rahe zu baumeln, gekielholt zu werden oder als Fischfutter zu enden.
Also fand er sich vorübergehend mit seinem Schicksal ab und machte es sich gemütlich. Das funktionierte ganz gut. Hier unten kam, wie es schien, niemand hin, er war alleine und würde abwarten, was geschah. Nach wenigen Stunden begann sein Magen zu knurren. Er hatte heute nicht gefrühstückt, außerdem pochte sein Schädel, weil er zu viel gesoffen hatte. Seine Lippen klebten aneinander, und als er an seinen Barthaaren kaute, vergingen weder Hunger noch Durst.
Er schlief ein.
Als er erwachte, war er durcheinander. Alles war dunkel, es fiel kaum Licht durch die Planken, die über ihm waren. Also war es Nacht?
Wenn er seinem Magen trauen konnte, war es ganz sicher Nacht. Er krümmte sich zusammen und stöhnte. Gnädigerweise schlief er wieder ein.
Er träumte wild.
Er sah vor sich die schlanken Beine von zwei Amazonen. Er starrte zu ihnen hoch und war verwundert, wie freundlich sie aussahen. Sie blickten zu ihm und sagten etwas in einer fremden Sprache. Und sie hatten Brüste. Zwei! Er wollte etwas sagen, aber der Traum ließ das nicht zu. Also stöhnte er erbärmlich, was die Amazonen zum Lachen brachte. Als er die Augen das nächste Mal öffnete, war der Traum vorbei. Er war in Schweiß gebadet und Licht fiel durch die Ritzen.
Prall gefüllte Segel schoben das Schiff voraus und die Taue ächzten. Der Schiffsrumpf hob und senkte sich, dann hob er sich erneut, schwebte für eine Weile im Nichts und fiel auf das Wasser zurück. Frethmar kugelte herum und stieß sich die Stirn. Sein Magen rebellierte.
Er musste sich stellen.
Sonst würde er sterben!
Ihm war elend zumute aber ihm fehlte der Mut. Also kroch er in sich zusammen, verknotete sich regelrecht und hoffte, dass das Schiff endlich wieder ruhigere Gewässer fände. Und das diese fürchterliche Reise bald zu Ende sei.
Vor seinen Augen hopsten gebratene Hühner durch den Lagerraum und er meinte Met zu riechen. War er neben der Kombüse? Briet der Smutje etwas Leckeres? Es roch so fein, so herrlich, so schmackhaft!
Verzweifelt kramte er in seinem Proviantbeutel. Er fand seine Pfeife, etwas Tabak und einen Ersatzschnürsenkel. Nichts zu essen. Nun, er konnte Leder kauen. Sagte man nicht, das half über das Schlimmste hinweg? Er betrachtete seine Stiefel und ekelte sich. Nein, sie rochen nach seinen Füßen und so hungrig war er doch nicht.
So
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