Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)
Dank. Es sind gestern genug Menschen gestorben.«
»Du hast den Kindern auch gesagt, der Kaiser würde solche Jagden zukünftig unterbinden?«
»Das stimmt. Seine Majestät wusste nichts davon. Es handelte sich um ein perverses Privatvergnügen unseres missratenen Prinzen. Aber dem wurde nun ein Riegel vorgeschoben. Zumindest hat mir das der Kaiser nach meiner Rückkehr versprochen, und ich halte ihn für einen Mann, der zu seinem Wort steht.«
»Dann danke ich dir erneut.« Bonasse legte ihm die gepanzerte Rechte auf die Schulter. »Ich bin froh, dass wir uns begegnet sind, Jonan Estarto. Viel Glück auf deiner weiteren Reise.«
»He, Bonasse«, rief Pitlit. »Bevor wir gehen, habe ich noch etwas für Sie.« Er griff in seine Jackentasche und beförderte einen kostbar aussehenden Ring zutage. »Wir hatten doch versprochen, Ihnen ein Geschenk mitzubringen. Hier, bitte.«
»Pitlit, wann und wo hast du den wieder geklaut?«, fragte Jonan ihn scharf.
»Vom Finger des toten Ministers, bevor er weggebracht wurde«, antwortete der Junge leichthin. »Er brauchte ihn eh nicht mehr.«
»Du hast Glück gehabt, dass das keiner bemerkt hat.«
»Das war kein Glück. Ich bin einfach gut«, feixte Pitlit.
Sie ließen sich von de Funès’ Kutscher noch bis zum Ufer der Seine bringen. Dort stiegen sie aus, um die letzten zwei Kilometer zum Markt zu Fuß zu gehen. Jonan wollte nicht, dass jemand im Schloss erfuhr, wo sich der Schwarzmarkt befand, der Godard und seinen Männern Zuflucht bot. Als sie dort eintrafen, herrschte in den Gängen noch gähnende Leere. Es war viel zu früh am Morgen für den Schlag von Menschen, der hier für gewöhnlich seine Geschäfte abwickelte.
Als sie sich den Quartieren der Marktwache näherten, stießen sie auf einen der Männer in den schwarzen Totenkopf-Lederjacken, der auf einem Stuhl saß und sich eine Zigarette drehte. Der ehemalige Soldat musterte sie kritisch, bevor er Jonan ansprach. »Dich kenne ich doch.«
»Ja, ich war vor zwei Tagen zu Gast bei Godard«, antwortete Jonan. »Ist er da?«
»Wo soll er sonst sein? Aber ich glaube, er pennt noch.«
»Können Sie ihn bitte wecken? Es ist wichtig.«
»Nein«, ging Factice dazwischen. »Das ist nicht nötig. Ich kann hier auf ihn warten, bis er aufwacht.«
»Was ist denn los?«, knurrte eine verschlafene Stimme im Eingang, hinter dem die Marktwache ihre Quartiere eingerichtet hatte. Es war Godard, der dort in ungeschnürten Stiefeln, schmutziger Armeehose und einem Unterhemd stand. Seine Haare waren noch vom Schlaf völlig wirr, aber er hatte bereits einen Zigarrenstumpen zwischen den Lippen. Der fiel ihm aus dem Mund, als er Factice erblickte. »Da soll mich doch … Julianne, bist du’s wirklich?«
»Ja, Jac.«
»Was … was zum Teufel machst du hier?« Godard ging in die Hocke und hob seinen Stumpen auf. Er wischte ihn kurz am Unterhemd ab, machte Anstalten, ihn wieder in den Mund zu stecken, ließ ihn dann aber stattdessen in die Beintasche seiner Armeehose fallen. »Hast du meine Nachricht bekommen?«
»Das habe ich, Jac. Und …« Sie stockte. »Danke, dass du mir verzeihst. Ich wollte nicht, dass es so kam, wie es gekommen ist. Aber damals konnte ich nicht anders handeln.«
»Ist lange her das alles. Ich dachte, es wäre Zeit, es hinter mir zu lassen. Aber ich hätte nicht im Traum erwartet, dass du kurz darauf vor meiner Haustür stehen würdest.«
»Ich wurde verbannt. Es … es war ein schicksalhafter Zusammenfall der Ereignisse, würde ich sagen.« Factice schluckte und sah ihn ernst an. »Darf ich bleiben, Jac? Es muss nicht für immer sein, nur für den Moment. Ich weiß nicht, wo ich sonst hin soll.«
»Ja … äh … ja, klar.« Er warf seinem Untergebenen einen finsteren Blick zu. »Was glotzt du denn so blöd, Barbarat? Lass mal Bewegung in deine Füße kommen und besorg uns was zum Frühstück. Wir haben Gäste, und die haben sicher Hunger.«
»Geht klar, Commandant.«
Carya, Jonan und Pitlit blieben noch zum Essen. Danach beglich Jonan die Schulden für Kylians Behandlung. Schließlich trennten sie sich auch von Godard und Julianne Factice. Obwohl sie einen kurzen Augenblick lang Feinde gewesen waren, wünschte Carya der Invitro alles Gute, denn im Grunde einte sie mittlerweile mehr als sie entzweite, auch wenn die ehemalige Ministerin das nicht wissen konnte.
Da auf dem Schwarzmarkt immer noch nicht genug los war, um sinnvoll die eigenen Vorräte aufzustocken und nützliche Ausrüstung zu erwerben,
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