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Im Schatten des Fürsten

Im Schatten des Fürsten

Titel: Im Schatten des Fürsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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verwandelten den Laut in ein Zischen. »Zu den Weinschenken, wie?«
    »Dadurch kann ich mich leichter hinschleichen«, erwiderte Max. »Sonst würde sich die ganze Arbeit doch gar nicht lohnen.«
    »Treib mit solchen Dingen keine Scherze, Max«, warnte Gaelle, die seltsam leise sprach. »Die Tiefen dehnen sich über Meilen aus, und nur die Elementare wissen, was dir hier unten alles begegnen kann. Du solltest auf den Wegen bleiben, die wir kennen.«
    Tavi erreichte das Ende der Treppe und bog nach links in einen breiten Gang ein. Er begann, auf der rechten Seite offene Türen zu zählen. »So schlimm ist es auch wieder nicht. Ich habe mich auch ein bisschen hier herumgetrieben.«
    »Tavi«, sagte Ehren aufgebracht. »Das ist der Grund, weshalb Meister Killian dir immer so viel zu tun gibt. Damit du dich nicht ständig selbst in Schwierigkeiten bringst.«
    »Ich passe schon auf.« Tavi lächelte.
    Sie betraten nun einen anderen Gang, der steil nach unten führte. Ehren fragte: »Und wenn du mal einen Fehler machst? Wenn du in eine Bodenspalte fällst? Oder in einen alten Schacht, der mit Wasser vollgelaufen ist? Oder auf einen wildgewordenen Elementar stößt?«
    Tavi zuckte mit den Schultern. »Das Leben steckt nun mal voller Risiken.«
    Gaelle zog eine Augenbraue hoch. »Jedenfalls hört man selten, dass irgendein Dummkopf in einer Bibliothek ertrunken, verhungert oder tödlich abgestürzt ist.«
    Tavi warf ihr einen verärgerten Blick zu. Sie erreichten eine
Kreuzung, wo der Boden wieder eben wurde. Aus den Augenwinkeln meinte er eine Bewegung zu bemerken, daher drehte er sich nach rechts und starrte in den anderen Gang.
    »Was gibt es denn?«, fragte Max.
    »Weiß nicht genau«, antwortete Tavi. »Ich habe gedacht, ich hätte Licht gesehen.«
    Gaelle war bereits nach links in die andere Richtung abgebogen, und Ehren folgte ihr. »Kommt schon«, sagte sie. »Ihr wisst doch, er wartet nicht gern.«
    Max murmelte: »Er weiß allerdings auch, wie ungern wir eine Mahlzeit verpassen.«
    Tavi grinste den größeren jungen Mann an. Der Gang führte zu einer rostigen Eisentür. Tavi drückte deren Flügel auf, und die vier Akademe betraten den Klassenraum dahinter.
    Er war riesig, größer noch als der Speisesaal der Akademie, und die Decke verlor sich im Schatten. Eine Doppelreihe grauer Steinsäulen trug das Dach, und Elementarlampen tauchten den Raum in grelles, grünlich weißes Licht. Auf der anderen Seite der Halle lag ein großes Viereck aus Schilfmatten auf dem Boden. Daneben stand ein schweres, bronzenes Kohlebecken, dessen Glut ein wenig Wärme spendete. An einer der Säulenreihen war an der Seite ein langer Streifen für Waffenübungen abgetrennt. Gegenüber standen Holzpfosten, Balken und andere Klettergerüste verschiedener Größe, außerdem hingen Seile von der Decke - ein Hindernisparcours.
    Maestro Killian saß auf den Knien neben dem Kohlebecken. Er war ein runzliger alter Mann, dessen flaumiges feines Haar einen weißen Kranz um die glänzende Glatze bildete. Am dünnen, kleinen und offenbar gebrechlichen Körper trug er eine schwarze Gelehrtenrobe, die allerdings längst zu fadenscheinigem Grau verblichen war. Die Füße steckten in mehreren Paar Wollstrümpfen, und sein Stock lag neben ihm auf dem Boden. Während die jungen Leute näher kamen, hob Killian den Kopf und wandte ihnen die blinden, trüben Augen zu. »Das nennt ihr
also ›so schnell wie möglich‹?«, krächzte er verärgert. »Zu meiner Zeit hätte man Kursoren in Ausbildung ausgepeitscht und ihnen Salz in die Wunden gestreut, wenn sie sich so langsam bewegt hätten.«
    Die vier traten auf die Schilfmatten und ließen sich in einer Reihe dem alten Mann gegenüber nieder. »Entschuldige, Maestro«, sagte Tavi. »Mein Fehler. Es ging wieder einmal um Brencis.«
    Killian tastete nach seinem Stock und erhob sich. »Keine Ausreden. Du musst einfach eine Möglichkeit finden, ihm aus dem Weg zu gehen.«
    »Aber, Maestro«, protestierte Tavi. »Ich wollte doch nur frühstücken.«
    Killian tippte Tavi mit dem Stock auf die Brust. »Ein wenig bis zum Mittagessen zu fasten, hätte dir nicht geschadet. Zumindest hättest du so deine Disziplin unter Beweis gestellt. Besser noch, du hättest Voraussicht gezeigt und dir vom Abendbrot etwas für das Frühstück aufbewahrt.«
    Tavi verzog das Gesicht. »Ja, Maestro.«
    »Wurdet ihr gesehen, als ihr eingetreten seid?«
    Gemeinsam antworteten die vier. »Nein, Maestro.«
    »Also gut«, meinte Killian.

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